Der Baluster (auch die Docke, Tocke[2]) ist ein untersetztes Säulchen von rundem oder eckigem Querschnitt mit stark profiliertem Schaft. Baluster kommen selten einzeln vor, etwa als stelenartiger Untersatz oder Möbelfuß; häufig werden sie in Reihe als Balustrade verwendet.
Der Begriff Baluster rührt vom französischenbalustre, bzw. vom gleichbedeutenden italienischenbalaustro und geht zurück auf das altgriechische βαλαύστριον / balaustion = Blüte des wilden Granatapfelbaums, unreifer Granatapfel.[3]
Der Begriff Docke stammt vom mittelhochdeutschentocke = Bündel, Walze.[3] In der Kunstsprache verschiedener Handwerke hielt sich der Begriff Docke auch als „Zapfen oder Säule von Holz“.
Formen und Materialien
Das unsymmetrische Profil des klassischen Balusters übernimmt die schwellende und sich nach oben verjüngende Form des unreifen Granatapfels. Die Teile des Balusters wurden von unten nach oben als Fuß, Bauch, Hals und Kopf bezeichnet.[4] Von diesem klassischen Profil abgeleitet gibt es zahllose formale Variationen, die sich teilweise völlig von der ursprünglichen Granatapfelform lösen, jedoch alle eine schwellende oder sich verjüngende Form aufweisen und sich dadurch vom gemeinen und schlankeren Geländerstab absetzen.
Der barocke ArchitekturtheoretikerJohann Friedrich Penther beschrieb die Gestalt eines Balusters 1744 so: „ist ein niedriges Säulchen, nicht viel über 3 Fuß hoch, mit allerhand Ausschweiffung, Bauchung und Einziehung gemacht, auch mit Simswerck, Laubwerck und dergleichen Zierrathen versehen.“[5] Verschiedentlich ist versucht worden, die Balusterformen entsprechend den klassischen Säulenordnungen zu unterscheiden.[6][7]
Das Material der Baluster ist – wie bei den Balustraden – nach dem Verwendungszweck und den Verfügungsmöglichkeiten verschieden, doch schon in der historistischen Architektur um 1900 wurden Baluster und Docken nur noch in seltenen Fällen aus kostspieligem Naturstein hergestellt. Daher wurden schon zu dieser Zeit zumeist Terrakotten oder Kunststein („gefärbter Zement“) verwendet.[8] Neuere Baluster sind aus Beton gefertigt.[9][10] Ferner gab es gedrehte und gedrechselte Baluster aus Holz sowie solche aus Stuckmarmor oder selten aus Metall (Bronze, Gusseisen).[11][12]
Friedrich Mielke: Handläufe und Geländer. Verlag Vögel, Stamsried 2003, ISBN 3-89650-171-2, S. 192–203: Balken-Geländer; S. 204–221: Balustergeländer; S. 228–279: Dockengeländer.
Rudolf Wittkower: The Renaissance Baluster and Palladio. In: Palladio and English Palladianism. London 1974, S. 41–48. (Erstmals in: Bollettino X/1968, Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio).[A 1]
Hisour.com – Artikel über Baluster, etwas holprig übersetzt offensichtlich aus dem Englischen
Einzelnachweise
↑Johann Friedrich Penther: Ausführliche Anleitung zur bürgerlichen Bau-Kunst (Band 1): Enthaltend ein Lexicon Architectonicum oder Erklärungen der üblichsten Deutschen, Französischen, Italiänischen Kunst-Wörter der Bürgerlichen Bau-Kunst (...). Augspurg 1744, Tafel XX. (Digitalisat)
↑ abJohann Friedrich Penther: Ausführliche Anleitung zur bürgerlichen Bau-Kunst (Band 1): Enthaltend ein Lexicon Architectonicum oder Erklärungen der üblichsten Deutschen, Französischen, Italiänischen Kunst-Wörter der Bürgerlichen Bau-Kunst. Augspurg 1744, S. 13 f.: Balustre, hier S. 14. (Digitalisat)
↑Johann Friedrich Penther: Ausführliche Anleitung zur bürgerlichen Bau-Kunst (Band 1): Enthaltend ein Lexicon Architectonicum oder Erklärungen der üblichsten Deutschen, Französischen, Italiänischen Kunst-Wörter der Bürgerlichen Bau-Kunst. Augspurg 1744, S. 13: Balustre. (Digitalisat)
↑Johann Friedrich Penther: Ausführliche Anleitung zur bürgerlichen Bau-Kunst (Band 1): Enthaltend ein Lexicon Architectonicum oder Erklärungen der üblichsten Deutschen, Französischen, Italiänischen Kunst-Wörter der Bürgerlichen Bau-Kunst. Augspurg 1744, S. 13 f.: Balustre, hier S. 14. (Digitalisat)
↑Robert Chitham: Die Säulenordnungen der Antike und ihre Anwendung in der Architektur. Fourier Verlag, Wiesbaden 1994, ISBN 3-925037-77-2, S. 115.
↑Adolf Opderbecke: Die Bauformenlehre, umfassend: Den Backsteinbau und den Werksteinbau für mittelalterliche und Renaissance-Formen. Für den Schulgebrauch und die Baupraxis. 2. vervollständigte und berichtigte Auflage, Verlag von Bernh. Friedr. Voigt, Leipzig 1903 (Digitalisat), S. 251. – Dort auch Angaben zu Proportionen, Abständen und zur Befestigung mit Dollen.
↑Günther Mehling (Hrsg.): Naturstein-Lexikon: Werkstoff, Werkzeuge und Maschinen, Wirtschaft und Handel, Gestaltung und Techniken von der Antike bis heute. Callwey, München 1993, S. 47.
↑Franz Sales Meyer: Ornamentale Formenlehre. Eine systematische Zusammenstellung des Wichtigsten aus dem Gebiete der Ornamentik zum Gebrauch für Schulen, Musterzeichner, Architekten und Gewerbetreibende. Grossherzoglich Badische Kunstgewerbeschule in Karlsruhe. Seemann, Leipzig 1886, Tf. 138. (Digitalisat)
↑Franz Sales Meyer: Systematisch geordnetes Handbuch der Ornamentik: Zum Gebrauche für Musterzeichner, Architekten, Schulen und Gewerbetreibende sowie zum Studium im Allgemeinen. Seemanns Kunsthandbücher Bd. 1. Seemann, 1. Auflage, Leipzig 1888, Tafel 142. (Digitalisat)
Anmerkungen
↑Wittkower bietet einen historischen Abriss über die Entwicklung und Verbreitung sowie eine Klassifizierung verschiedener Balusterarten in der Architektur.