Der Fünfte Sachstandsbericht (englisch Fifth Assessment Report, AR5; auch Fünfter Weltklimabericht) des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) der Vereinten Nationen wurde 2014/2015 veröffentlicht.
Die Berichte des IPCC fassen regelmäßig den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand über die Beeinflussung des Erdsystems durch die Menschheit (anthropogene Einflussnahme) und daraus entstehender Feedbacks (natürliche Einflussnahme) zusammen. Klimawandel spielt dabei eine große Rolle, also die projizierten Folgen von veränderten Erdsystemparametern wie der global gemittelte Oberflächentemperatur oder Niederschlagsmengen. Der aktuelle AR5 bietet für die internationale Gemeinschaft die Grundlage der meisten umwelt- und klimarelevanten Entscheidungen.
Nachfolger ist der Sechste Sachstandsbericht des IPCC, der einschließlich Synthesebericht in den Jahren 2021 bis 2023 publiziert wurde.
Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen, im Deutschen oft Weltklimarat) wurde im November 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) als zwischenstaatliche Institution ins Leben gerufen, um für politische Entscheidungsträger den Stand der wissenschaftlichen Forschung zum Klimawandel zusammenzufassen, ohne dabei Handlungsempfehlungen zu geben.[1]
Hauptaufgabe des Ausschusses ist es, die naturwissenschaftlichen Grundlagen und den weltweiten Forschungsstand über die Auswirkungen des Klimawandels und seine Risiken sowie Minderungs- und Anpassungsstrategien zusammenzutragen und aus wissenschaftlicher Sicht zu bewerten.[2][3] Dazu beruft der IPCC tausende Wissenschaftler aus aller Welt. Diese erstellen die „Sachstandsberichte“ des IPCC. Bisher hat der IPCC fünf Sachsstandsberichte und mehr als zehn Sonderberichte sowie Richtlinien für die Erstellung von Treibhausgasinventaren veröffentlicht.[4]
Die Zusammenfassung (Summary for Policymakers) der Ergebnisse der Arbeitsgruppe I (The Physical Science Basis, „Physikalisch-wissenschaftliche Grundlagen“) zum fünften Weltklimabericht wurde am 27. September 2013 veröffentlicht; ein finaler Entwurf (Final Draft) des vollständigen Berichts am 30. September 2013, die redaktionell bearbeitete Endfassung am 30. Januar 2014.[5]
Die Vorstellung der Zusammenfassung des Berichts der Arbeitsgruppe II (Impacts, Adaptation and Vulnerability) am 31. März 2014 in Yokohama war von einem eindringlichen Appell des Vorsitzenden des Weltklimarats IPCC, Rajendra Pachauri, für mehr Klimaschutz und einem breiten Medienecho begleitet. Die deutsche Bundesregierung bekräftigte das Klimaziel, bis zum Jahr 2020 den CO2-Ausstoß um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.[6][7]
Der Bericht der Arbeitsgruppe III (Mitigation of Climate Change) wurde am 13. April 2014 auf einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt. Parallel zur Pressekonferenz wurde die Summary For Policymakers veröffentlicht, die Technical Summary sowie die einzelnen detaillierten Kapitel folgten am 15. April 2015.
Der Synthesebericht erschien am 2. November 2014.[8] Insgesamt waren am 5. Sachstandsbericht mehr als 830 Wissenschaftler direkt als Autor beteiligt, zudem nahmen mehrere Tausend Forscher an der wissenschaftlichen Begutachtung des Berichtes teil.[9]
Der Bericht der Arbeitsgruppe I umfasst 2216 Seiten und besteht aus einer umfassenden Zusammenfassung (Technical Summary, 127 Seiten), einer Einleitung, dreizehn inhaltlichen Kapiteln sowie drei Anhängen. Die Summary for Policymakers ist 36 Seiten lang und umfasst eine Einleitung sowie die Abschnitte „Beobachtete Veränderungen im Klimasystem“, „Treiber des Klimawandels“, „Verständnis des Klimasystems und seiner aktuellen Änderungen“, „Zukünftige globale und regionale Klimaänderungen“. Der aktuelle UN-Klimabericht beruht auf dem Vierten Sachstandsbericht, in den neue Ergebnisse eingearbeitet wurden.[10] Im Literaturverzeichnis sind 9.200 Peer-Review-Studien zitiert.[11]
Um wissenschaftliche Unsicherheit zu dokumentieren, wurden die Aussagen (in allen Berichtsteilen) entweder von dem Autorenteam qualitativ bewertet („sehr geringes“ bis „sehr großes“ Vertrauen) oder – wenn möglich – quantitative Wahrscheinlichkeiten angegeben. Diese reichen von „nahezu sicher“ (99–100 % Wahrscheinlichkeit) über „sehr wahrscheinlich“ (90–100 % Wahrscheinlichkeit), „wahrscheinlich“ (66–100 % Wahrscheinlichkeit) bis zu „extrem unwahrscheinlich“ (0–1 % Wahrscheinlichkeit). Wo zutreffend, wurden Aussagen auch als Fakten (ohne Angaben von Wahrscheinlichkeiten) dargestellt.[12]
siehe Hauptartikel: Behandlung von Unsicherheit im IPCC-Prozess
Zum Verständnis der im Folgenden verwendeten Attribute wie wahrscheinlich, großem Vertrauen usw. siehe Artikel Behandlung von Unsicherheiten im IPCC-Prozess.
