Die Ammergau-Formation ist nach ihrer Typlokalität benannt – den Ammergauer Wetzsteinbrüchen auf der Ostseite des Schartenköpfels (1374 m) in den Ammergauer Alpen südwestlich von Unterammergau. Alternative bzw. synonyme Bezeichnungen sind Ammergauer Schichten, Ammergauer Wetzsteinschichten, Aptychenkalk, Schiefriger Kalk mit Aptychen, Aptychus-Schiefer, Malm-Aptychenschichten, Calpionellenkalk und als südalpines Äquivalent Biancone bzw. Bianconekalk.
Erstbeschreibung
Die Ammergau-Formation wurde erstmals im Jahr 1846 von C. E. Schafhäutl als Ammergauer Wetzsteinschichten beschrieben.[1]
Die Ammergau-Formation schließt den Seekarspitzkalk mit ein.
Unterlagert wird die Ammergau-Formation von der Ruhpolding-Formation oder von der Rofanbrekzie und der Oberseebrekzie. Darüber folgt der Aptychenkalk und der Biancone (elfenbeinweißer, bianconeartiger Bankkalk). Werden beide letztgenannten Einheiten noch in die Ammergau-Formation integriert, so folgt im Hangenden die Schrambach-Formation (Valanginium bis Aptium). Letztere entwickelte sich im Verlauf des Berriasiums aus der Ammergau-Formation durch zunehmenden Tongehalt und durch ein Anwachsen der mergeligen Zwischenlagen.
Bei der Ammergau-Formation, im UmweltAtlas Geologie als nAm designiert, handelt es sich um gebankte, mikritische, kieselige, mergelige Kalke mit Schichtdicken im Zentimeter- bis Dezimeterbereich. Das gut geschichtete, dünnplattige bis flaserige Gestein ist dicht, zeigt muscheligen Bruch und wittert gelblich an. Seine Farbgebung ist variabel und schwankt normalerweise zwischen Hell- und Tiefgrau. Es treten aber auch gelbliche (wachsgelbe), hellgrüne bis fast weiße und lokal auch rötliche Farben auf. Gelegentlich können Ton- und Mergellagen zwischengeschaltet sein.
Proximal erscheinen grobkörnige Resedimente der Flachwasserfazies, im distalen Beckenmilieu auch allodapische (ortsfremde) Kalke in Dezimeter-Bankstärke. In der Beckenfazies finden sich Hornsteinknollen, Hornsteinschlieren und Hornsteinlagen von betont dunkelgrauer bis schwarzer Farbe und mit Anzeichen von Bioturbation.
Die untersten Partien sind in den westlichen und auch in den mittleren Kalkalpen häufig rot gefärbt (Bunte Aptychenschichten). Am Oberrand der Ammergau-Formation kann nochmals ein Rothorizont auftauchen (Tiefentaler Schichten des Achentalgebietes in Tirol).[2]
In der Oberwössener Mulde der Chiemgauer Alpen kann die Ammergau-Formation wie folgt charakterisiert werden: die Formation entwickelt sich in raschem Übergang aus dem Radiolarit der Ruhpolding-Formation. Es sind in den tieferen Lagen hellgraue bis graugrüne oder hell fleischrote bis rote pelitische Mergel oder Knollenmergel-Kalke. Die Gesteine sind knollig-flaserig bis dünnbankig, reich an Drucksuturen (Stylolithen) und enthalten teilweise rote, unregelmäßige Hornsteinknauern. Syngenetische Aufarbeitungen sind häufig. In der Rotfazies treten beiderseits von Klüften graugrüne Reduktionszonen auf. Die verbreiteten Subsolutionserscheinungen sind auf den Schichtflächen der Knollenkalke häufig zu beobachten. Profilaufwärts lässt die Buntfärbung im Gestein nach und es verbleiben graue bis graugrüne Farbtöne. Der lithologische Gesteinscharakter wird ebenfalls gleichförmiger; vorherrschend sind graue, dann und wann rostfleckige Mergel mit einzelnen Bänken von fast weißen Mergelkalken von bianconeartigem Typ. In letzterer Abfolge liegt etwa die lithologische Grenze zu den Aptychenschichten der Unterkreide.[3]
Östlich des Inns erscheinen im Liegenden der Ammergau-Formation so genannte Geröllmergel. Hierbei handelt es sich um Gerölle aus Kalkschlick, der bei der erfolgten submarinen Umlagerung noch plastisch war. Lithologisch sind dies meist grüngefleckte, rostrote, feinkörnige Kalkmergel und Mergelkalke mit ebenfalls rostroten oder hellen Geröllen, die nur mäßige Kantenrundung aufweisen. Klaus Doben (1962) hält die Geröllmergelschichten (zum Teil mit Fließfalten) für echte submarine Abtragungsprodukte, die stellenweise auch noch das Liegende der rotgefärbten Lage mit den Geröllmergeln erfassen können. Sie dürften eine Verflachung des oberjurassischen Meeres anzeigen.[3]
Mächtigkeiten
Die Ammergau-Formation kann in ihrem Verbreitungsgebiet sehr hohe Mächtigkeitsunterschiede an den Tag legen, die stellenweise durch Spezialfaltungen verstärkt werden. So beträgt innerhalb der Allgäu-Decke die Mächtigkeit in der nördlichen Randzone des Westabschnitts 50 bis 100 Meter, diese steigt aber weiter nach Süden bis auf 800 Meter an.[4] Nördlich des Achensees werden sogar Mächtigkeiten von 1000 Meter erzielt. Eine derartig hohe Mächtigkeit wird auch in der Lechtal-Decke des westlichsten Abschnittes der Kalkalpen erreicht, wo sich übrigens extreme Mächtigkeitsschwankungen auf engem Raum einstellen, wie die Reduktion von 800 Meter auf 30 Meter über kurze Distanz deutlich zeigt. Die Mächtigkeiten sind im Ostabschnitt der Nördlichen Kalkalpen mit mehreren Zehnermetern bis 100 Meter entschieden geringer. Auf submarinen Schwellen kann die Formation sehr stark reduziert sein.
