Der Name Cherson ist von dem griechischen Wort ΧερσόνησοςChersónēsos „Halbinsel“ abgeleitet und bezieht sich wiederum auf die griechische Stadt Chersones auf der Krim.[2][3]
Geographie
Blick in südliche Flusslaufrichtung auf die Antoniwkabrücke mit der Stadt Cherson im Hintergrund
Cherson liegt am Beginn des Mündungsdeltas des Dnepr. Bis zum Schwarzen Meer sind es noch rund 30 km.[4] 60 km nordwestlich der Stadt liegt die Hafenstadt Mykolajiw, knapp 100 km südöstlich beginnt die Krim.
Bis 1774 gehörte die Region zum Khanat der Krim. Ältere Karten zeigen vor 1737 eine Siedlung mit dem Namen Bilschowscei an der Stelle der heutigen Stadt. Die Stadt Cherson wurde 1778 auf Weisung der russischen ZarinKatharina II. und auf Vorschlag des Fürsten Grigori A. Potjomkin neben der 1737–1739 erbauten russischen Alexanderschanze gegründet. Straßen, Plätze und Gebäude waren im Schachbrettmuster angeordnet. Das Gebiet wurde im 19. Jahrhundert dem sogenannten Ansiedlungsrayon zugeschlagen: Hier durften sich Juden ansiedeln, für die die zentralrussischen Gebiete und die Hauptstadt Sankt Petersburg gesperrt waren. Stadt und Region wurden wiederholt Schauplatz von Judenpogromen.[5]
In den ersten Tagen des russischen Überfalls auf die Ukraine 2022 war speziell das Umland der Stadt Schauplatz schwerer Gefechte zwischen ukrainischen Verteidigern und Invasionstruppen, die von der Krim aus nach Norden vorstießen.[6] Die Ukraine berichtete am 27. Februar, Russland habe Teile der Stadt eingenommen. Am Morgen des 2. März meldete das russische Militär, die Stadt Cherson vollständig unter Kontrolle gebracht zu haben.[7] Wenig später wurde dies von den örtlichen Behörden bestätigt.[8] Offensichtlich war die Stadt selber außer von wenigen Freiwilligen überhaupt nicht verteidigt worden.[9]
Anfang September 2022 startete die ukrainische Gegenoffensive in der Region Cherson, mit dem Ziel, die russischen Truppen bis an die natürliche Wasserbarriere, den Dnepr, zurückzudrängen und Cherson zu befreien.[10]
Am 11. November 2022 wurde die Stadt nach dem Abzug der russischen Besatzer von ukrainischen Truppen erreicht.[11] Die angebliche Unterstützung für eine Annexion durch Russland wurde von den Menschen Lügen gestraft, es herrschte vielmehr Erleichterung nach Monaten des Terrors.[12]
Die russische Armee begann kurz darauf mit dem Beschuss, zunächst noch nur in Stadtnähe. Für die Bewohner beginne jetzt die Unsicherheit, zitierte die exilrussische Internetzeitung Meduza Stimmen aus der Stadt: Bis dahin hätten sie gewusst, wohin ukrainische Raketen flogen, in die von der russischen Armee genutzten Stellungen. Doch nun befürchteten sie einen wahllosen russischen Beschuss „wie in Mariupol“.[13]
Am 19. November 2022 fuhr erstmals wieder ein Zug des öffentlichen Verkehrs der Ukrainischen Eisenbahn nach Cherson.[14] Ende Januar 2023 lebten noch rund 40.000 Bewohner in der Stadt.[15]
Verwaltungsgliederung
Am 12. Juni 2020 wurde die Stadt zum Zentrum der neugegründeten Stadtgemeinde Cherson (ukrainischХерсонська міська громада/Chersonska miska hromada), zu dieser zählen auch noch die 3 Stadtrajone Dnipro, Korabel und Suworow, die Siedlungen städtischen Typs Antoniwka, Komyschany, Naddniprjanske und Seleniwka, 4 in der untenstehenden Tabelle angeführten Dörfer sowie die Ansiedlungen Blahowischtschenske, Inschenerne, Molodischne, Prydniprowske, Pryoserne, Sonjatschne und Symiwnyk,[16] bis dahin bildete sie die gleichnamige Stadtratsgemeinde Cherson (Херсонська міська рада/Chersonska miska rada) im Süden des Rajons Biloserka (aber kein Teil desselben) mit folgender Unterteilung:
sechs Siedlungen: Blahowischtschenske, Inschenerne, Molodischne, Pryoserne , Sonjatschne, Symiwnyk
In weiterer Unterteilung waren die Siedlung städtischen Typs Antoniwka, Seleniwka und Naddniprjanske, die Dörfer Bohdaniwka und Petriwka sowie die Siedlungen Inschenerne, Molodischne und Sonjatschne dem Rajon Dnipro unterstellt, die SsT Komyschany sowie die Siedlungen Symiwnyk, Blahowischtschenske und Pryoserne dem Rajon Korabel und das Dorf Stepaniwka dem Rajon Suworow.
