Dilman Schmid

1690 von D. Schmid gegossene Glocke

Dilman Schmid (Eigenschreibweise des Vornamens Tilman, auf einer Glocke für Melbach auch Johann Dilman Schmid[1]) war ein deutscher Glockengießer aus Aßlar im Übergang vom 17. ins 18. Jahrhundert. Er goss viele Glocken nach Mittelhessen und Umgebung, von denen einige erhalten sind.

Geschichte

Dilman Schmid wurde um 1646[2] oder 1664[3] geboren. 1682 kam seine Tochter Anna Kunigunda zur Welt.[3] Seine ersten Glocken goss er gemeinsam mit Antonius oder Adoni Fei/Faer (unterschiedliche Schreibweisen auf den Glocken). Dieser goss ebenso gemeinsam mit dem Aßlarer Johann Jacob Rincker, etwa im Jahr 1683 eine Glocke für Ober-Hörgern. Das lässt den Schluss zu, dass Fei Lehrmeister von Schmid und Rincker gewesen sein könnte. Die letzten Glocken mit Fei entstanden um 1696.

Ab spätestens 1708 begleitete auch Schmids Schwiegersohn Philipp Schweitzer, der Anna Kunigunda geheiratet hatte, den Glockenguss.

Im Jahr 1709 wurden Schmid und Schweitzer als Sachverständige angehört, um eine von der Frankfurter Glockengießerfamilie Schneidewind gefertigte und von Hanau bemängelte Glocke für die Marienkirche zu beurteilen.[4]

Die letzte dokumentierte Glocke goss Schmid 1715 für Ober-Wöllstadt. Schweitzer übernahm den Gießerbetrieb und führte ihn noch einige Jahre in Werdorf fort.

Charakteristika

Schmid goss die meisten seiner frühen Glocken in Septim-Rippe, d. h. mit einer Septime als Unterton. Später wechselte er zur Oktav-Rippe, deren Teiltonaufbau er – wie etwa in Weilburg – auch mit hoher Genauigkeit einhielt. Die Terz ist meistens eine kleine Terz, beispielsweise bei einer Glocke für Großen-Linden kommt auch eine große Terz vor.

Die Inschriften verfasste Schmid mit einigen Schreibfehlern in Schwabacher Schrift. Später ging er zu einer Barock-Antiqua, oft in Versalien, über; teils verwendete er auch beide gleichzeitig. Ein sehr häufig auf seinen Glocken zu lesender Spruch ist „Die schlafende weck ich die suender schreck ich die dotten [=Toten] bewein ich * dilman schmid von aslar gos mich, durchs feuer flos ich * 1697“ oder „zum gebet ruf ich / des juenste gerichts erinere ich dich“ (beide Beispiele aus Langgöns).

Neben Zierringen auf dem Wolm und verschiedentlichen Zierfriesen an der Haube sind auf Schmids Glocken häufig auch Heiligenbilder zu finden. Die Krone ist eine gewöhnliche Sechshenkelkrone mit schmucklosen, fast kreisrunden und im Querschnitt quaderförmigen Henkeln.

Werke

In den beiden Weltkriegen wurden viele Glocken zu Rüstungszwecken eingeschmolzen oder durch Brände zerstört. Einige kehrten nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Glockenlager in Hamburg („Glockenfriedhof“) zurück. Manche wurden bereits im 18. oder 19. Jahrhundert umgegossen.

Die folgende Liste gibt einen – sicherlich unvollständigen – Überblick über die Glocken von Dilman Schmid.

