In Preußen hatte die Strecke eine enorme Bedeutung für den Kohleversand aus dem Waldenburger Revier nach Mitteldeutschland und Berlin sowie für den Berufsverkehr zu den dortigen Steinkohleschächten.
Mit dem einsetzenden Fremdenverkehr im schlesischen Riesengebirge wurden direkte Schnellzüge von Berlin über diese Strecke geführt, wie beispielsweise der Bäderzug nach Bad Kudowa, die auch Kurswagen nach Ober Schreiberhau und Krummhübel führten.
Die Strecke war eine der ersten elektrifizierten Eisenbahnstrecken in Deutschland. Die hier gewonnenen Erkenntnisse hatten Pioniercharakter für die weitere Entwicklung der elektrischen Traktion in Deutschland.
Geschichte
Vorgeschichte und Bau
Wrocław–Wałbrzych
Erbaut wurde die Strecke von Breslau bis Altwasser von der Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn-Gesellschaft. Sie war die zweite Bahnlinie in Schlesien und sollte die Abfuhr von Steinkohle aus dem Waldenburger Revier erleichtern. Der Streckenabschnitt zwischen Breslau und Freiburg in Schlesien (polnisch Świebodzice) ging am 29. Oktober 1843 in Betrieb. Der für die Strecke errichtete Freiburger Bahnhof in Breslau ist heute nicht mehr in Betrieb. Die ungünstige Lage am Fuße des Gebirges erforderte das Umladen der Kohle, die zuvor von Fuhrwerken über Gefällestrecken zum Endpunkt der Strecke in Freiburg gebracht werden mussten. Am 10. März 1853 wurde deshalb die Strecke über Altwasser (heute Wałbrzych Miasto) und Waldenburg unt. Bf. zum Wrangelschacht verlängert und ermöglichte so eine direkte Kohleabfuhr. Reiseverkehr wurde jedoch nur bis Altwasser betrieben.[3]
Eröffnungsdaten:
Breslau–Freiburg: 29. Oktober 1843
Freiburg–Altwasser: 1. Mai 1853
Eine Neutrassierung bei Mettkau aufgrund eines geplanten Stausees wurde bereits Ende der 1930er Jahre von der Deutschen Reichsbahn[4] geplant und 1983 von den PKP im Zuge der Anlage des Stausees umgesetzt.
Wałbrzych–Zgorzelec (Schlesische Gebirgsbahn)
Ein erstes Projekt für eine Bahnverbindung von Görlitz über Hirschberg und Waldenburg und weiter nach Glatz stammte schon von 1853. Damals plante Preußen eine eigene direkte Verbindung Berlins mit Wien unter Umgehung des Königreichs Sachsen. Österreich hatte jedoch aus strategischen Gründen kein Interesse an einer parallel zur eigenen Grenze führenden Eisenbahnstrecke.
Erst mit der beginnenden Industrialisierung in Deutschland wurde das alte Projekt wieder aufgegriffen, um einen billigen Transportweg für die im Waldenburger Revier geförderte Steinkohle nach Westen und Berlin zu erhalten. Am 24. September 1862[5] beschloss der Preußische Landtag den Bau der Schlesischen Gebirgsbahn von Kohlfurt nach Waldenburg mit einer Zweigbahn von Görlitz nach Lauban. Die Kilometrierung der Strecke erfolgte in Kohlfurt an die inzwischen verstaatlichte Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn anknüpfend von Berlin aus.
In Görlitz und Kohlfurt beginnend wurde die Strecke abschnittsweise in den Jahren 1865 bis 1867 bis Dittersbach und weiter nach Altwasser fertiggestellt, wo man an die Strecke der Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn-Gesellschaft anschloss.