Hinsichtlich ihrer Nationalität (im Sinne der Volksgruppe, nicht Staatsangehörigkeit) identifizierten sich 76,5 Prozent der Einwohner beim Zensus 2001 als Ukrainer, 19,9 Prozent als Russen, 0,8 Prozent als Belarussen, 0,41 Prozent als Juden und 0,34 Prozent als Armenier.[21]
56,2 Prozent gaben in der Volkszählung 2001 als Muttersprache Ukrainisch an, 42,5 Prozent Russisch, 0,17 Prozent Armenisch und 0,14 Belarussisch.[21]
Entwicklung der Bevölkerungsanzahl von 1897 bis 2023:
Die Zufahrt aus dem Schwarzen Meer zu den Häfen von Mykolajiw und Cherson wird an den Landengen des Dnepr-Bug-Liman von mehreren Leuchttürmen gesichert:
In der Nähe der Stadt bauten deutsche Eisenbahnpioniere 1943 die „größte Eisenbahnkriegsbrücke des Zweiten Weltkrieges“. Sie war zwei Kilometer lang, im Wasser 14 Meter tief und über dem Wasser 10 Meter hoch. Für die Standfestigkeit wurden 400 Stahlrohre bis zu 17 Meter in den schlammigen Grund gerammt. Der Bau dauerte sieben Monate und wurde von dem verstärkten I. Bataillon des Eisenbahnpionier-Regiments 2 (I./Eisb.Pi.Rgt.2) ausgeführt.[24]
Bildungswesen
Cherson weist alle in der Ukraine gängigen Schultypen auf. Es gibt drei Universitäten: die Universität Cherson, die Technische Universität sowie eine Marineakademie.
Sehenswürdigkeiten
Adschihol-Leuchtturm
Hier sind Reste der ersten Festungsbauten zu nennen, darüber hinaus Museen und drei bedeutende Kirchenbauwerke: die Katharinenkathedrale (1774) mit dem Grab des Fürsten Potjomkin, die Sophienkirche (1780) und die Heiliggeistkathedrale mit einer großen Kuppel (1836).[4]
↑Die offizielle Webseite der Stadt wurde im Zuge der russischen Invasion 2022 offenkundig gehackt, vgl. im News-Archiv, Februar 2022 die vermeintliche „Ansprache von Präsident W. Selenskyi an die Bürger der Ukraine“ (angeblich vom 25. Februar 2022; ukrainisch), in der es u. a. heißt: „Bis heute haben wir die gesamte militärische Infrastruktur im gesamten Grenzgebiet verloren. […] Militärische Hilfe ist nicht zu erwarten. Heute […] sind ich, der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine und das Ministerkabinett der Ukraine gezwungen, das Territorium der Ukraine zu verlassen […] Ich melde mich schnellstmöglich wieder.“ – Zum Hintergrund derartiger Hacks: Hackers’ Fake Claims of Ukrainian Surrender Aren’t Fooling Anyone. So What’s Their Goal? Artikel von Kate Conger in der New York Times, 5. April 2022 (englisch).
↑Янко М.Т.: Топонімічний словник України: словник-довідник. 1998 (archive.org [abgerufen am 13. November 2022]).
↑Лучик В.В.: Етимологічний словник топонімів України. 2014 (archive.org [abgerufen am 13. November 2022]).
↑ abcDnepr: Odessa–Krim–Schwarzes Meer. Reiseinfoheft von JPM Guides, 2009, S. 25
↑News zum Ukrainekrieg: Belarus schickt weitere Truppen an die Grenze zur Ukraine. In: Der Spiegel. 2. März 2022, ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 2. März 2022]).
↑Thore Schröder: (S+) Ukraine - Cherson nach der Befreiung: Wie geht es den Bewohnern? In: Der Spiegel. 4. Februar 2023, ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. Februar 2023]).
↑Thore Schröder: (S+) Ukraine - Cherson nach der Befreiung: Wie geht es den Bewohnern? In: Der Spiegel. 4. Februar 2023, ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. Februar 2023]).
↑Otto Krahmer: Die 7.Eisb.Pi.Kp.Rgt.3mot. 1938–1945, ohne Ort und Jahr (Selbstverlag des Verfassers, Wittdün/Amrum, 1985), unpaginiert (ca. S. 2, 135, 137, Foto S. 139); sowie Fotomaterial aus Nachlass des Vermessungsoffiziers Erich Fresdorf, das vom Alleinerben bis Ende 2013 bereits größtenteils an das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden abgegeben und der Bundesrepublik Deutschland – vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung – dauerhaft übereignet wurde.
↑Lutz D. Schmadel: Dictionary of Minor Planet Names. Fifth Revised and Enlarged Edition. Hrsg.: Lutz D. Schmadel. 5. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 2003, ISBN 3-540-29925-4, S.186, doi:10.1007/978-3-540-29925-7_2702 (englisch, 992 S., Originaltitel: Dictionary of Minor Planet Names. Erstausgabe: Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 1992): “1978 RT. Discovered 1978 Sept. 1 by N. S. Chernykh at Nauchnyj.”
Städte und Siedlungen städtischen Typs in der OblastCherson