Jahr Aufhängungsort (aktuell) Gebäude/Nutzung Schlagton Masse Durchmesser Erhalten Bemerkung
1684 Grünberg (Hessen) Ev. Stadtkirche f1 Ja  
1685 Daubhausen Ev. Kirche Nein Gegossen für Edingen, verkauft nach Daubhausen[5]
1686 Nieder-Eschbach Ev. Kirche g1 Ja Gegossen für die ev. Kirche Nieder-Wöllstadt,[1] dort nach dem Zweiten Weltkrieg zu Rincker abgegeben und später weitervermittelt. Krone abgebrochen.
1686 Wetzlar Sim. Wetzlarer Dom fis1 1.400 kg (ca.) 1.275 mm Ja  
1686 Atzbach Ev. Kirche Nein 1850 umgegossen[6]
1686 Effolderbach Ev. Kirche Nein Kein Gießervermerk, jedoch Inschrift „Ich ruf zu Gott und kling zu Grab o Mensch dein große Sünd leg ab“[1] passend zu Schmids Schema und ähnlich zu Nieder-Wöllstadt „ich ruf got euch und kling zu grab o mensch dein grosse suend leg ab“. Ende des 19. Jahrhunderts umgegossen.
1686 Melbach Ev. Kirche Nein 1859 für neues Geläut eingeschmolzen[1]
1687 Ortenberg Marienkirche Unbekannt [7]
1687 Hochstadt Ev. Wehrkirche St. Kilian g1 Ja Gemeinsames Werk mit Adoni Fei[8]
1688 Philippstein Ev. Kirche Unbekannt [9]
1688 Volpertshausen Alte Kirche Nein 1866 umgegossen[10]
1690 Usingen Ev. Laurentiuskirche gis1 Nein h1 bereits 1899 umgegossen, cis2 im Ersten Weltkrieg zerschlagen und gis1 im Zweiten Weltkrieg von Granatsplitter getroffen[11]
h1
cis2
1690 Allendorf/Lahn Ev. Kirche cis2 680 kg 690 mm Ja  
1690 Wieseck Michaelskirche Nein 1817 umgegossen durch F. W. Otto
1690 Wölfersheim Ev.-ref. Kirche Nein 1862 umgegossen
1690 Ebersgöns Ev. Kirche   Nein „Sehr disharmonisches Geläute“[12] Die vermutlich größere Glocke wurde im Zweiten Weltkrieg konfisziert[13]
h1 Ja
1690 Rüdigheim (Amöneburg) St. Antonius der Einsiedler c2 265 kg 760 mm Ja [14]
1691 Rodheim vor der Höhe Ev. Kirche es2 Ja Gegossen für die lutherische Reinhardskirche,[1][15] heute mit dem Gesamtgeläut im Turm der ehemaligen reformierten Kirche
1692 Schwalbach (Schöffengrund) Ev. Kirche b1- 220 kg Ja [16]
1695 Oberlauken Ev. Kirche b2- Ja [9]
1696 Oberursel (Taunus) Kath. St. Ursulakirche e1 −7 1.360 kg 1.263 mm Ja  
1696 Lang-Göns Ev. Jakobuskirche dis1 −6 1.150 kg 1.265 mm Ja Gemeinsames Werk mit Antonius Fei. Einziges (größtenteils) erhaltenes Geläut aus einem Guss. Kleinste Glocke 1884 nach Sprung umgegossen.[1][17]
fis1 +4 1.050 kg 1.180 mm Ja
gis1 +8 450 kg 925 mm Ja
  Nein
1697 Bad Homburg vor der Höhe Schlosskirche Nein [18]
1697 Hungen Ev. Stadtkirche fis1 Ja Bürgerglocke[1]
1697 Villingen Ev. Kirche fis1 Nein 1829 umgegossen[19][20]
1698 Langenbach (Weilmünster) Ev. Kirche   Ja [21]
Ja
