Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).
Chinidin gilt als das erste wirksame Antiarrhythmikum. Es wurde bereits 1847 von Ferdinand Ludwig Winckler (1801–1868) entdeckt. Seine Wirkung gegen Arrhythmien konnte 1918 durch Walter Frey (1884–1972) nachgewiesen werden. Er belegte die Wirksamkeit bei Vorhofflimmern.[5]
Vorkommen
Chinidin kommt in der Rinde der Chinarindenbäume, wie im Roten ChinarindenbaumCinchona pubescens aber auch Cinchona officinalis und Cinchona spp. vor[4] und kann daraus gewonnen werden.
Struktur
Chinidin ist ein Diastereomer des Chinins und weist eine (8R,9S)-Konfiguration auf [Chinin besitzt (8S,9R)-Konfiguration]. Die Konfiguration am Kohlenstoffatom, an das die Vinylgruppe gebunden ist, ist bei diesen beiden chiralen Verbindungen gleich.
Verwendung
Chinidin findet Einsatz als intravenöses und orales Antiarrhythmikum (Klasse 1A nach Vaughan Williams) bei Vorhofflimmern, Extrasystolen und ventrikulären Tachyarrhythmien. Seine Wirkung beruht auf der Bindung an offene Natriumkanäle. Die Wirksamkeit ist frequenzabhängig, da der Ionenkanal-Chinidin-Komplex sich nur langsam löst. Außerdem verringert die Substanz auch die Kaliumleitfähigkeit, was zu einer Verlängerung der Aktionspotentialdauer führt. Im Gegensatz zur Natriumleitfähigkeit nimmt diese Wirkung mit höherer Frequenz ab.
Zusätzlich hemmt Chinidin Calciumkanäle der Herzmuskulatur und besitzt atropinähnliche Wirkungen. Dieser anticholinerge Effekt antagonisiert teilweise auch die Wirkung, daher kann bei niedrigen Dosierungen die Herzfrequenz zunehmen und die Überleitung verbessert sein. Bei hohen Dosierungen blockiert Chinidin die atrioventrikuläre Übertragung.
Chinidin wird bei oraler Gabe gut resorbiert. Die Halbwertszeit beträgt etwa 5 h und die Ausscheidung erfolgt überwiegend über die Niere.
Auf Grund seiner ausgeprägten Nebenwirkungen (QTc-Zeit-Verlängerung, AV-Block, Torsade de pointes, ventrikuläre Tachykardien sowie gastrointestinale Beschwerden aufgrund seiner atropinähnlichen Wirkung) wird es heute nur noch selten verwendet. Bei intravenöser Gabe bewirkt Chinidin eine starke Abnahme[7] des Gefäßwiderstandes.
Die Kombination mit anderen Arzneistoffen, welche kardiodepressiv wirken, sollte man unbedingt vermeiden, da es zu einer starken Vermehrung der Nebenwirkungen kommen kann. Bei Kombination mit Digoxin steigt dessen Plasmaspiegel stark an. Bei Kombination mit Loperamid kann es aufgrund einer Blockade des P-Glykoproteins an der Blut-Hirn-Schranke[8] zu Atemdepression kommen.
Es wurde bis 2018 in Deutschland in Kombination mit Verapamil von Abbott unter dem Namen Cordichin im Handel vertrieben.[9]
Einzelnachweise
↑Europäisches Arzneibuch. 10. Auflage. Deutscher Apotheker Verlag, 2020, S.3240.
↑ abThe Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals, 14. Auflage (Merck & Co., Inc.), Whitehouse Station, NJ, USA, 2006, ISBN 978-0-911910-00-1, S. 1385–1386.
↑Albert Gossauer: Struktur und Reaktivität der Biomoleküle. Verlag Helvetica Chimica Acta, Zürich 2006, ISBN 3-906390-29-2, S. 495.
↑Reinhard Larsen: Anästhesie und Intensivmedizin in Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie. 5. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg / New York u. a. 1999, ISBN 3-540-65024-5, S. 73 (1. Auflage 1986).
↑Aktories: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 9. Auflage.
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