Baumgartner Friedhof

Baumgartner Friedhof
Nordwestlicher Teil des Baumgartner Friedhof mit der Christusstatue

Der Baumgartner Friedhof ist ein Friedhof im 14. Wiener Gemeindebezirk Penzing.

Lage

Der Baumgartner Friedhof liegt im Südosten des Penzinger Bezirksgebietes und gehört zum Bezirksteil Baumgarten (Katastralgemeinde Unterbaumgarten), Waidhausenstraße 52. Der Friedhof wird im Norden vom Flötzersteig, im Westen von der Waidhausenstraße, im Osten von der unregelmäßig verlaufenden Linie Donhartgasse – Wawragasse – Stauffergasse – Donhartgasse und im Süden von einem Grünstreifen (Waidhausenpark) begrenzt. Der Friedhof umfasst eine Fläche von 236.362 Quadratmeter und beherbergt 33.339 Grabstellen.[1] Er ist der fünftgrößte Friedhof Wiens.[2]

Geschichte

Der heutige Friedhof geht auf eine benachbarte Anlage zurück, die 1786 im Bereich der heutigen Hütteldorfer Straße und Seckendorfstraße von den Gemeinden Ober- und Unterbaumgarten errichtet wurde, nachdem die Baumgartner Kirche St. Anna im Zuge der josephinischen Reformen zur eigenständigen Lokalkaplanei erhoben wurde. Die beiden Gemeinden statteten den inmitten von Feldern und Gärten gelegenen Friedhof mit einer Friedhofsmauer und einem Kreuz aus und ließen ihn am 15. Jänner 1786 weihen. Die erste Beisetzung fand am 10. Februar statt. 1839 wurde eine neue Totenkammer erbaut und die Mauer instand gesetzt.

Die westliche Erweiterung des Friedhofs um das Ried Unter-Waidhausen weihte am 31. Oktober 1874 Dechant Emanuel Paletz, der damaligen Pfarrer von Hütteldorf, ein. 1877 wurde der Friedhof neuerlich erweitert.

Nach der Sperrung ihres bisherigen Friedhofs kauften die an der Linzer Straße stadteinwärts liegenden Gemeinden Fünfhaus, Sechshaus und Rudolfsheim (heutiger 15. Wiener Gemeindebezirk) ein Grundstück im Ausmaß von „sechs Joch und 486 Quadratklaftern“, das teilweise auf dem Baumgartner Friedhof, teilweise an ihn angrenzend lag, um hier ihre Toten zu bestatten und vereinbarten vertraglich mit der Gemeinde Baumgarten 1884 die Schaffung eines gemeinsamen Friedhofs. 1888 wurden daraufhin die Leichen aus dem Schmelzer Friedhof (Neulerchenfelder Ortsfriedhof, heute Märzpark) exhumiert und in ein Massengrab nach Baumgarten überführt.

Für den Bau der Hütteldorfer Straße wurde 1884 ein Teil des Friedhofs aufgelöst. 1896 räumte man diesen Teil ab und ebnete ihn ein, um dort die Kaiser-Franz-Joseph-Landwehr-Kaserne zu errichten.

Christusstatue

Im Gegenzug wurde der Friedhof in den 1890er Jahren noch drei Mal um insgesamt rund 54.000 m² erweitert. Der Friedhof erhielt 1902/03 ein Totengräberhaus und eine gedeckten Halle (Wartesaal und Aufbahrungshalle). Stadtbaumeister Josef Münster spendete 1903 eine große Christusstatue, die ursprünglich von Andreas Halbig geschaffen wurde und für die Kathedrale von Esztergom bestimmt war. Auch Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Friedhofsareal laufend, teilweise auch durch Enteignungen, erweitert. Die Friedhofsgebäude musste mehrmals umgestaltet und renoviert werden.

Zum Ende des Zweiten Weltkrieges fanden beim Haupteingang auch mehrere Rotarmisten ihre letzte Ruhe, deren Gräber weiterhin bestehen. Mitte 1945 musste die Neuvergabe von Gräbern aus Platzgründen eingestellt werden. Mehrere Maßnahmen wurden zur Neuvergabe von Gräbern ergriffen. Ab 1947 wurden heimgefallene Gräber neu zugewiesen, 1948/49 Urnengräber angelegt und Anfang der 50er Jahre Schachtgräber aufgelassen und Erweiterungsflächen neu gewidmet.1964 folgte die Eröffnung eines eigenen Urnenhains.

