Goldberg erbrachte seine größten wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Leistungen in Deutschland zur Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik, später floh er über Paris nach Israel. Als einer der Gründer von Zeiss Ikon wirkte er längere Zeit in Dresden. Zu seinen Erfindungen und Errungenschaften auf den Gebieten der Fotografie gehören der Mikropunkt, die Filmkamera Kinamo, die Contax-35-mm-Kamera, eine frühe Suchmaschine und sensitometrische Geräte.
Am 28. Juni 1907 heiratete Goldberg Sophie Posniak (* 28. August 1886; † 10. Dezember 1968). Ihr Sohn Herbert Goldberg wurde am 20. November 1914 geboren, die Tochter Renate Eva, verheiratete Chava Gichon am 19. September 1922.
1917 wurde Goldberg Direktor der Internationalen Camera Actiengesellschaft in Dresden, wo er unter anderem die Kinamo-Filmkamera mit einem Federwerk entwickelte. In der 1926 durch einen Zusammenschluss von vier Firmen entstandenen Zeiss Ikon war er als Generaldirektor tätig. Nach einer Entführung durch SA-Männer 1933 verließ er Deutschland und war zunächst bis 1937 für eine Zeiss-Niederlassung in Frankreich tätig. Anschließend emigrierte er nach Palästina. Dort gründete er ein später Goldberg Instruments genanntes Laboratorium, aus dem sich die Firma Electro-Optical Industries („El-Op“) in Rechowot entwickelte. Eine Fotografie von John Phillips für das Life-Magazine zeigt Goldberg im Jahre 1943 in seiner Werkstatt in Palästina.[3]
1960 ging Emanuel Goldberg in den Ruhestand, beschäftigte sich aber weiter mit seinen Forschungsarbeiten. 1968 wurde ihm der Israel-Preis verliehen.[4] Er starb am 13. September 1970 in Tel Aviv.
1990 beantragte die in Tel Aviv lebende Tochter Chava Gichon die Restitution des Grundstücks in der Oeserstraße 5 in Dresden, das Goldberg als Direktor der Zeiss-Ikon-Werke 1927 gekauft hatte. Eine einvernehmliche Lösung unter Beteiligung der Besitzer des Grundstücks scheiterte im August 1995 am zuständigen Liegenschaftsamt.[5] Vor diesem Grundstück wurde am 15. März 2018 ein Stolperstein verlegt.
Leistungen
Frühe Erfindungen
Goldberg ließ sich 1902 verbesserte Methoden zur Galvanotechnik mit Zink und Eisen patentieren und veröffentlichte zahlreiche Arbeiten über verbesserte Drucktechniken, die Reduzierung von Moiré-Effekten bei Druckrastern, fotografischen Reproduktionstechniken und andere Themen. 1910 wurde er für eine verbesserte Methode zur Herstellung neutralgrauer Keile aus Gelatine (Goldberg-Keil) bekannt, die in der Sensitometrie breite Anwendung fand, und für den Densographen, ein Instrument zur Messung der Schwärzung von fotografischen Platten.
Weitere Erfindungen
Bei der Internationalen Camera Actiengesellschaft (ICA) entwickelte er 1921 den Kinamo, eine kompakte 35-mm-Filmkamera, die für den wachsenden Bedarf von Amateuren und Halbprofis geeignet war. 1923 fügte er einen Federantrieb hinzu, der das Filmen mit freier Hand ermöglichte. Goldberg stellte Filme mit sich selbst und seiner Familie her, die als Werbekurzfilme dienten, und veröffentlichte 1927 den Ski-Film Ein Sprung. . . Ein Traum. Der Kinamo wurde von Joris Ivens und anderen Dokumentarfilmern in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren benutzt.
1925 stellte Goldberg die Mikropunkt-Technik (Mikrat nach Goldberg) vor. Diese Erfindung wurde später oft fälschlich einem angeblichen „Professor Zapp“ zugeschrieben, weil dies von J. Edgar Hoover in einem Artikel von April 1946 im Reader’s Digest behauptet worden war. Wahrscheinlich entstand dies aus einer Verwechslung mit Kurt Zapp, der deutsche Agenten während des Zweiten Weltkriegs in Mikropunktfotografie ausgebildet hatte.
Bei der ICA und Zeiss Ikon war Goldberg an vielen Erfindungen und der Entwicklung der Contax-35-mm-Kamera beteiligt.
