Nach der Inbetriebnahme der Gotthardbahn im Jahr 1882 versuchte der Kanton Bern, eine eigene Nord-Süd-Achse zu erstellen. Die dazu notwendigen Finanzmittel kamen nicht von der Eidgenossenschaft, sondern unverhofft aus Frankreich. Wegen des Verlusts des Elsass und Lothringen 1871 an Deutschland waren Wirtschaftskreise aus Paris an einer internationalen Transitbahn über Delle nach Italien interessiert. Dem Bau gingen jahrelange Streitigkeiten um die Linienführung voraus. Schliesslich setzte sich die vom Berner Alt-Regierungsrat Wilhelm Teuscher projektierte Lötschberglinie durch.[3]
Gründung und Bau
Wenige Monate vor Inangriffnahme der Bauarbeiten wurde am 27. Juli 1906 die Berner Alpenbahn-Gesellschaft Bern–Lötschberg–Simplon (BLS) für den Bau der Lötschberglinie gegründet. Etwas irreführend ist der Name BLS insofern, als das eigene Netz nur von Thun nach Brig reichte. Seit dem 24. Juli 1901 fuhr bereits von Spiez nach Frutigen die Spiez-Frutigen-Bahn; diese Bahn wurde am 1. Januar 1907 für SFr. 3'558'680.67 von der BLS übernommen. Die ersten Sprengschüsse am 15. Oktober 1906 kündigten den Baubeginn des Lötschbergtunnels an. Im gleichen Jahr wurde der Simplontunnel der SBB fertiggestellt. 1911 wurde der Lötschbergtunnel (Länge 14'612 m) zwischen Kandersteg und Goppenstein durchstossen. Als auch die Zufahrtsrampen auf beiden Seiten fertig gebaut waren, konnte am 15. Juli 1913 der durchgehende Betrieb von Spiez nach Brig aufgenommen werden.
Die bereits seit der Eröffnung mit 15'000 V und 16 ⅔ Hz elektrifizierte und aus 33 Tunneln, 3 Lawinenschutzgalerien sowie 22 Brücken bestehende Lötschbergachse wurde zu einer wichtigen Eisenbahnstrecke im internationalen Verkehr, vor allem zwischen dem Elsass und Italien (Domodossola). Die als Versuchsstrecke und Vorläufer für den elektrischen Betrieb seit 1. November 1910 elektrisch betriebene Strecke Spiez–Frutigen war anfänglich für 15 Hz erbaut worden. Die Anlage wurde auf 16 ⅔ Hz angepasst, nachdem anfangs 1913 die Verwaltungen von Preussen, Bayern und Baden sich auf 16 ⅔ Hz als Bahnfrequenz festlegten. Diese Änderung konnte ohne grosse bauliche Veränderung vollzogen werden; einzig die Drehzahlregler der Generatoren mussten angepasst werden.
Erste Betriebsjahre
Per 1. Januar 1913 fusionierte die Berner Alpenbahn-Gesellschaft mit der Thunerseebahn (TSB). Neben der Lötschbergstrecke (Spiez–Brig) umfasste sie fortan auch die Strecke Scherzligen (Thun)–Spiez–Interlaken–Bönigen sowie die Schifffahrt auf dem Thuner- und Brienzersee. Mit der Übernahme der Thunerseebahn wurde die BLS 1913 zur betriebsführenden Gesellschaft der sogenannten BLS-Gruppe mit den folgenden Bahngesellschaften:
1915 kam noch die Grenchenberg-Linie der Münster-Lengnau-Bahn (MLB) dazu, die aber rechtlich von Anfang an Bestandteil der BLS war. Die Linienführung über Delle durch den 8,5 Kilometer langen Grenchenbergtunnel nach Grenchen und Biel sollte Frankreich dem Lötschberg und damit Italien näher bringen. Die Strecke Moutier-Lengnau wurde durch die SBB betrieben, der Stations- und Baudienst lag in der Händen der BLS.
Die internationalen Transitzüge durchquerten nur für kurze Zeit durch den Lötschberg. Seit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs reichten die Erträge nicht aus, die Zinsen zu tragen.
Entwicklung nach dem Ersten Weltkrieg
Nachdem das Elsass und Lothringen 1918 an Frankreich übergingen, verlagerte sich der ursprünglich anvisierte Transitverkehr aus Frankreich via Grenchenbergtunnel auf den Grenzübergang Basel. Doch dank dem wachsenden Güterverkehr zwischen Deutschland und Italien und dem Reiseverkehr ins Wallis hat es der BLS nicht an Verkehrsaufkommen gemangelt. Trotzdem blieben die Einnahmen hinter den Erwartungen zurück und 1923 musste die Bilanz der BLS saniert werden.[4]
Seit den 1950er-Jahren betreibt die BLS einen Autoverlad durch den Lötschbergtunnel. Somit konnte der grosse Umweg mit dem Auto über die Genferseeregion vermieden werden. 1969 wurde der Bahnbetrieb zwischen Interlaken Ost und Bönigen durch einen Busbetrieb abgelöst.
Seit 1992 ist die Lötschbergbahn durchgehend doppelspurig. Die Arbeiten dazu wurden 1977 aufgenommen. Auf Verlangen des Bundes, der 1906 um eine Mitfinanzierung angegangen worden war, wurde der Lötschbergtunnel doppelspurig gebaut und die Zufahrten beim Bau für die Doppelspur vorbereitet.
Fahrleitungstriebwagen Xm 2/2 BLS 9321–22 (1933), BN 9712 (1943) und 9711 (1929) 1943, ab 1948 als Tm 2/2 51–54 bezeichnet
Literatur
Die Lötschbergbahn. In: Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen, 54. Jahrgang, Nr. 7 (24. Januar 1914), S. 105–109 und Nr. 8 (28. Januar 1914), S. 122–125.
Claude Jeanmaire: Mit Kohle, Dampf und Schaufelrädern. Verlag für Eisenbahn- und Strassenbahnliteratur, Basel 1971, ISBN 3-85649-009-7.
W. Brügger: Die Bahnen. In: Das Frutigbuch. Heimatkunde für die Landschaft Frutigen. Paul Haupt, Bern 1977, S. 419–437.
Florian Inäbnit, Jürg Aeschlimann: Bern–Neuenburg-Bahn. Die Linie Bern–Neuenburg der BLS. Prellbock Druck & Verlag, Leissigen 2001, ISBN 3-907579-18-6.
Kilian T. Elsasser, Stephan Appenzeller (Hrsg.): Pionierbahn am Lötschberg. Die Geschichte der Lötschbergbahn. AS-Verlag, Zürich 2013. ISBN 978-3-906055-06-0.