Das Bundesamt für Landestopografie bietet als Kompetenzbereich des Bundes räumliche Referenzdaten und daraus abgeleitete Produkte von hoher Qualität an. Die gesetzliche Grundlage für die Arbeiten von Swisstopo bildet das Geoinformationsgesetz. Neben der Herstellung der Produkte leitet Swisstopo die Koordination der Geoinformation und Geologie auf Bundesstufe und führt das militärgeografische Institut. Swisstopo hat die Oberaufsicht über die amtliche Vermessung und den Kataster der öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen (ÖREB-Kataster) und koordiniert in Zusammenarbeit mit den Kantonen, den Gemeinden und der Privatwirtschaft die Harmonisierung der schweizerischen Geodaten.
Die Digitalisierung der Landestopografie
Bei der Landesvermessung werden Distanzen, Winkel, Höhenunterschiede erfasst und dank zahlreicher Berechnungen zu einem Abbild verarbeitet. Dabei fallen Daten in riesigem Umfang an. Deshalb setzte man wenn immer möglich mechanische Rechenmaschinen ein (z. B. Facit Rechenmaschine, Curta-Rechenmaschine, Rechenschieber), um den Rechenaufwand zu erleichtern.
Ab den 1960er Jahren begann die Landestopografie, elektronisch zu rechnen. Dabei kamen drei Computertypen, die sich gegenseitig ergänzten, zum Einsatz. Bis 1978 berechneten zwei Hewlett-Packard-Tischrechner zahlreiche Winkelfunktionen praktisch auf Knopfdruck. Im Winter, wenn keine Feldarbeit möglich war, wanderte die HP 9100A oft dreimal täglich von Büro zu Büro. Dieser Rechner konnte «19 zwölfstellige Zahlen speichern, ‹mit einem Tastendruck jede Winkelfunktion berechnen› und 500 Additionen pro Sekunde ausführen», wie der Geodät und spätere Direktor der Swisstopo Erich Gubler 1972 festhielt.[1]
Ab 1972 war der HP-35, der erste wissenschaftliche Taschenrechner von Hewlett-Packard, auf dem Markt. Er beherrschte die gleichen trigonometrischen Funktionen wie der ältere Tischrechner HP-9100A. Dank Taschenrechner konnten die Ingenieure ihre Messungen im Feld sofort überprüfen. Das reduzierte die aufwändigen Nachmessungen. Aber die Geräte waren nicht miteinander verbunden. Die Daten mussten von Gerät zu Gerät von Hand übertragen werden, was zu neuen Fehlerquellen führte.
Das Rechenzentrum des Eidgenössischen Militärdepartements (EMD) bot den Ingenieuren der Landestopografie eine Mitbenutzung des IBM-Grossrechners 360/50 an. Dieser konnte bei seinen aufwändigen geodätischen Berechnungen bis zu 130'000 zehnstellige Werte speichern und etwa eine Million Additionen in einer Sekunde ausführen. Weil es noch keine Verbindung von diesem Grossrechner im Rechenzentrum des EMD zu den Tischrechnern der Landestopografie gab, mussten die Ergebnisse der Tischrechner von Hand abgetippt und auf Lochkarten übertragen werden, bevor sie der Grossrechner weiter verarbeiten konnte. Die Lochkarten wurden per Post ans Rechenzentrum des EMD gesandt und die Resultate kamen ebenfalls per Post an die Landestopografie zurück.[1]
In den 1960er Jahren entstand mit dem Projekt RIMINI das erste digitale Höhenmodell der Schweiz. Seine Hauptaufgabe bestand darin, die Fliegerabwehr und die Radaranlagen optimal zu positionieren, so dass Tiefflieger keine Chance hatten, unerkannt zu bleiben. Das in viel Handarbeit unter Mitwirkung von WK-Soldaten erstellte digitale Höhenmodell wurden auf 540'000 Lochkarten gespeichert. Bis in die 1990er Jahre leitete auch Swisstopo digitale Geodaten aus analogen Karten ab, wie dies schon bei RIMINI erfolgt war. Um die Jahrtausendwende erfolgte die Umstellung auf den direkten Weg: Nun wurden die Geodaten direkt aus den Luftbildern abgeleitet.[2]
Im Mai 1978 wurde der hochmoderne Rechner PRIME 400 in Betrieb genommen. Er war über ein PTT-Modem mit dem Rechenzentrum des EMD verbunden. Damit erübrigte sich das zeitraubende Hin- und Hersenden von Lochkarten und Rechenergebnissen per Post. Vor allem eröffnete der PRIME 400 neue technische Möglichkeiten.
