Aristophanes

Aristophanes, „Vorderseite“ der Doppelbüste
Aristophanes in einer modernen Darstellung

Aristophanes (deutsche Aussprache [aʁɪsˈtoːfanɛs], altgriechisch Ἀριστοφάνης Aristophánēs; * zwischen 450 v. Chr. und 444 v. Chr. in Athen; † um 380 v. Chr. ebenda) war ein griechischer Komödiendichter. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der griechischen Komödie, insbesondere der Alten Komödie, und des griechischen Theaters. Seine Komödien, vor allem Lysistrata, werden immer wieder gespielt.

Leben

Über das Leben des Dichters ist wenig bekannt. Er wurde zwischen 450 v. Chr. und 444 v. Chr.[1] als Sohn des Philippos in Kydathen, einem Stadtteil Athens (Phyle: Pandionis), geboren. Von 430 bis 428 v. Chr. erhielt er vermutlich eine Ausbildung zum Dramatiker.[2] Seine ersten drei Stücke ließ er als anonymer Autor von Kallistratos aufführen. Auch später hat er sich öfter durch diesen oder Philonides vertreten lassen. Seine Söhne Araros und Philippos wurden ebenfalls Komödiendichter. Araros führte die letzten beiden Stücke Kokalos und Aiolosikon seines Vaters auf.

Aristophanes starb nach 388 v. Chr., vermutlich um 380 v. Chr. in Athen, wo er den größten Teil seines Lebens verbracht hatte.[3] Nach 400 v. Chr. bekleidete er als Prytan ein führendes Amt in der Stadtregierung. Zeitweilig lebte er auf der nahe gelegenen Insel Aigina, welche 431 v. Chr. von Athenern besiedelt worden war.

Werke

Die Frösche (mit Scholien) in der 1362 geschriebenen Handschrift Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vaticanus graecus 918, fol. 116v

Aristophanes werden über 40 Werke zugeschrieben, von denen elf vollständig erhalten sind. Die Zuordnung der erhaltenen Fragmente ist umstritten.[4]

  • Die Schmausbrüder (Daitales): 427 v. Chr., zweiter Preis bei den Dionysien
  • Die Babylonier: 426 v. Chr., erster Preis bei den Dionysien
  • Die Acharner (Acharnes): 425 v. Chr., erster Preis bei den Lenäen
  • Die Ritter (Hippeis): 424 v. Chr., erster Preis bei den Lenäen
  • Die Bauern (Georgoi): 424 v. Chr., Teilnahme an den Dionysien
  • Die Handelsschiffe: 423 v. Chr., Teilnahme an den Lenäen
  • Die Wolken (Nephelai): 423 v. Chr., dritter Preis bei den Dionysien
  • Proagon: 422 v. Chr., erster Preis bei den Lenäen
  • Die Wespen (Sphekes): 422 v. Chr., zweiter Preis bei den Lenäen
  • Das Alter (Geras): 422 v. Chr.
  • Der Frieden (Eirene): 421 v. Chr., zweiter Preis bei den Dionysien
  • Die Wolken (Nephelai): 419/418 v. Chr., vom Autor unveröffentlichte Überarbeitung der Version von 423 v. Chr.
  • Anagyros: 418–416 v. Chr.
  • Amphiaraus: 414 v. Chr., Teilnahme an den Lenäen
  • Die Vögel (Ornithes): 414 v. Chr., zweiter Preis bei den Dionysien
  • Lysistrata: 411 v. Chr., Teilnahme an den Dionysien
  • Die Thesmophoriazusen (Thesmophoriazusai): 411 v. Chr., Teilnahme an den Lenäen
  • Triphales: 410 oder 409 v. Chr.
  • Gerytades: 408 v. Chr.
  • Der Reichtum (Plutos): 408 v. Chr.
  • Die Wolken (Nephelai): 408 v. Chr., offenbar kein Zusammenhang mit den anderen gleichnamigen Stücken
  • Die Thesmophoriazusen II: 410–406 v. Chr.
  • Die Frösche (Batrachoi): 405 v. Chr., erster Preis bei den Lenäen
  • Telemessians: vermutlich 402 v. Chr.
  • Die Störche: 399 v. Chr.
  • Die Weibervolksversammlung (Ekklesiazusai): 392 v. Chr.
  • Der Reichtum (Plutos): 388 v. Chr., Überarbeitung der Version von 408 v. Chr.
  • Kokalos: 387 v. Chr., erster Preis bei den Dionysien
  • Aiolosikon: 386 v. Chr., bearbeitete Version (Datum der Erstfassung unbekannt)

Außerdem erschien nach 421 v. Chr. eine überarbeitete Version von Der Frieden.