1699 Oberndorf (Solms) Ev. Kirche dis2 125 kg 610 mm Ja [22]
1699 Hausen-Oes Ev. Kirche Nein 1862 umgegossen[23]
1699 Laufdorf Ev. Kirche 770 mm Ja [24]
1701 Ober-Rosbach Ev. Stadtkirche Nein [1]
1701 Schwalbach (Schöffengrund) Ev. Kirche as1 270 kg Nein 1830 mit der Stadt Braunfels gegen eine andere Glocke getauscht. Im Zweiten Weltkrieg eingezogen, 1947 zurück, gesprungen, 1950 umgegossen.
1701 Leun Ev. Kirche ges1 935 mm Ja Betglocke/Hl. Dreieinigkeit[6]
b1 830 mm Mittagsglocke
1702 Röthges Ev. Kirche Nein 1879 umgegossen[25]
1702 Ehringshausen (Gemünden) Ev. Michaeliskirche fis1 Ja [26]
1703 Friedberg (Hessen) Ev. Stadtkirche Unserer Lieben Frau f1 +2 800 kg 1.150 mm Ja Elfuhrglocke.[1] Neuzeitlich bei Geläutesanierung Riss geschweißt und Schlagring wiederhergestellt.
1705 Büttelborn Ev. Kirche g1 645 kg 1.000 mm Ja Gemeinsames Werk mit Philipp Schweitzer
1705 Stockstadt am Rhein Ev. Kirche ges1 776 kg 1.089 mm Ja
b1 450 kg 889 mm Gemeinsames Werk mit Philipp Schweitzer
1705 Groß-Rohrheim Ev. Kirche a1 910 mm Ja
h1 780 mm
1707 Hochstadt Ev. Wehrkirche St. Kilian Nein [8]
1707 Runkel Ev. Kirche fis1 750 kg Nein Umguss aus Glocke von 1700, im Ersten Weltkrieg zerschlagen[27]
1707 Bergen Laurentiuskirche g1 622 kg Ja [28]
1708 Weilburg Ev. Schlosskirche e1 1.200 kg 1.220 mm Ja Mittagsglocke
g1 820 kg 1.120 mm Nein Totenglocke[9][29]
a1 622 kg 1.000 mm Nein Gebetsglocke[9][29]
1708 Langendiebach Ev. Kirche Nein [14]
1709 Langenselbold Ev. Kirche Unbekannt Evtl. auch zwei Glocken[14]
1709 Hadamar Ev. Schlosskirche Ja Silberglöckchen, kam 1829 als Geschenk von Wilhelm von Nassau-Oranien an die ev. Kirchengemeinde ins Schloss, hängt heute im Schlosssaal[9][30]
1710 Gambach Ev.-ref. Kirche e1 993 kg 1.180 mm Ja Gemeinsames Werk mit Philipp Schweitzer
1710 Steindorf Ev. Kirche des2 Ja  
1710 Steinbrücken Ev. Kirche Unbekannt [9]
1710 Friedberg (Hessen) Ev. Stadtkirche Unserer Lieben Frau Nein Stand bei einer Inventur Ende des 19. Jahrhunderts in der Sakristei
1711 b0 +5 3.200 kg 1.750 mm Ja Sonntagsglocke. Größte erhaltene Glocke Schmids, womöglich sein größtes Werk überhaupt. Neuzeitlich bei Geläutesanierung Schlagring wiederhergestellt.
1711 Bissenberg Ev. Kirche 550 mm Ja [6]
1712 Großen-Linden Ev. Kirche St. Peter d1 + 1.300 kg 1.300 mm Ja 10-Uhr-Glocke. Durterz
1714 Dillenburg Altes Archivgebäude   150 kg 630 mm Unbekannt Inschrift: „DER KUTSCHEN UND REUTHER EINGANG / MELD ICH AN DURCH MEINEN KLANG / IN GOTTES NAMEN FLOS ICH 17 14 / DILMAN SCHMID ZU ASLAR GOS MICH“[9]
1715 Ober-Wöllstadt Kath. Kirche St. Stefanus Nein 1863 umgegossen[1]