Am besten bekannt war Goldberg für seine umfassenden Forschungen zur Sensitometrie, wie sie in seinem Buch Der Aufbau des photographischen Bildes (1922) zusammengefasst wurden, und die Goldberg-Bedingung für eine optimale Wiedergabe der Graustufen in der fotografischen Reproduktion. Er und sein früherer Lehrer und Kollege Robert Luther verhalfen 1931 auf dem „VIII. Internationalen Kongress für wissenschaftliche und angewandte Photographie“ in Dresden dem deutschen Standard DIN 4512 für Filmempfindlichkeit zur Anerkennung. Auf demselben Kongress stellte Goldberg seine Statistische Maschine vor, bei der mit Hilfe von Fotozellen und Mustererkennung die Metadaten auf Rollen von Mikrofilm durchsucht werden konnten (US-Patent 1,838,389 vom 29. Dezember 1931). Diese Technologie wurde leicht abgewandelt auch 1938 von Vannevar Bush für seinen Microfilm rapid selector genutzt und war die Grundlage für die fiktive Memex in Bushs einflussreichem Essay As we may think von 1945.
Lehre und andere Aktivitäten
In Deutschland war Goldberg unter anderem Berater für Luftbildfotografie während des Ersten Weltkriegs und für Carl Zeiss in Jena. In Palästina und dem späteren Israel war er als Berater sowohl im zivilen als auch militärischen Bereich tätig. In Tel Aviv führte er ein Ausbildungssystem ein, mit dem fortgeschrittene technische Kenntnisse und Fähigkeiten späteren Fachleuten der israelischen Hochtechnologie vermittelt wurden.
Für seine Verdienste wurde ihm 1957 der EhrendoktorDoctor of Science in Technology des Technion – Israel Institute of Technology verliehen.[6]
Werk
Publikationen (Auswahl)
Beiträge zur Kinetik photochemischer Reaktionen, Dissertation, Universität Leipzig 1906
Farbenphotographie und Farbendruck, Verlag des Deutschen Buchgewerbevereins, Leipzig 1908
Densograph, ein Registrierapparat zur Messung der Schwärzung von photographischen Platten, in: Josef Maria Eder (Hrsg.): Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik, Knapp, Halle a. S. 1910, S. 226–233
The Densograph, in: British Journal of Photography 57 (26. Aug. 1910), S. 649–651
Die Herstellung neutral grauer Keile und verlaufender Filter für Photometrie und Photographie, in: Josef Maria Eder (Hrsg.): Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik, Knapp, Halle a. S. 1911, S. 149–155
Die Grundlagen der Reproduktionstechnik in gemeinverständlicher Darstellung, Knapp, Halle a. S. 1912
Führer durch die Gruppe Wissenschaftliche Photographie: Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik Leipzig 1914, Knapp. Halle a. S. 1914.
Wissenschaftliche Photographie, in: Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik Leipzig 1914, Amtlicher Katalog, Leipzig 1914, S. 160–165.
Gruppe VIII Reproduktionstechnik, in: Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik Leipzig 1914, Amtlicher Katalog, Leipzig 1914, S. 185–187
Der Aufbau des photographischen Bildes: Teil 1 Helligkeitsdetails, Knapp, Halle a. S. 1922
A new process of micro-photography, in: British Journal of Photography 73 (13. August 1925), S. 462–465
Kinematographische Wolkenaufnahmen, in: Photo-Technik Nr. 7, Zeiss Ikon AG, Dresden 1926, S. 145–148
Kinamo S 10, in: Photo-Technik Nr. 1, Zeiss Ikon AG, Dresden 1929, S. 18–19
The retrieval problem in photography, in: Journal of the American Society for Information Science 43 (4), 1932, S. 295–298
Deutscher Vorschlag zur sensitometrischen Normung, in: J. Eggert, A. v. Biehler (Hrsg.): Bericht über den VIII. Internationalen Kongress für Wissenschaftliche und Angewandte Photographie, Dresden 1931, Barth/Leipzig 1932. S. 100–101
Die Grundlagen des Tonfilms, in: J. Eggert, A. v. Biehler (Hrsg.): Bericht über den VIII. Internationalen Kongress für Wissenschaftliche und Angewandte Photographie, Dresden 1931, Barth/Leipzig 1932. S. 213–214
Das Registrierproblem in der Photographie, in: J. Eggert, A. v. Biehler (Hrsg.): Bericht über den VIII. Internationalen Kongress für Wissenschaftliche und Angewandte Photographie, Dresden 1931, Barth/Leipzig 1932. S. 317–320