Folgende Werke sind nur namentlich bekannt:

Daidalos, Die Brathähnchen (Tagenistai), Die Danaiden (Danaidai), Das Frauenlager, Die Helden, Die Inseln, Die Jahreszeiten (Horai), Die Lemnierinnen, Die Phönizierinnen, Die Poesie, Die Zentauren, Dionysos’ Schiffbruch, Niobos, Polyidos.

Die Poesie, Dionysos’ Schiffbruch, Die Inseln und Niobos werden auch Archippos zugeschrieben.

Porträt

Das einzige erhaltene Porträt Aristophanes’ ist eine im Akademischen Kunstmuseum Bonn stehende Doppelbüste, auf deren anderer Seite Menander abgebildet ist.[5]

Rezeption

Aristophanes auf einer Sammelmarke des Langenscheidt-Verlags

Mit seinem Werk zielte Aristophanes stets darauf ab, zeitgenössische Personen und Ereignisse der Lächerlichkeit preiszugeben, oft durch drastische Darstellungen und satirische Schärfe. Dabei persiflierte er Stilmittel anderer Dichter, zum Beispiel Euripides’, und äußerte sich sowohl kritisch wie spöttisch über Leute wie Sokrates oder die Sophisten. Seine Darstellung des Politikers Kleon in Die Babylonier 426 v. Chr. brachte ihm eine Klage wegen Beleidigung des Volkes ein, die jedoch ohne Folgen blieb. Zwei Jahre später unternahm Kleon, ebenfalls erfolglos, den Versuch, Aristophanes’ athenisches Bürgerrecht auf dem Klageweg anzufechten: Dessen Vater sei angeblich kein gebürtiger Athener gewesen, denn als Einwanderer aus Rhodos oder Ägypten habe er das Bürgerrecht erst zu einem späteren Zeitpunkt erhalten.

Für seine Komödien erhielt Aristophanes bei den Lenäen und Dionysien oftmals hohe Auszeichnungen; drei erste und drei zweite Plätze und wenigstens einmal der dritte Platz sind überliefert. Die Frösche (405 v. Chr.) durfte er bei den Lenäen 404 v. Chr. ein zweites Mal aufführen. Im Altertum sah man in Aristophanes einen der drei großen Dichter der Alten Komödie.[6] Nach Aristophanes’ Tod machte Platon ihn zu einer Figur im Dialog Symposion (Das Gastmahl).

Aristophanes’ Werke haben aber nicht nur unter den Zeitgenossen, sondern auch bei der Nachwelt in Rom und Alexandria Beifall gefunden. Erkennbare Spuren haben sie in der Politsatire der europäischen, insbesondere der englischen Literatur hinterlassen. Goethe, der eine bearbeitete Fassung der Komödie Die Vögel veröffentlichte, nennt Aristophanes im Prolog einen „ungezogenen Liebling der Grazien“. Heine stellt ihn in Deutschland. Ein Wintermärchen als einen großen Dramatiker dar, der, wie er selbst, wegen seiner kritischen Haltung im Deutschland des 19. Jahrhunderts sicherlich verfolgt worden wäre. Picasso illustrierte 1934 Szenen aus Lysistrata für eine US-amerikanische Übersetzung des Stücks von Gilbert Seldes.[7] Peter Hacks löste mit seiner Bearbeitung von Der Frieden (1962) eine Welle neuer Versionen antiker Stoffe in der DDR aus.

Der Komödie Die Vögel entstammen die Redewendungen Wolkenkuckucksheim und Eulen nach Athen tragen. Marcus Tullius Ciceros Patria est, ubicumque est bene (Das Vaterland ist, wo immer es einem gut geht) hat seinen Ursprung im Werk Der Reichtum. In seiner Komödie „Die Frösche“ beschreibt Aristophanes die Verdrängung guter Bürger durch schlechte als Gleichnis der Verdrängung guten Geldes durch schlechtes.[8] Letzterer Vorgang ging später als Greshamsches Gesetz in die ökonomische Dogmenhistorie ein.