Literatur

  • Hellmut Schliephake: Glockenkunde des Kreises Wetzlar. In: Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft Lahntal e. V. 12. Jahrbuch. 1989, ISSN 0722-1126, S. 5–150, hier: S. 86–93 (Dilman Schmid aus Aßlar).
Commons: Dilman Schmid – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j Robert Schäfer: Hessische Glockeninschriften. In: Archiv für Hessische Geschichte und Alterthumskunde, 1884, 15, S. 475–544; archive.org.
  2. Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft Lahntal, Heft 12 1989.
  3. a b Stammbaum (Memento vom 20. Februar 2015 im Internet Archive) auf einer privaten Internetseite
  4. Konrad Bund: Frankfurter Glockengießer,. nach einem Manuskript von Hans Fritzen. In: Konrad Bund (Hrsg.): Frankfurter Glockenbuch (= Mitteilungen aus dem Frankfurter Stadtarchiv). Band 4. Verlag Dr. Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-7829-0211-0 (formal falsch), Kapitel IV: Glocken in Frankfurt am Main und Hessen, S. 200 f.
  5. Friedrich Kilian Abicht: Der Kreis Wetzlar: historisch, statistisch und topographisch. Die Statistik, Topographie und Orts-Geschichte des Kreises. 2. Teil. Carl Wigand, Wetzlar 1836, S. 172 (Textarchiv – Internet Archive).
  6. a b c Hellmut Schliephake: Glockenkunde des Kreises Wetzlar. In: Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft Lahntal e. V. 12. Jahrbuch. 1989, ISSN 0722-1126, S. 5–150, hier: S. 86–93 (Dilman Schmid aus Aßlar)
  7. Wagner, Heinrich: Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Oberhessen: Kreis Büdingen, Darmstadt 1890. Online-Version in der Universitätsbibliothek Heidelberg
  8. a b Peter Heckert: Geschichte und Informationen zur Kirche Hochstadt. Teil 2: Turm. (PDF; 996 kB)
  9. a b c d e f g Ferdinand Luthmer: Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Wiesbaden. Nachlese zu Band I bis V, Glocken-Verzeichnis und Haupt-Register. Hrsg.: Bezirksverband des Regierungsbezirks Wiesbaden. Kommissionsverlag von H. Keller, Frankfurt am Main 1902 (archive.org).
  10. Aufsatz von Angus Fowler
  11. 5. Usinger „Glocken-Report“. (PDF; 700 kB)
  12. Friedrich Kilian Abicht: Der Kreis Wetzlar: historisch, statistisch und topographisch. Die Statistik, Topographie und Orts-Geschichte des Kreises. 2. Teil. Carl Wigand, Wetzlar 1836, S. 79 (Textarchiv – Internet Archive).
  13. Gemeinde-Info Ebersgöns auf ekir.de (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  14. a b c Wenzel, Heinrich: Glockengießer im Regierungsbezirk Kassel vom 14.–20. Jahrhundert, in: Hessenland, 29. Jahrgang, Heft 1/1915, S. 227, online in der Bibliothek der Universität Kassel, abgerufen am 2. Oktober 2017
  15. Fritz Dahmen, über die Rodheimer Kirchen, Heimat- und Geschichtsverein Rodheim v. d. H.
  16. Kulturdenkmäler in Hessen: Nr. 45049
  17. Turmheft der Kirchengemeinde Langgöns: Teil 5, Glocken (PDF; 3,9 MB)
  18. Als Kirchenglocken zu Kanonen wurden. In: Frankfurter Neue Presse. 30. August 2022, abgerufen am 7. September 2022.
  19. Archivausgabe des Schlitzer Boten
  20. Die Geschichte Villingens auf nonnenroth.de
  21. Die Glocken der Langenbacher Kirche auf langenbach-info.de
  22. Wolfgang Wiedl: Geschichte der Stadt Solms und ihrer Stadtteile. Band 1. Magistrat der Stadt, Solms 1989, S. 192.
  23. De Kirchturmgickel. Gemeindebrief der ev. Kirchengemeinden Hausen-Oes, Hoch-Weisel und Ostheim, Nr. 8, August 2006.
  24. Kulturdenkmäler in Hessen: Nr. 44991
  25. Heinrich Walbe: Die Kunstdenkmäler des Kreises Gießen. Band 3: Südlicher Teil. Hessisches Denkmalarchiv, Darmstadt 1933, S. 358.
  26. Dekanat Alsfeld: Über Ehringshausen (Memento vom 7. Januar 2017 im Internet Archive)
  27. Günter Kosciankowski: Die Glocken der evangelischen Kirche in Runkel.
  28. Joachim Proescholdt, Jürgen Telschow: Frankfurts evangelische Kirchen im Wandel der Zeit. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-942921-11-4, S. 230.
  29. a b Stadt- und Schlosskirche, Glockenchronik (private Webseite)
  30. Die Evangelische Schlosskirche zu Hadamar - Geschichtliches. In: Ev. Kirchengemeinde Hadamar. Abgerufen am 9. September 2022.

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