Nach den Erweiterungen der Friedhofsanlage begannen Arbeiter im August 1966 mit dem Abriss der bestehenden Aufbahrungsgebäude. Der Neubau wurde nach den Plänen des Architekten Josef Strelec ausgeführt. Die Innenausstattung erfolgte nach Plänen des Architekten Erich Boltenstern, die künstlerische Ausgestaltung durch den Maler Hermann Bauch. Die neue Halle konnte 1967 eröffnet werden. 1993 bis 1995 wurde die Aufbahrungshallen gemeinsam mit den Zeremonienräumen renoviert und neu gestaltet. 1995 erfolgte die Enthüllung des Mahnmals für die Opfer des Faschismus, das von Leopold Grausam geschaffen wurde und in der Gruppe 1 des Friedhofs gelegen ist.

Am 23. Juli 2008 ereignete sich auf dem Friedhofsgelände ein tödlicher Unfall, bei dem eine Frau von einem rund 200 kg schweren Grabstein erdrückt wurde.[3] Dieser Todesfall inspirierte die in Penzing lebende Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek zu dem Text „Wenigstens die Erde sei ihr leicht und lieb“.

Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten

Ehrenhalber gewidmete Gräber

Ehrenhalber gewidmetes Grab von Willy Hesch
Ehrenhalber gewidmetes Grab von Kurt Horeischy
Ehrenhalber gewidmetes Grab von Heinz Zemanek

Der Baumgartner Friedhof weist 26 ehrenhalber gewidmete Gräber sowie eine historische Grabstelle auf.[4]

Name Lebensdaten Tätigkeit
Franz Binder 1911–1989 Fußballspieler
Leopold Brauneiss 1847–1920 Stadtrat
Josef Gangl 1868–1916 Schriftsteller, Schauspieler
Franz Glaserer 1904–1983 Politiker
Karl Glossy 1848–1937 Literaturhistoriker
Willy Hesch 1860–1908 Opernsänger
Kurt Horeischy 1913–1945 Chemiker und Widerstandskämpfer
Ernst Jirgal 1905–1956 Lehrer und Schriftsteller
Josef Ferdinand Künstler 1792–1857 Pfarrer von Reindorf
Trude Mally 1928–2009 Sängerin und Dudlerin
Rudolf Much 1862–1936 Germanist
Dionys Schönecker 1888–1938 Fußballspieler und -funktionär
Friedrich Schönpflug 1873–1951 Maler und Karikaturist
Rolf Schwendter 1939–2013 Schriftsteller
Friederike Seidl 1936–1987 Politikerin
Heinrich Swoboda 1861–1923 Theologe und Kunsthistoriker
Johann Tabarelli 1898–1956 Schriftsteller und Journalist
Karl Terkal 1919–1996 Opernsänger (historische Grabstelle)
Gerhard Weißenberg 1920–1980 Politiker
Maria Weith 1884–1950 Malerin
Heinz Zemanek 1920–2014 Computerpionier
Heinrich Zita 1882–1951 Bildhauer

Gräber weiterer Persönlichkeiten

Grab von dem Bildhauer Andre (Andreas) Roder mit dem „Denkmal der Mütter“
Grabstätte der Familie Zeman und Götzinger in dem Walter Zeman beigesetzt ist

Weitere bedeutende Persönlichkeiten, die am Baumgartner Friedhof begraben sind:

Name Lebensdaten Tätigkeit
Hanns Abele 1941–2016 Wirtschaftswissenschaftler
Wilhelm Alzinger 1928–1998 Archäologe
Johannes Bischko 1922–2004 Mediziner
Renato Attilio Bleibtreu 1893–1964 Schriftsteller
Fritz Brandstetter 1891–1936 Fußballspieler (Grab aufgelassen)
Kurt Bretterbauer 1929–2009 Geodät
Wolfgang Bruneder 1941–2022 Musikpädagoge
Edmund Daniek 1892–1966 Schriftsteller
Leopold Deutsch 1853–1930 Schauspieler
Auguste Dick 1910–1993 Mathematikhistorikerin
Louis Dité 1891–1969 Komponist
Irmgard Egger 1953–2015 Germanistin
Ernst Exner 1934–2019 Rundfunkjournalist
Ernst Fettner 1921–2021 Journalist
Anton Figl 1895–1963 Politiker
Alfred Eduard Forschneritsch 1872–1917 Schriftsteller
Anton Frisch 1889–1963 Politiker
Leopold Gernhardt 1920–2013 Fußballspieler
Wolfgang Glüxam 1958–2020 Cembalist
Josef Haist 1894–1950 Fußballspieler
Heinrich Hartl 1840–1903 Geodät
Alfred Heinrich 1930–2016 Autor
Karl Hirschbold 1908–1994 Sprachpfleger
Alfred Hofmann 1879–1958 Bildhauer (Grab aufgelassen)
Erich Hofstetter 1912–1987 Politiker
Oskar Huemer 1916–1993 Politiker
Erich Kabesch 1905–1992 Politiker
Rupert Karner 1896–1928 Motorradrennfahrer
Götz Kauffmann 1949–2010 Schauspieler
Johann M. Kauffmann 1910–1965 Orgelbauer
Josef Klein 1870–1933 Komponist
Ernst Klimt 1864–1892 Maler, Bruder von Gustav Klimt
Josef Kohout 1915–1994 KZ-Überlebender
Alfred Körner 1926–2020 Fußballspieler
Robert Körner 1924–1989 Fußballspieler
Franziska Krämer 1899–1988 Politikerin
Paul Kronegg 1885–1935 Operettensänger und Schauspieler
Wolfgang Kummer 1935–2007 Physiker
Karl Kurzmayer 1902–1972 Kameramann
Richard Kuthan 1891–1958 Fußballspieler
Alfred Lehner 1913–1997 Schauspieler
Fritz Leitermeyer 1925–2006 Komponist und Violinist
Hannes Lintl 1924–2003 Architekt
Gerhard May 1898–1980 evangelisch-lutherischer Bischof
Gerhard May 1940–2007 evangelisch-lutherischer Kirchenhistoriker
Armin Medosch 1962–2017 Medienkünstler
Wilhelm Meissel 1922–2012 Schriftsteller
Erich Miksch 1901–1970 Generaldirektor
Maria Mizzaro 1925–2009 Grafikerin und Fotografin
Anton Moser 1872–1909 Sänger
Hans Müller 1896–1971 Schachspieler
Moriz Nähr 1859–1945 Fotograf
Horst Nemec 1939–1984 Fußballspieler
Wilhelm Neusser 1924–1994 Politiker, Stadtrat
Leopold Nitsch 1897–1977 Fußballspieler
Rudolf Nussgruber 1918–2001 Regisseur
Camillo Öhlberger 1921–2013 Fagottist und Autor
Eduard Cuny de Pierron 1808–1883 Wohltäter, Namensgeber der Pierrongasse (Oberbaumgarten)
Bobby Pirron 1918–2007 Musiker (Pirron und Knapp)
August Pitzl 1920–2000 Basketballfunktionär
Lois Pregartbauer 1899–1971 Maler (Grab aufgelassen)
Franz Rauscher 1900–1988 Politiker
Andre Roder 1900–1959 Bildhauer
Gunter Schnaubelt 1942–2012 Fußballschiedsrichter
Karl Schwerzek 1848–1918 Bildhauer
Josef Sliskovic 1901–1984 Elektroingenieur, Pionier des Radios
Herbert Steininger 1933–2005 Jurist
Mimi Stelzer 1900–1957 Schauspielerin
Karl Sterrer 1844–1918 Bildhauer
Gustav Tögel 1907–1981 Fußballspieler
Joe Trummer 1922–2007 Schauspieler
Hildegard Wondratsch 1921–2020 Politikerin
Michael Weinzierl 1950–2002 Historiker
Walter Zeman 1927–1991 Fußballnationaltormann

Literatur

  • Herta Wohlrab: Penzing. Geschichte des 14. Wiener Gemeindebezirkes und seiner alten Orte. Jugend und Volk, Wien 1985, ISBN 3-224-16209-0, S. 153–154.
Commons: Baumgartner Friedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die Geschichte des Friedhofs Baumgarten, Friedhöfe Wien GmbH, abgerufen am 2. November 2021.
  2. Baumgartner Friedhof im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  3. ORF Wien - Frau von Grabstein erschlagen
  4. Friedhöfe Wien GmbH – Ehrenhalber gewidmete Gräber des Friedhofs Baumgarten, Februar 2016 (PDF, abgerufen am 22. Juli 2016; 54 kB)
    Friedhöfe Wien GmbH – Ehrenhalber gewidmete Gräber des Friedhofs Baumgarten, Jänner 2020 (PDF, abgerufen am 16. Jänner 2021; 136 kB)

Koordinaten: 48° 12′ 11″ N, 16° 16′ 55″ O

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