Die in den 1980er und 1990er Jahren erstellten Höhenmodelle basierten auf Landeskarten 1:25'000. So entstanden beispielsweise das Höhenmodell DHM25 und das Landschaftsmodell VECTOR25. Ab 2008 wurden die digitalen Modelle nicht mehr wie bisher aus den Landeskarten abgeleitet, sondern die Landeskarten aus dem digitalen Modell. Im Unterschied zu den kartenbasierten Vorgängern entstand das digitale Landschaftsmodell direkt aus den Grundlagen der Luftbilder. Damit erlangte man ein topografisches Landschaftsmodell, das über 25 Millionen landschaftsprägende natürliche und künstliche Objekte umfasst und die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein abdeckt. Die klar abgrenzbaren Objekte wie Häuser oder Strassen verfügen über eine Präzision im Dezimeterbereich.[1]
1899 trat Emma Guggisberg (1879–1949) als erste namentlich erwähnte Frau eine Stelle als «Büreaugehülfin» an. In ihren 36 Karrierejahren in der Kartenverwaltung arbeitete sie sich zunächst zur Kanzlistin zweiter Klasse (1910) und schliesslich zur Kanzlistin erster Klasse (1918) hoch und übte diese Funktion bis zu ihrer Pensionierung 1935 aus.[3]
1901: Das Topographische Bureau wird zur eigenständigen Abteilung im Eidgenössischen Militärdepartement, wofür sich die Bezeichnung Eidgenössische Landestopographie einbürgert.
1919 betrug der Frauenanteil an der Eidgenössischen Landestopographie rund 7 % der Gesamtbelegschaft. Mit Ausnahme von Emma Guggisberg arbeiteten die Frauen als Hilfspersonal. Seit 2001 verdoppelte sich der Frauenanteil von 14 % auf 29 % (2021).[3]
Zwischen 1985 und 1994 unterstützten Angestellte der Landestopografie das lesothische Department of Lands, Surveys & Physical Planning (LSPP) beim Aufbau einer eigenständigen Kartenproduktion mit zeitgemässem Gerätepark. Eine Kartografin und zwei Kartografen absolvierten zudem zwischen 1993 und 1996 einen Teil ihrer Ausbildung in Wabern. Dieses Engagement führte unter anderem zur ersten Nachführung der stark veralteten Generalkarte Lesothos (1:250'000).[8]
2002: L+T wird als Marke, Logo und Kurzbezeichnung durch swisstopo ersetzt; der offizielle Name Bundesamt für Landestopografie bleibt aber bestehen (seit 2005 unter Anpassung an die neue Rechtschreibung).
2018: Die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein gehören weltweit zu den ersten Ländern, die über ein flächendeckendes, dreidimensionales Gebäudemodell verfügen.[9] Nebst dem gesamten Gebäudebestand der Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein werden auch Brücken, Strassen und Wege, Wälder, Einzelbäume, geografische Namen und der öffentliche Verkehr in 3D dargestellt.[10]
2021: Seit dem 1. März werden alle digitalen Standardprodukte von swisstopo kostenlos als Open Government Data zur Verfügung gestellt.[11]
↑Ein digitales Relief für die Schweiz. In: Die Digitalisierung der Landestopografie. Bundesamt für Landestopografie swisstopo, abgerufen am 9. Dezember 2023 (deutsch, französisch, italienisch).
↑F. Kobold: Zum Hinschied von Karl Schneider, ehemaligem Direktor der Eidgenössischen Landestopographie. In: Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik. Nr.5, 1979, S.152–153.
↑Unsere Landeskarten 1973 Schweizerischer Alpen-Club Seite 40
↑C. Eidenbenz: Einsatz der Photogrammetrie bei der Nachführung der Landeskarten, Zeitschrift Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik: VPK = Mensuration, photogrammétrie, génie rural, Band 76(1978), Heft 10 50 Jahre Schweizerische Gesellschaft für Photogrammetrie (SGP) = 50e anniversaire de la Société suisse de photogrammétrie (SSP)