Bradford war bis etwa 1840 eine eher unbedeutende Stadt. Dann entwickelte es im Rahmen der Industrialisierung sich mit den Nachbarstädten Halifax und Huddersfield zum Zentrum der industriellen Wollverarbeitung. Aus der gekämmten und zu Garn gesponnenen Wolle wurden Kammgarngewebe erzeugt, die weltweit exportiert wurden. Auch die Textilindustrie des benachbarten Lancashire wurde mit Garnen beliefert. Im späten 19. Jahrhundert wurde nicht nur die heimische Wolle verarbeitet, sondern auch aus Australien (Merinowolle) und Südamerika (Alpaka- und Schafwolle) importierte Ware. Wie die Nachbarstädte war Bradford eine Hochburg des Nonkonformismus. In Bradford kandidierten 1893 nach einem Streik in der Manningham Mill erstmals in Großbritannien eigenständige Labour-Kandidaten ohne ein Wahlbündnis mit den Liberalen.
1919 wurde Bradford anglikanischerBischofssitz. Den Zweiten Weltkrieg überstand Bradford weitgehend unbeschädigt, allerdings tat etwas anderes seine Schuldigkeit. Die wenigen Kriegsschäden in Bradford veranlassten die Behörden dazu, die Stadt neu zu strukturieren und umzubauen. So ist der Verlust zahlreicher historischer Straßenzüge und im Allgemeinen der Verlust des historischen Gesichts Bradfords zu beklagen. 1966 wurde mehreren Colleges der Status einer Universität verliehen.
Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg kamen die ersten Kaschmiris aus Mirpur im heute pakistanischenAsad Kaschmir nach Bradford. Der pakistanischstämmige Bevölkerungsanteil Bradfords ist heute der höchste in ganz Großbritannien. Hinzu kommen Einwanderer aus Bangladesch, Muslime aus dem indischen Bundesstaat Gujarat und Sikhs aus dem Punjab. Mit 24,7 Prozent ist Bradford nach Blackburn die britische Stadt mit dem zweithöchsten Anteil von Muslimen. Einerseits wurde Bradford dadurch zur Curry Capital und vermarktet sich selbst als multikulturelles Modell. Der aus Bangladesch stammende Mohammed Ajeeb wurde 1985 zum ersten asiatischstämmigen Bürgermeister in Großbritannien gewählt. Andererseits brachte die Zuwanderung von Muslimen aus Südasien spezifische Integrationsprobleme mit sich und oft wird eine ethnische Segregation beklagt, bei der die einzelnen Bevölkerungsgruppen unter sich bleiben. Zwischen dem 9. und 11. Juni 1995 fanden in der Stadt, ausgelöst durch ein polizeiliches Einschreiten gegen „wildes“ Fußballspielen pakistanischstämmiger Jugendlicher, heftige Unruhen vonseiten pakistanischstämmiger Einwohner statt, einschließlich massiver Gewalt gegen nichtmuslimische Personen und Sachen (Plünderungen, Brandstiftungen). Die Unruhen wurden in Großbritannien danach als das Resultat einer lang anhaltenden Politik des Wegsehens und der Vernachlässigung sozialer Fehlentwicklungen im Zusammenhang mit sich selbst überlassener muslimischer Einwanderung diskutiert.[2] In die Schlagzeilen geraten war die Stadt zuvor schon durch die öffentliche Verbrennung der Satanischen Verse von Salman Rushdie durch den Bradford Council of Mosques im Jahr 1989.
Am 11. Mai 1985 kam es im Valley-Parade-Stadion von Bradford zu einer schweren Feuerkatastrophe mit 56 Toten und 265 Verletzten. Während eines Fußballspiels wurde damals die gesamte Haupttribüne zerstört.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
Die Pfarrkirche St. Peter, seit 1919 Kathedrale, stammt im Wesentlichen aus dem 15. Jahrhundert und ist gotisch geprägt. Einzelne Teile stammen jedoch aus normannischer Zeit, Teile der Inneneinrichtung aus späteren Jahrhunderten.
Deobandis und Barelwis wollen in der Stadt jeweils eine monumentale Moschee errichten, wegen Finanzierungsschwierigkeiten konnten diese Projekte bis jetzt jedoch noch nicht vollendet werden. Jedoch bestehen in der Stadt eine Moschee der Ahmadiyya-Gemeinschaft sowie repräsentative Sikh- und Hindu-Tempel.
In einer Industriellenvilla wurde 1904 die Cartwright Art Gallery eingerichtet.
Das Industrial Museum stellt das Leben im Zeitalter der Industrialisierung nach.
Sonstiges
Bradford gilt als gefährliche Stadt und ist Schauplatz der Krimis um Tony Hill und Carol Jordan von Val McDermid. Im deutschsprachigen Fernsehen werden die Krimiverfilmungen unter dem Titel Hautnah – Die Methode Hill ausgestrahlt. Außerdem wird in Bradford, in dem viele südasiatische Einwanderer (größtenteils muslimischen Glaubens) leben, jährlich ein traditioneller mela(basar) veranstaltet.
Sport
Der Fußballverein Bradford City – FA-Cup-Gewinner des Jahres 1911 – spielt seit der Saison 2013/14 in der drittklassigen League One. Mit den Bradford Bulls kann die Stadt außerdem einen erfolgreichen Rugby-League-Club vorweisen.
Im Odsal-Stadion von Bradford fand in den Jahren 1985 und 1990 jeweils das Speedway-Einzel-WM Finale statt.
Der ehemalige Snookerspieler und Weltmeister von 1986, Joe Johnson, stammt aus Bradford.
Daniel Francis (* 2002), englisch-sierra-leonischer Fußballspieler
Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben
Der deutsche Schriftsteller Georg Weerth (1822–1856) lebte von 1843 bis 1846 in Bradford.
Jacob Moser (1839–1922), Unternehmer, Philanthrop und Zionist, lebte 1863 bis 1922 in Bradford.
Smith Wigglesworth (1859–1947), Evangelist, Pfingstprediger, Geistheiler und Autor; hatte großen Einfluss auf die Pfingstbewegung und deren Wachstum im 20. Jahrhundert.
Walter Cramer (1886–1944), Textilunternehmer und Widerstandskämpfer, war Lehrling in Bradford.
Martyn Jope (1915–1996) gründete das Institut für Archäologische Wissenschaften an der Universität Bradford.
Bob Hardy, Bassist der Gruppe Franz Ferdinand, stammt aus Bradford.
Tom Kitwood (1937–1998), Sozialpsychologe und Gerontologe, lehrte und forschte an der Universität Bradford.
Veranstaltungen
In Bradford wird das Bradford International Film Festival veranstaltet, das sich besonders auf die Vorführung von Breitwandfilmen konzentriert[4] und dabei oft restaurierte und selten gezeigte Filme zur Aufführung bringt. Das Festival ist zurzeit die einzige Gelegenheit in Europa, Filme im seltenen Aufnahmeformat Cinemiracle zu sehen, so auch den Film Windjammer aus dem Jahr 1958.