Das Echte Herzgespann (Leonurus cardiaca), auch Löwenschwanz oder Herzspannkraut genannt, ist eine Pflanzenart aus der GattungLeonurus innerhalb der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae).
Das Echte Herzgespann ist eine ausdauerndekrautige Pflanze, die Wuchshöhen von 30 bis 120 Zentimetern erreicht. Der vierkantige Stängel ist hohl und außen behaart.
Die gegenständig am Stängel angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Der Blattstiel ist 1 bis 4 Zentimeter lang.[1] Die Blattspreite ist von mittelgrüner Farbe und an der Unterseite flaumig behaart. Die bei einer Länge von 6 bis 12 Zentimetern im Umriss handförmige Blattspreite ist in drei bis sieben Spalten geteilt. Der Spreitengrund ist herzförmig. Die Spreite der oberen Blätter ist im Umriss dreilappig und am Grund keilförmig.[1]
Generative Merkmale
Die Blütezeit erstreckt sich von Juni bis September. In den oberen Blattachseln befinden sich 10 bis 20 Scheinquirle mehr oder weniger dicht übereinander. Die Scheinquirle weisen einen Durchmesser von 10 bis 15 Millimetern auf und enthalten viele Blüten.[1]
Die zwittrigen Blüten sind zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf Kelchblätter sind zu einer 3 bis 5 Millimeter langen Kelchröhre verwachsen.[1] Der trichterförmige, fünfnervige Kelch endet in fünf starren, dreieckigen, begrannten, auswärts gekrümmten Kelchzähnen.[1] Die Blütenkrone ist mit einer Länge von 8 bis 12 Millimetern deutlich länger als der Kelch. Die rosafarbene bis cremeweiße Blütenkrone ist zweilippig. Die Kronröhre hat am Grund eine durch einen schief vorwärts geneigten Haarkranz überdachte Aussackung.[1] Die Kronoberlippe ist helmförmig gebogen sowie außen behaart. Die dreiteilige Unterlippe besitzt eine bräunliche Zeichnung. Die zottig behaarten Staubblätter steigen unter der Oberlippe auf; die vorderen ragen kaum aus dem Kronschlund heraus.[1]
Die hell-braunen Nüsschen sind bei einer Länge von etwa 2,5 Millimetern tetraedrisch,[1] vorn gestutzt und hier behaart.[2]
Das Gewöhnliche Echte Herzgespann ist von Europa bis zum Iran verbreitet. In Nordamerika und Neuseeland ist es ein Neophyt.[4] Das Zottige Echte Herzgespann kommt von der Krim bis zum Iran vor.[4]
In Deutschland ist das Echte Herzgespann gebietsweise im Rückgang begriffen. In Baden-Württemberg gilt es sogar als stark gefährdet.[5]
Das Echte Herzgespann gedeiht auf stickstoffreichen, frischen, mild-neutralen, locker-humosen Lehm- oder Tonböden[3] in staudenreichen Wildkrautfluren, vor allem in Dörfern, an Mauern und Zäunen. Es ist in Mitteleuropa eine Charakterart der Assoziation Löwenschwanz-Schwarznessel-Flur (Leonuro-Ballotetum nigrae) im Verband der Klettengesellschaften (Arction lappae).[3][6] Es steigt im Kanton Wallis vereinzelt bis in einer Höhenlage von 1290 Meter, im Unterengadin bis 1500 Meter auf.[1]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landoltet al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2+ (frisch), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4+ (warm-kollin), Nährstoffzahl N = 5 (sehr nährstoffreich bis überdüngt), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[2]
Ökologie
Blütenbesucher sind Hummeln.[1] Der Nektar wird auch oft von Ameisen geplündert.[1]
Systematik
Die Erstveröffentlichung von Leonurus cardiaca erfolgte durch Carl von Linné. Der botanische Gattungsname Leonurus leitet sich aus dem Griechischen ab, bedeutet Löwenschwanz und weist auf die Form des Blütenstandes hin. Das Artepithetoncardiaca bezieht sich auf die Verwendung bei Herz-Krankheiten.