Eine Erwärmung des Klimasystems ist eindeutig: Die Atmosphäre und der Ozean sind wärmer geworden, Schnee und Eis sind zurückgegangen, der Meeresspiegel und die Konzentration an Kohlendioxid in der Atmosphäre sind angestiegen. Veränderungen mit der Stärke seit den 1950er Jahren sind auf Zeitskalen von Jahrzehnten bis Jahrtausenden noch nicht aufgetreten.
Der Strahlungsantrieb des Klimasystems hat im Vergleich zum Jahr 1750 um 2,29 Watt/m² zugenommen; den größten Anteil davon hat atmosphärisches CO₂.
Die weitere Freisetzung von Treibhausgasen wird zu einer weiteren Klimaerwärmung und den damit einhergehenden Änderungen am Klimasystem führen. Die Abschätzung zukünftiger Klimaänderungen beruht auf der Anwendung von Klimamodellen auf vier Konzentrationspfade[13] (englisch representative concentration pathways (RCPs), „repräsentative Konzentrationspfade“). Diese stellen die Ergebnisse neuer Emissions-Szenarien dar, darunter erstmals eines Szenarios, das ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen berücksichtigt (RCP 2.6). Die Pfade werden nach der Veränderung des Strahlungsantriebs benannt, der im Vergleich zum Zustand im Jahr 1750 bis zum Jahr 2100 etwa mit ihnen einhergehen würde: RCP 2.6 – Veränderung des Strahlungsantriebs 2,6 W/m², RCP 4.5 – 4,5 W/m², RCP 6.0 – 6 W/m² und RCP 8.5 – 8,5 W/m².
Zu unserem Verständnis des Klimasystems tragen Beobachtungen, Untersuchungen von Rückkoppelungen und Simulationen mit Klimamodellen bei.
Die neuen Klimasimulationen, auf denen die Aussagen über zukünftige Klimaänderungen im AR5 wesentlich basieren, wurden zum Teil im Coupled Model Intercomparison Project Phase 5 (CMIP5) durchgeführt, einer internationalen Zusammenarbeit der Klima Model Community.[14] In der 2009 erschienenen Veröffentlichung A Summary of the CMIP5 Experiment Design[15] werden die Details der koordinierten Experimente beschrieben.
Die Kernbotschaften auf Deutsch wurden gemeinsam vom Bundesumweltministerium, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle und dem Umweltbundesamt zusammengefasst und veröffentlicht.[16]
Die menschlichen Eingriffe in das Klimasystem führen, laut Arbeitsgruppe I, zu einem Klimawandel. Dieser stellt ein Risiko für menschliche und natürliche Systeme dar. Der Beitrag der Arbeitsgruppe II untersucht, wie sich Muster von Risiken und potentiellen Vorteilen durch den Klimawandel verändern, wie mit dem Klimawandel zusammenhängende Folgen und Risiken durch Anpassungen und Klimaschutz bewältigt werden können.[17]
Obwohl die Arbeitsgruppe III Autoren umfasst, die unterschiedlichen Disziplinen und Schulen angehören, sind die zentralen Teile des Berichts von einer neoklassisch-ökonomischen Sichtweise geprägt. Einige Autoren, die selber der Arbeitsgruppe III des IPCC angehörten, wie etwa Matthew Paterson von der Universität Ottawa, kritisieren, eine solche Sichtweise sei nicht in der Lage, abrupte gesellschaftliche Änderungen zu denken, wie sie der Klimawandel mit sich bringe respektive nötig mache.[20]
Erster Sachstandsbericht des IPCC (FAR, 1990) | Zweiter Sachstandsbericht des IPCC (SAR, 1995) | Dritter Sachstandsbericht des IPCC (TAR, 2001) | Vierter Sachstandsbericht des IPCC (AR4, 2007) | Fünfter Sachstandsbericht des IPCC (AR5, 2013) | Sechster Sachstandsbericht des IPCC (AR6, 2021)
Sonderbericht zu Emissionsszenarien (SRES, 2000) | Sonderbericht zur Abscheidung und Speicherung von CO2 (SRCCS, 2005) | Sonderbericht zu erneuerbare Energiequellen und die Minderung des Klimawandels (SRREN, 2011) | Sonderbericht Management des Risikos von Extremereignissen und Katastrophen zur Förderung der Anpassung an den Klimawandel (SREX, 2012) | Sonderbericht 1,5 °C globale Erwärmung (SR1.5, 2018) | Sonderbericht über Klimawandel und Landsysteme (SRCCL, 2019) | Sonderbericht über die Ozeane und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima (SROCC, 2019)