Von 1866 bis 1872 gehörte Frey dem Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft an. Von 1872 bis 1882 sowie 1890 war er Nationalrat, dazwischen Gesandter der Schweiz in Washington, D.C. Ende 1890 wurde er als Vertreter der radikalen Fraktion (ab 1894 FDP) in den Bundesrat gewählt, dem er bis 1897 angehörte. Sein Projekt zur grundlegenden Reform der Armee scheiterte in einer Volksabstimmung. Anschliessend war er bis 1921 Direktor der Internationalen Telegraphen-Union (heute Internationale Fernmeldeunion). Anlässlich Freys 100. Todestags erschien 2022 der Roman Die sieben Leben des Emil Frey (1838–1922) – Vom Kriegsgefangenen zum Bundesrat.
Als im April 1861 der Sezessionskrieg ausbrach, meldete sich Frey freiwillig zum Dienst in der Nordstaaten-Armee. Er war Fahnenträger im 24th Illinois Volunteer Infantry Regiment, das von Friedrich Hecker, einem deutschen Forty-Eighter, kommandiert wurde. Zwischenzeitlich warb er auch neue Rekruten an. Nach Heckers Versetzung in das 82nd Illinois Infantry Regiment im Oktober 1862 folgte Frey, der an sämtlichen Feldzügen teilgenommen hatte und zum Major befördert worden war, seinem Vorgesetzten. Während der Schlacht von Gettysburg im Juli 1863 wurde er von einer Einheit der Konföderierten-Armee gefangen genommen. Die nächsten eineinhalb Jahre verbrachte er als Kriegsgefangener im berüchtigten Libby-Gefängnis in Richmond (Virginia).[2]
Politik und Diplomatie
Nach Kriegsende kehrte Frey, der inzwischen schweizerisch-amerikanischer Doppelbürger geworden war, in seine Heimat zurück und wurde als Kriegsheld willkommen geheissen. Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft ernannte ihn im Herbst 1865 zum Landschreiber. Bereits ein halbes Jahr später, im Mai 1866, folgte die Wahl in den Regierungsrat. Als Mitglied der Kantonsregierung erwarb er sich den Ruf eines Reformers und erarbeitete in kurzer Zeit mehrere Gesetze in den Bereichen Schule, Fabrikaufsicht, Waldwirtschaft und Kirche. 1870 heiratete er Emma Kloss, mit der er fünf Kinder hatte; sie starb 1877 im Alter von nur 28 Jahren an Tuberkulose.[3]
1882 ernannte der Bundesrat Frey zum ersten schweizerischen Gesandten in Washington, D.C. Er empfand diese Beförderung aber eher als politisches Manöver des liberalen Zentrums, das auf diese Weise einen unbequemen Politiker entfernen wollte. Da es zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten kaum Streitfragen zu klären gab, beschränkte sich seine diplomatische Tätigkeit auf ein Minimum. Hauptsächlich kümmerte er sich um das Wohlergehen der Schweizer Auswanderer. Er stellte beim Bundesrat ein Gesuch um Gewährung eines Beitrags von 10'000 Franken an die Kanzleikosten der schweizerischen Gesandtschaft. Gegen den entsprechenden Bundesbeschluss ergriffen Freys politische Gegner ein fakultatives Referendum.[5] Der Beitrag wurde in der Volksabstimmung am 11. Mai 1884 mit 61,5 % Nein-Stimmen abgelehnt.[6] 1888 quittierte Frey seinen Posten und begann als Redaktor der National-Zeitung zu arbeiten. Bei den Nationalratswahlen 1890 liess er sich wieder zum Parlamentsmitglied wählen.[5]