Nach anfänglichen erfolgreichen Versuchen in Mitteldeutschland, Berlin und Hamburg sollte der elektrische Zugbetrieb auch unter schwierigeren Fernverkehrs-Bedingungen erprobt werden. Hierzu wurde auch ein Abschnitt der Schlesischen Gebirgsbahn ausgewählt. Am 30. Juni 1911 bewilligte der Preußischen Landtag 9,9 Millionen Reichsmark für die sogenannte „Elektrisierung“ der Hauptbahn Lauban–Dittersbach–Königszelt mit Zweigstrecken.
1912 begannen die Bauarbeiten mit dem Kraftwerk Bahnkraftwerk Mittelsteine an der Strecke nach Glatz, welches die für den Bahnbetrieb nötige elektrische Energie kostengünstig aus geringwertiger Steinkohle erzeugten sollte. Den Auftrag zur Ausrüstung der Strecken mit einer Fahrleitung erhielten die Firmen AEG, Siemens-Schuckert und BEW.
Die Fahrleitungen wurden ähnlich der Bauarten auf der Strecke Dessau–Bitterfeld–Leipzig–Halle auf zweigleisiger Strecke und in Bahnhöfen in Jochbauweise sowie auf eingleisiger Strecke mit Einzelmasten errichtet. Die Bahnhöfe Fellhammer Gbf und Jannowitz wurden versuchsweise mit Querseiltragwerken ausgerüstet. Diese Bauweise setzte sich bei der Elektrifizierung von Bahnhöfen in Deutschland bis zum Ende des Jahrtausends als Standard durch. In den Bahnhöfen Nikolausdorf (heute: Mikułowa) und Hermsdorf (heute: Jerzmanki) wurden 1923 Schleuderbetonmasten als Abspannmasten für die Querseiltragwerke errichtet. Nach den Vereinheitlichungsgrundsätzen der Deutschen Reichsbahn wurde ab 1922 auch auf zweigleisigen Strecken zur Einzelmastbauweise übergegangen.
Am 1. Juni 1914 wurde auf der Hauptbahn Nieder-Salzbrunn–Halbstadt der planmäßige elektrische Betrieb aufgenommen. Der Erste Weltkrieg verzögerte zunächst die weitere Elektrifizierung. Bereits eingebaute Fahrdrähte wurden überwiegend ausgebaut und an die Metallmobilmachungsstelle abgeliefert. Um die elektrischen Fahrzeuge auszunutzen, konzentrierte man sich auf die Fertigstellung der steigungsreichen Strecken im Waldenburger Revier. 1915 wurde der erste Abschnitt der Schlesischen Gebirgsbahn auf elektrischen Betrieb umgestellt. Teilweise wurden anstatt der kupfernen Fahrdrähte solche aus Eisen installiert. Erst 1919 wurden die Elektrifizierungsarbeiten auf der Schlesischen Gebirgsbahn fortgesetzt.
1915 wurden die ersten speziell für Schlesien bestimmten Elektrolokomotiven ausgeliefert, die als „schlesischen Kolosse“ bezeichneten Gelenklokomotiven, die dreiteilige EG 538 abc ff., spätere E 91.3, und die EP 202 ff, spätere E 30. Die zweiteilige EG 551 ff., spätere E 90.5 folgte 1918. Die vier ursprünglich für Berlin vorgesehenen (A1)(1A) Triebwagen (spätere DR-Baureihe ET 88) kamen erst 1921/22 hinzu.
Nach der vorläufigen Einstellung des elektrischen Betriebes in Mitteldeutschland im August 1914 wurden ab Frühjahr 1915 bis zum Sommer 1920 einige für Mitteldeutschland vorgesehene Ellok nach Schlesien überstellt bzw. dort angeliefert. Neben einzelnen Versuchslokomotiven (z. B. ES 2 und 3) kamen auch einige der preußischen Serienlokomotiven ES 9 ff und die EG 511–516 (spätere Baureihe E 71) nach Schlesien, wo sie auf den Strecken von Nieder Salzbrunn nach Halbstadt und von Königszelt nach Gottesberg (ab 1920 bis nach Hirschberg) eingesetzt wurden.