Einige Autoren unterschieden etwa zwei Unterarten, die von manchen Autoren als Arten angesehen werden.[4]
Nicht mehr zur Art gehört:
Zottiges Echtes Herzgespann (Leonurus cardiaca subsp. villosus(Desf. ex d'Urv.) Hyl., Syn.: Leonurus villosusDesf. ex d’Urv., Leonurus quinquelobatusGilib.): Bei dieser Art sind die Stängel dicht abstehend zottig und mit 1 bis 2 Millimeter langen Haaren besetzt. Die Laubblätter sind dicht und weich behaart. Diese Art wird auch als Zierpflanze verwendet und von Imkern als Bienenfutterpflanze genutzt. Sie ist im Gebiet zwischen der Krim und dem nordwestlichen Iran beheimatet und tritt in Mitteleuropa als Neophyt auf. Dies ist ein Synonym von Zottiges Herzgespann (Leonurus quinquelobatusGilib.)[4]
Herzgespann ist kein typisches Gewürzkraut. Man soll jedoch mit frischen oder getrockneten Blättern Linsen- und Erbsensuppe würzen können. Früher wurde es auch zum Würzen des Bieres verwendet.
Die Grundlagenforschung am isolierten Tierherz durch Rauwald und Dhein belegt, dass die Wirkstoffe des Herzgespanns die Menge des Blutes steigern, das den Herzmuskel versorgt (den Koronarfluss), wodurch das Herz besser versorgt wird. Zugrunde liegt ein calciumantagonistischer Wirkmechanismus, welcher zu einer Blutdrucksenkung sowie zur Verlangsamung der Herzfrequenz und so zur Entlastung des Herzens führt. Welche Stoffe genau diese Wirkungen hervorrufen und ob diese einzeln oder nur in ihrem Zusammenspiel helfen, war zum Zeitpunkt dieser Studie noch offen und bedarf der weiteren Forschung.[14]
Es ist umstritten, ob diese Pflanzenart bereits in der Antike verwendet wurde. Sicher ist man sich dagegen, dass sie in Mitteleuropa im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit Verwendung fand. Schon in einem der ersten gedruckten, dem in deutscher Sprache verfassten KräuterbuchGart der gesuntheit (1485), wird es Cordiaca[15] genannt und bei Magendrücken und Herzbeschwerden empfohlen.[11]:76Paracelsus und Leonhart Fuchs meinen, in Wein eingelegtes Herzgespann helfe gegen zu starkes Herzklopfen sowie gegen Krämpfe und Lähmung der Gliedmaßen, in letzterem Fall auch als warme Kompresse. Ein wässriger Dekokt aus Herzgespann sei hilfreich bei Epilepsie. Herzgespann wirke auch diuretisch und führe die ausbleibende Menstruation herbei. Das 1554 erschienene Cruyede boeck von Rembert Dodoens empfiehlt eine in Wein gesottene Zubereitung des Herzgespanns gegen Schwermut und zur Herzstärkung, ein destilliertes Mazerat aus Wein bei Herz- und Menstruationsbeschwerden.[11]:82–83Nicholas Culpeper schreibt in Herbal (1652), dass Herzgespann ein fröhliches Gemüt verleihe, indem es melancholische Dämpfe vertreibe und das Herz stärke. Er empfiehlt Herzgespannpulver in Wein bei Schwangerschaftsbeschwerden.[11]:86
In der Homöopathie wird Herzgespann gemäß dem homöopathischen Arzneimittelbild angewendet.
Herzgespann im Aberglauben
Nach Bocksch gab es in Mecklenburg einen volkstümlichen Heilzauber, bei dem Herzgespann in einer Kanne Bier zum Sieden gebracht und gegen Geschwülste eingesetzt wurde.[19]
Literatur
Peter Schantz: Weißdorn und Herzgespann – Medizinhistorische Untersuchungen zur europäischen Tradition dieser Arzneipflanzen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Kassel 2009.
Manfred Bocksch: Das praktische Buch der Heilpflanzen. München 1996.
Penelope Ody: Praxishandbuch Heilpflanzen. München 2001.