Bereits 1879 war Frey offizieller Kandidat für einen freiwerdenden Sitz im Bundesrat gewesen, doch fiel die Wahl damals auf Wilhelm Hertenstein (mit 92 zu 63 Stimmen). Zwei Jahre später unterlag er ihm erneut, diesmal mit 95 zu 75 Stimmen. Eine neue Chance bot sich nach dem Rücktritt von Bernhard Hammer. Das liberale Zentrum und die Katholisch-Konservativen waren sich uneinig. So wurde Frey am 11. Dezember 1890 bereits im ersten Wahlgang in die Landesregierung gewählt, wobei er 94 von 181 abgegebenen Stimmen erhielt. Auf den katholisch-konservativen Kandidaten Alois Kopp entfielen 77 Stimmen, auf weitere Personen zehn Stimmen. Während die National-Zeitung die Wahl ihres Redaktionsmitglieds überschwänglich feierte, beklagte sich die katholisch-konservative Presse über die «Vergewaltigung der politischen Minderheit durch die allmächtigen Radikalen».[7]
Frey zeichnete sich durch Ideenreichtum und einen speditiven Arbeitsstil aus. Seine Gegner warfen ihm aber vor, zu sehr dem Rat von Fachleuten zu vertrauen und dass er zu Eitelkeit und weltmännischem Gehabe neige. Als er beispielsweise 1895 nach den Herbstmanövern sich mit einem Vierspänner zum Sitz der Stadtregierung von Lausanne fahren liess, bauschte die Presse dieses Ereignis zu einem Skandal auf. Unter Freys Vorgängern war die Wehrbereitschaft des Landes aus Kostengründen vernachlässigt worden. Er setzte ein umfassendes Rüstungsprogramm durch, das unter anderem die Erhöhung der Munitionsbestände, die Bildung von Lebensmittelreserven sowie den Bau von Festungsanlagen am Gotthardpass und bei Saint-Maurice vorsah. Ebenso rüstete er die Infanterie vollständig mit dem Gewehr 1889 aus, schuf das Armeekorps als grösste militärische Einheit und straffte die Koordination der Führungskräfte.[8]
Weniger Erfolg als in organisatorischen Dingen hatte Frey bei grundlegenden militärischen Vorlagen. Er legte einen Bundesbeschluss über die Revision der Militärartikel der Bundesverfassung vor, der eine stärkere Zentralisierung, den Ausbau der Militärverwaltung und den weitgehenden Verzicht der kantonalen Militärhoheit vorsah. Gegen dieses Vorhaben bildete sich eine starke Opposition, die sich insbesondere an seinem selbstherrlichen Regierungsstil und bestimmten preussischen Methoden in der Ausbildung störte. Sachliche Argumente gerieten während der Abstimmungskampagne zunehmend in den Hintergrund.[9] Am 3. November 1895 wurde die Vorlage vom Volk mit 58,0 % Nein-Stimmen abgelehnt.[10] Noch deutlicher, mit 80,1 % Nein-Stimmen, scheiterte am 4. Oktober 1896 das Bundesgesetz über die Disziplinarstrafordnung in der Armee.[11]
Weitere Tätigkeiten
Aus Enttäuschung über die Niederlagen erklärte Frey an der Bundesratssitzung vom 11. März 1897 seinen Rücktritt per Ende Monat. Seine Regierungskollegen wählten ihn noch am selben Tag zum Direktor der Internationalen Telegraphen-Union (heute Internationale Fernmeldeunion). Fast ein Vierteljahrhundert lang stand Frey dieser internationalen Organisation vor. Er förderte die weltweite Ausdehnung der Telegrafennetze, später auch die kabellose Radiotelegrafie. Als enger Freund der Bundesräte Ludwig Forrer und Ernst Brenner blieb Frey über die Vorgänge in der Schweizer Politik stets informiert. 1905 veröffentlichte er eine Abhandlung über die militärische Geschichte der Schweiz, die unter dem Titel «Die Kriegstaten der Schweizer, dem Volk erzählt» erschien. Dafür verlieh ihm die Universität Bern sechs Jahre später den Ehrendoktortitel. 1921 zog er sich endgültig aus der Öffentlichkeit zurück.[12]
↑Grieder: Das Bundesratslexikon. 2019, S. 197–198.
↑Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurerlexikon. Überarbeitete und erweiterte Neuauflage der Ausgabe von 1932, München 2003, 951 S., ISBN 3-7766-2161-3