Eros (altgriechischἜρωςÉrōs [ěrɔːs]) ist in der griechischen Mythologie der Gott der begehrlichen Liebe. Ihm entspricht in der römischen MythologieAmor, der als Personifikation der erotischen Begierde auch Cupido („Begierde“, „Leidenschaft“) genannt wird. Eros hat zwar im Kult kaum eine Rolle gespielt, ist aber seit der Antike eine der beliebtesten mythischen Figuren in Literatur, bildender Kunst und Musik.
Bei Homer kommt Eros nicht vor. In der Theogonie des Dichters Hesiod gehört er zusammen mit Gaia, Nyx, Tartaros und Erebos zu den fünf ersten nach dem anfänglichen Chaos entstandenen Gottheiten.[1] Eros und Himeros begleiten Aphrodite seit ihrer Geburt.[2] In der Komödie Die Vögel des Aristophanes schlüpft Eros aus einem Ei, das die Nacht mit ihren schwarzen Flügeln in die Welt gesetzt hat. Er hat zwei goldene Flügel, und er zeugt mit Chaos das Geschlecht der Vögel.[3]
In der Tragödie Antigone des Sophokles veranlasst Eros den mit der Titelheldin verlobten Haimon, den Sohn des Königs Kreon, sich gegen seinen Vater, der Antigones Hinrichtung will, aufzulehnen. Damit thematisiert der Dichter einen Konflikt zwischen erotischem Begehren und der Loyalitätspflicht gegenüber dem Vater, wobei Eros sich als stärker erweist. Er wird vom Chor als „Eros, unbesiegt im Kampf“ angesprochen.[4] Mit diesem berühmten Vers drückt der Dichter seine Überzeugung aus, dass der Mensch der Macht des Eros, die ihn ergreift, gänzlich ausgeliefert ist.
Neben der alten Vorstellung von Eros als Urmacht, als Schöpfer und – bei Parmenides – als erster der Götter war auch ein anderes Bild von ihm verbreitet: Eros als verspielter, mutwilliger Knabe. Diese Gestalt und Auftretensweise des Liebesgottes dominierte in der Literatur und bildenden Kunst des Hellenismus. Trotz des großen Unterschieds zur machtvollen Schöpfergestalt älterer Quellen ist dieser kindliche, aber auf seine Art ebenfalls mächtige hellenistische Eros nicht ein anderer Gott; vielmehr ist er das Ergebnis eines Prozesses der Verkindlichung der Liebesgottheit.[5]
Berühmt ist die Geschichte von Amor und Psyche des Apuleius. Hier ist Psyche die Geliebte des Amor, die ihm eine Tochter namens Voluptas („Lust“) schenkt.
Bis in die Zeit der griechischen Klassik wird Eros in Kunst und Literatur als schöner Jüngling dargestellt. Seine Attribute sind meist Peitsche, Netz oder Sandale. Im Hellenismus setzt sich die Darstellung des Eros als Kleinkind mit Pfeil und Bogen durch. Dabei soll eine auf das Herz gezielte goldene Pfeilspitze die Leidenschaft entfachen, eine bleierne dagegen die Leidenschaft abtöten. Der Gegensatz zwischen dem harmlosen, unbeholfenen Kleinkind und seiner gewaltigen Wirkung wird offenbar als besonders reizvoll empfunden. Meist wird Eros mit Flügeln dargestellt. In einigen hellenistischen Darstellungen reitet Eros auf einer Ente.[13]
Claude Calame: I Greci e l’eros. Simboli, pratiche, luoghi. Laterza, Rom/Bari 1992.
Englische Übersetzung von Janet Lloyd: The Poetics of Eros in Ancient Greece. Princeton University Press, Princeton 1999 (Auszüge online). – Rez. von Simon Goldhill in: Classical Philology. 95, 2000, S. 358–362 (online); Christina Clark in: Bryn Mawr Classical Review. 1999 (online).
Bettina Full: Eros. In: Maria Moog-Grünewald (Hrsg.): Mythenrezeption. Die antike Mythologie in Literatur, Musik und Kunst von den Anfängen bis zur Gegenwart (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 5). Metzler, Stuttgart/Weimar 2008, ISBN 978-3-476-02032-1, S. 262–275.
Antoine Hermary u. a.: Eros.; Christian Augé, Pascale Linant de Bellefonds: Eros (in peripheria orientali).; Nicole Blanc, Françoise Gury: Eros / Amor, Cupido. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC). Band 3/1, Artemis, Zürich 1986, S. 850–1049 (Text) und Band 3/2, Artemis, Zürich 1986, S. 609–727 (Abbildungen) sowie Nachträge im Supplementum 2009 des LIMC. Band 1, Artemis, Düsseldorf 2009, S. 207–213 (Text) und Band 2, S. 103–106 (Abbildungen).
Jane Davidson Reid: The Oxford Guide to Classical Mythology in the Arts, 1300–1990s. Band 1, Oxford University Press, New York/Oxford 1993, ISBN 0-19-504998-5, S. 391–421.
Weblinks
Commons: Eros – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Eros – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
↑Ludwig Deubner: Attische Feste. Keller, Berlin 1932, S. 215.
↑Martin Persson Nilsson: Griechische Feste von religiöser Bedeutung mit Ausschluss der Attischen. Teubner, Leipzig 1906, S. 423f. (Digitalisat)
↑Ian Freestone, David R. M. Gaimster (Hrsg.): Pottery in the Making. World Ceramic Traditions. British Museum Press, London 1997, ISBN 0-7141-1782-X, GR 1875.11-10.2 (Vases K 1).