Precision instruments industry. In: J. B. Hobman (Hrsg.): Palestine's economic future : A review of progress and prospects. Lund, Humphries and Co. London. 1946. S. 238–243
Patente (Auswahl)
1903. GB. GB000190207923A. An Improvement in Electrolytically Coating Iron with Zinc
1903. US. US000000733028A. Electrolytically Coating Iron with Zinc
mit Martin Nowicki: 1926. US. US000001573314A. Enlarging camera
mit Martin Nowicki: 1928. US. US000001667110A. Film box
1929. US. US000001704189A. Motion-picture camera driven by alpha spring mechanism
mit Otto Fischer: 1929. US. US000001713277A. Film-spool construction
1929. FR. FR000000657787A. Machine statistique
1929. GB. GB000000288580A. Improvements in or relating to adding, sorting, statistical and like machines
1930. US. US000001747705A. Film-feeding device
mit Otto Fischer: 1930. US. US000001750401A. Cinematograph camera with clockwork driving mechanism
1930. US. US000001772774A. Cinema camera
mit Otto Fischer: 1930. US. US000001779468A. Cinematographic camera
1931. US. US000001789679A. Cinematographic camera
1931. US. US000001802598A. Film magazine
mit Otto Fischer: 1931. US. US000001804500A. Film box
1931. US. US000001830602A. Distance releasing device for moving picture cameras driven by a spring mechanism
1931. US. US000001838389A. Statistical machine
1934. US. US000001973203A. Nipkow disk for television
1939. DE. DE000000670190A. Vorrichtung zum Aussuchen statistischer und buchhalterischer Angaben
1940. DE. DE000000691162A. Statistische Maschine
1940. DE. DE000000697265A. Vorrichtung zum Aussuchen statistischer Angaben
1940. US. US000002225433A. Photographic camera for flexible materials sensitive to light
1953. GB. GB000000690268A. Improvements in or relating to refractometers
Michael Buckland: Emanuel Goldberg, Electronic Document Retrieval, and Vannevar Bush’s Memex. In: Journal of the American Society for Information Science 43, May 1992, 4, ISSN0002-8231, S. 284–294
Michael Buckland: Vom Mikrofilm zur Wissensmaschine: Emanuel Goldberg zwischen Medientechnik und Politik. Avinus-Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86938-015-5, (Forschung visuelle Kultur; Bd. 1); dt. Übersetzung von: Emanuel Goldberg and his Knowledge Machine. Information, Invention, and political Forces. Libraries Unlimited, Westport CT u. a. 2006, ISBN 0-313-31332-6, (New directions in information management), Rezension: Markus Krajeweski: Die Migrationsgeschichte einer Werkbank und ihres Meisters. In: Recherche: Zeitung für Wissenschaft 1/2011
Michael Buckland: The Kinamo camera, Emanuel Goldberg, and Joris Ivens. In: Film History 20. 2008, 1, ISSN0892-2160, S 49–58, muse.jhu.edu (PDF)
Colin Burke: Information and Secrecy. Vannevar Bush, Ultra and the other Memex, Scarecrow Press, Lanham MD u. a. 1994, ISBN 0-8108-2783-2
Ralf Forster: Der Kinamo. Emanuel Goldbergs entfesselte Kamera. In: Filmblatt, 16. Jg., Nr. 46/47, Winter 2011/12, ISSN1433-2051, S. 3–14
J. Edgar Hoover: The Enemy’s Masterpiece of Espionage. In: Reader’s Digest 48, April 1946, ISSN0034-0375, S. 1–6
Klaus Mauersberger: Von der Photographie zur Photophysik. 100 Jahre Wissenschaftlich-Photographisches Institut 1908–2008. Illustrierter historischer Abriss zur Geschichte des WPI/IAPP mit Auswahlbibliografie. Technische Universität Dresden – Institut für Angewandte Photophysik, Dresden 2008, ISBN 978-3-86780-086-0
S. Neumann: Prof. Emanuel Goldberg. In: Bulletin of the Research Council of Israel Section C: Technology 5, 1957, 4 = Special issue in honor of Goldberg, ISSN0578-9036, S. I, III–V
Ralph R. Shaw: The Rapid Selector. In: Journal of Documentation 5, 1949, ISSN0022-0418, S. 164–171
William White: The Microdot. History and Application. Phillips Publications, Williamstown NJ 1992, ISBN 0-932572-20-0
↑Häufig wird als sein Geburtsdatum nach dem gregorianischen Kalender irrtümlich der 1. September angegeben. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass im Jahr 1900 die Differenz zwischen den beiden Kalendersystemen um einen Tag größer wurde, was bei späteren Datumsberechnungen nicht berücksichtigt wurde.