Folgende Tabelle zeigt die Eröffnungsdaten des elektrischen Zugbetriebes:
Eröffnung
Strecke
km
15. Juli 1915
Fellhammer – Gottesberg
1,7
1. Januar 1916
Freiburg – Fellhammer
27,9
1. April 1917
Königszelt – Freiburg
9,2
22. Oktober 1919
Gottesberg – Ruhbank
13,3
8. Dezember 1919
Ruhbank – Merzdorf
6,3
16. Januar 1920
Merzdorf – Schildau
15,6
21. Juni 1920
Schildau – Hirschberg
5,1
15. April 1922
Hirschberg – Lauban
51,9
1. September 1923
Lauban – Görlitz
25,58
28. Januar 1928
Breslau Freiburger Bf – Königszelt
48,31
Im Zweiten Weltkrieg
Als gegen Ende des Zweiten Weltkrieges im Februar 1945 die sowjetischen Truppen die Oder überschritten hatten, war die Schlesische Gebirgsbahn bis Mai 1945 die einzige noch funktionierende Ost-West-Verbindung in Schlesien. Ein großer Teil der insgesamt 1,7 Mio. Kriegsflüchtlinge, die zwischen Januar und Mai 1945 aus Schlesien evakuiert werden mussten, wurden über die Schlesische Gebirgsbahn nach Westen transportiert. Nachdem zwischen dem 17. Februar und dem 8. März 1945 die Strecke bei Lauban nach einem Vorstoß der Roten Armee unterbrochen war, wurde ein Großteil der elektrischen Triebfahrzeuge über Polaun und Liebau nach Westen abgefahren. Ein elektrischer Zugverkehr war somit bis zum Kriegsende am 8. Mai 1945 nur noch teilweise möglich. Unmittelbar vor Kriegsende im Mai 1945 wurden der Rohrlacher Tunnel, der Boberviadukt in Hirschberg und der Neißeviadukt in Görlitz durch die Wehrmacht gesprengt.
Im Betrieb der Polnischen Staatsbahn
Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet Schlesien unter polnische Verwaltung und die Schlesische Gebirgsbahn gelangte ins Eigentum der Polnischen Staatsbahn PKP. Wegen der gesprengten Viadukte war zunächst kein durchgehender Zugverkehr möglich. Noch 1945 wurde das zweite Gleis als Kriegsbeute durch die sowjetische Besatzungsmacht abgebaut.
Nach Beseitigung der Schäden an der Energieversorgung konnte 1945 der elektrische Zugbetrieb zwischen Hirschberg (seit 1945: Jelenia Góra) und Waldenburg (seit 1945: Wałbrzych) wiederaufgenommen werden. Wegen des gesprengten Rohrlacher Tunnels musste allerdings sämtlicher Zugverkehr den Umweg über die Nebenbahn Hirschberg–Landeshut nehmen. Letztlich fielen auch die in Schlesien gelegenen elektrifizierten Strecken unter die Reparationsforderungen der Sowjetunion. Ab Juli 1945 mussten die elektrischen Fahrleitungen demontiert werden.[6] 1952 verkaufte die Sowjetunion die bis dahin ungenutzten elektrischen Ausrüstungen und Fahrzeuge an die Deutsche Reichsbahn, die sie für den Wiederaufbau des mitteldeutschen Netzes nutzte.
In den 1960er Jahren begann die PKP mit dem Wiederaufbau der Fahrleitung, nun allerdings für das bei den PKP übliche 3-kV-Gleichstromsystem. Am 18. Dezember 1965 konnte der elektrische Betrieb von Wrocław ausgehend bis Wałbrzych und am 17. Dezember 1966 bis Jelenia Góra aufgenommen werden. Seit dem 20. Dezember 1986 kann auch bis Lubań Śląski (Lauban) wieder elektrisch gefahren werden. Nur der Abschnitt zwischen Görlitz/Zgorzelec und Lubań Śląski blieb bis heute ohne Fahrdraht. Erstaunlich ist, dass für die erneute Elektrifizierung zumindest zum Teil die alten Fahrleitungsmaste aus den 1920er Jahren wiederverwendet wurden.