Das Adjektiv aristophanisch kennzeichnet heute eine Äußerung als geistvoll und witzig oder beißend spöttisch.

Ein 1960 entdeckter Asteroid wurde 2934 Aristophanes genannt.

Textausgaben

Ludwig Seegers Übersetzung des Aristophanes von 1844–1848

Bearbeitungen und Nachdichtungen

  • Peter Hacks: Zwei Bearbeitungen. >Der Frieden< nach Aristophanes, >Die Kindermörderin< nach Heinrich Leopold Wagner. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1963 (= edition suhrkamp 47).

Literatur

Übersichtsdarstellungen

Untersuchungen

  • Niklas Holzberg: Aristophanes. Sex und Spott und Politik. C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60592-5.
  • Wilhelm Horn: Gebet und Gebetsparodie in den Komödien des Aristophanes. Hans Carl, Nürnberg 1970.
  • Gerrit Kloss: Erscheinungsformen komischen Sprechens bei Aristophanes. De Gruyter, Berlin 2001, ISBN 3-11-017000-0.
  • Helmut Schareika: Der Realismus der aristophanischen Komödie. Exemplarische Analysen zur Funktion des Komischen in den Werken des Aristophanes (= Europäische Hochschulschriften, Reihe 15, Band 13). Peter Lang, Frankfurt am Main/Bern/Las Vegas 1978, ISBN 3-261-02575-1.
  • Renata von Scheliha: Die Komödien des Aristophanes. In 7 Vorträgen interpretiert. Amsterdam 1975 (= Castrum Peregrini, Heft 116–117); Nachdruck: Wallstein, Göttingen 2008, ISBN 3-8353-0387-2.
  • Michael Stephen Silk: Aristophanes and the definition of comedy. Oxford University Press, Oxford 2000. Rezensionen: Keith Sidwell in Hermathena 172, 2002, S. 85–90 (online); Ian C. Storey in Bryn Mawr Classical Review 2001 (online)
  • Mario Telò: Resistant form: Aristophanes and the comedy of crisis. Punctum Books, Goleta, California 2023, ISBN 9781685710880
  • Nigel Guy Wilson: Aristophanea. Studies on the text of Aristophanes. Oxford University Press, Oxford u. a. 2007, ISBN 978-0-19-928299-9.

Rezeption

  • Gonda Van Steen: Venom in Verse: Aristophanes in Modern Greece. Princeton University Press, Princeton (N.J.) 2000, ISBN 0-691-00956-2, (Rezension von Kiki Gounaridou in Comparative Drama 36, 2002, S. 219–222)
  • Philip Walsh (Hrsg.): Brill’s Companion to the Reception of Aristophanes. Brill, Leiden 2016, ISBN 978-90-04-27068-8
  • Sebastian Nagel: Aristophanes 2.0. wvb, Berlin 2021, ISBN 978-3-96138-272-9.
Commons: Aristofane – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Aristophanes – Quellen und Volltexte
Wikisource: Aristophanes – Quellen und Volltexte (griechisch)

Anmerkungen

  1. Peter von Möllendorff, Aristophanes, Hildesheim 2002, S. 58, führt die 40er Jahre als Geburtszeit an; Heinz-Günther Nesselrath, Aristophanes. In: Der Neue Pauly, Band 1, Stuttgart 1991, Sp. 1122–130, nennt die Mitte des 5. Jahrhunderts.
  2. Die Ausbildung ist nicht eindeutig belegt, vgl. Möllendorff, S. 57 f. und Bernhard Zimmermann, Die griechische Komödie, Darmstadt 1998, S. 71–73.
  3. Möllendorff, S. 59.
  4. Möllendorff, S. 60 f.
  5. Originalsammlung, siehe oberstes Foto, Skulptur auf der achten beigen Säule von rechts
  6. Horaz, Sermones 1, 4, 1: „Eupolis atque Cratinus Aristophanesque poetae“.
  7. Lysistrata by Aristophanes, A new version by Gilbert Seldes The Limited Edition Club, New York. Aus den Sammlungen des The Museum of Modern Art in New York.
  8. Aristophanes (1854): Die Frösche. In: Ausgewählte Komödien, enthaltend die Ritter, die Wolken, die Vögel, die Frösche, hrsg. von Karl Friedrich Schnitzer und Wilhelm Siegmund Teuffel Stuttgart: Metzler Verlag, S. 331–439; darin S. 388.[1]