Otto Wilhelm Thomé; Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Gera, 1885 (Bildquelle)
Werner Rothmaler (Begr.), Eckehart J. Jäger, Klaus Werner (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Band 4. Gefäßpflanzen: Kritischer Band. 10., bearb. Auflage. Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag, München/Heidelberg 2005, ISBN 3-8274-1496-2.
Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5.
Helmut Gams: Leonurus, S. 2392–2393. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band V. Teil 4: Labiatae – Solanaceae. 2. Auflage. (unveränderter Nachdruck von 1927 mit Nachtrag). Carl Hanser / Paul Parey, München / Berlin / Hamburg 1964, ISBN 3-489-78021-3.
Einzelnachweise
↑ abcdefghijkGustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 1. Auflage, unveränderter Textnachdruck Band V, Teil 4. Verlag Carl Hanser, München 1964. S. 2392–2393.
↑ abLeonurus cardiaca L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 17. Januar 2023.
↑ abcErich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S.805.
↑
Oskar Sebald, Georg Philippi, Siegmund Seybold, Arno Wörz: Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs (= Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklasse Asteridae): Buddlejaceae bis Caprifoliaceae. Band5). Eugen Ulmer, Stuttgart 1996, ISBN 3-8001-3342-3, S.175–177.
↑
Ernst Preising: Die Pflanzengesellschaften Niedersachsens, Ruderale Staudenfluren und Saumgesellschaften, herausgegeben vom niedersächsischen Landesamt für Ökologie – Naturschutz, Reihe Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen 20/4, 1993, Seite 63.
↑Oleh Koshovyi, Ain Raal, Igor Kireyev, Nadiya Tryshchuk, Tetiana Ilina, Yevhen Romanenko, Sergiy M. Kovalenko, Natalya Bunyatyan: Phytochemical and psychotropic research of motherwort (Leonurus cardiaca L.) modified dry extracts. In: Plants, Band 10, Nr. 2, 2021, Artikel 230, doi:10.3390/plants10020230(PDF).
↑Katarzyna Wojtyniak, Marcin Szymański, Irena Matławska: Leonurus cardiaca L. (motherwort): a review of its phytochemistry and pharmacology. In: Phytotherapy Research, Band 27, Nr. 8, 2013, S. 1115–1120.
↑ ab
T. Dingermann, K. Hiller, G. Schneider, I. Zündorf: Schneider Arzneidrogen. 5. Auflage. Elsevier 2004, ISBN 3-8274-1481-4, S. 217.
↑
I. Barnickel, F. Häfele Textbearbeitung: Irene Barnickel, P. Lemberger, H. Maiolino: Arzneipflanzen. Hrsg.: Botanischer Garten Erlangen der Universität Erlangen – Nürnberg. 2., von W. Weis überarbeitete und ergänzte Auflage. 2001, S.59.
↑Vgl. Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 33 (Cordiaca „herrczgespan“).
↑Katarzyna Miłkowska-Leyck, Barbara Filipek, Halina Strzelecka: Pharmacological effects of lavandulifolioside from Leonurus cardiaca. In: Journal of Ethnopharmacology, Band 80, Nr. 1, 2002, S. 85–90.
↑Jiangbo Fan, Fen Wei, Yu Zhang, Hongli Su, Zongzheng Ji, Jianyu He, Shengli Han: Combining Sprague–Dawley rat uterus cell membrane chromatography with HPLC/MS to screen active components from Leonurus artemisia. In: Pharmaceutical Biology, Band 54, Nr. 2, 2016, S. 279–284, doi:10.3109/13880209.2015.1033562.
↑Xiaofei Shang, Hu Pan, Xuezhi Wang, Hua He, Maoxing Li: Leonurus japonicus Houtt.: ethnopharmacology, phytochemistry and pharmacology of an important traditional Chinese medicine. In: Journal of Ethnopharmacology , Band 152, Nr. 1, 2014, S. 14–32, doi:10.1016/j.jep.2013.12.052.
↑Manfred Bocksch: Das praktische Buch der Heilpflanzen. München 1996.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
Strategi Solo vs Squad di Free Fire: Cara Menang Mudah!