Vom 30. September 2002 bis 13. Dezember 2008 war der Reisezugverkehr zwischen Zgorzelec und Lubań Śląski eingestellt. Am 14. Dezember 2008 wurde der Personenzugverkehr wiederaufgenommen, jedoch bereits im Mai folgenden Jahres wieder eingestellt. Im Güterverkehr ist dieser Streckenabschnitt wegen des grenzüberschreitenden Verkehrs nach Tschechien (Grenzübergang Zawidów–Černousy) bedeutsam.
Am 11. Dezember 2011 wurde der Reiseverkehr zwischen Zgorzelec und Lubań Śląski durch das woiwodschaftseigene EisenbahnverkehrsunternehmenKoleje Dolnośląskie (KD) mit fünf Zugpaaren wieder aufgenommen.[7] Seit dem 13. Dezember 2015 werden drei Zugpaare grenzüberschreitend von und nach Görlitz durchgebunden.[8] Im Fahrplanjahr 2020 wird dieser Abschnitt ausschließlich von Zügen der Relation (Görlitz –) Zgorzelec – Jelenia Góra bedient, die einen angenäherten Zweistundentakt fahren.
Bahnhof Wrocław Świebodzki
Bahnhof Wrocław Zachodni
Bahnhof Świebodzice
Bahnhof Wałbrzych Miasto
Bahnhof Wałbrzych Główny
Bahnhof Wojanow
Bahnhof Zgorzelec
Im Bahnhofsgebäude Świebodzki von Wrocław befindet sich eine Spielstätte des Teatr Polski we Wrocławiu (Polnischen Theaters in Breslau).
Literatur
Siegfried Bufe: Eisenbahnen in Schlesien. Bufe Fachbuch Verlag, Egglham 2002, ISBN 3-922138-37-3.
Klaus Kasper (Hrsg.): Der Schönhuter Tunnel. Vom Sorgenkind der K.P.E.V. bis zum grössten Einschnitt der Deutschen Reichsbahn. Aus einem ungewöhnlichen Tunnelleben. Bilder, Berichte und Dokumente. Klaus Kasper, Bonn-Oberkassel 2003, ISBN 3-930567-11-3.
Bernd Kuhlmann: Eisenbahnen über die Oder-Neiße-Grenze. Ritzau KG – Verlag Zeit und Eisenbahn, Pürgen 2004, ISBN 3-935101-06-6.
Deutsche Reichsbahn (Hrsg.): Die deutschen Eisenbahnen in ihrer Entwicklung 1835–1935. Deutsche Reichsbahn, Berlin 1935 (Vollständig unveränderter Nachdruck als: Horst-Werner Dumjahn (Hrsg.): Handbuch der deutschen Eisenbahnstrecken. Eröffnungsdaten 1835–1935, Streckenlängen, Konzessionen, Eigentumsverhältnisse. Dumjahn, Mainz 1984, ISBN 3-921426-29-4 (Dokumente zur Eisenbahngeschichte 29)).
H.-J. Wenzel, G. Greß: Die Eisenbahn in Schlesien, Eisenbahnkurier Special 3/2005. EK-Verlag, 2005, ISSN0170-5288.
P. Glanert, Th. Scherrans, Th. Borbe, R. Lüderitz: Wechselstrom-Zugbetrieb in Deutschland, Band 2: Elektrisch in die schlesischen Berge 1911–1945. Oldenbourg Industrieverlag, München 2011, ISBN 978-3-8356-3218-9.
Ryszard Stankiewicz, Marcin Stiasny: Atlas Linii Kolejowych Polski 2014. Eurosprinter, Rybnik 2014, ISBN 978-83-63652-12-8, S.F3 u. G3.