Entstehungsbedingungen
Die Ablagerungstiefen der Ammergau-Formation wurden früher mit 2000 bis 4000 Meter angegeben.[5] Ähnlich wie die Oberalm-Formation mit den eingeglittenen Barmsteinen wird sie mittlerweile als eine hemipelagische Beckenserie angesehen (Ablagerungsmilieu 800 bis 2400 Meter), in die Massenströme des Flachwasserbereichs (Seekarspitzkalk) geschüttet wurden.
Das chronostratigraphische Alter der Ammergau-Formation reicht vom Unteren/Mittleren Kimmeridgium bis zum Oberen Tithonium. Die Formation umfasst somit den Zeitraum 155 bis 146 Millionen Jahre.
Die Anwesenheit von Calpionellen wie Calpionella alpina rückt aber die Ammergau-Formation bereits ins Berriasium, wie 2019 von Alexander Lukeneder und Kollegen aus der bajuvarischen Lunzer Decke beschrieben wurde.[7]
Literatur
H.-J. Gawlick u. a.: Jurassic Tectonostratigraphy of the Alpine Domain. In: Journal of Alpine Geology. Band50. Wien 2009, S.1–152.
Werner E. Piller, Hans Egger u. a.: Die Stratigraphische Tabelle von Österreich 2004 (sedimentäre Schichtfolgen). Hrsg.: Österreichische stratigraphische Kommission und Kommission für die paläontologische und stratigraphische Erforschung Österreichs. Österreichische Akademie der Wissenschaften, 2004.
Alexander Tollmann: Analyse des klassischen nordalpinen Mesozoikums. Stratigraphie, Fauna und Fazies der Nördlichen Kalkalpen. Franz Deuticke, Wien 1976.
Friedrich Trauth: Die fazielle Ausbildung und Gliederung des Oberjura in den nördlichen Ostalpen. In: Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt. Band1948/10–12. Wien 1948, S.145–218 (zobodat.at [PDF]).
Einzelnachweise
↑C. E. Schafhäutl: Beiträge zur näheren Kenntnis der Bayerischen Voralpen. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde. Heidelberg 1846, S.641–695.
↑W. Quenstedt: Geologische Exkursion in das Achentalgebiet (Tirol). In: Geologica Bavarica. Band6. München 1951, S.55–64.
↑ abKlaus Doben: Paläontologisch-stratigraphische und fazielle Untersuchungen an der Jura/Kreide-Grenze in den bayerischen Kalkalnen zwischen Inn und Salzach. In: Dissertation Universität München. München 1962, S.97.
↑R. Ulrich: Die Entwicklung der ostalpinen Juraformation im Vorkarwendel zwischen Mittenwald und Achensee. In: Geologica Bavarica. Band41. München 1960, S.99–151.
↑Alexander Tollmann: Analyse des klassischen nordalpinen Mesozoikums. Stratigraphie, Fauna und Fazies der Nördlichen Kalkalpen. Franz Deuticke, Wien 1976.
↑Alois Fenninger, Hans Ludwig Holzer: Fazies und Paläogeographie des oberostalpinen Malms. In: Mitteilungen der Geologischen Gesellschaft in Wien. Band63. Wien 1972, S.52–141 (zobodat.at [PDF]).
↑Alexander Lukeneder, Petra Lukeneder, Luka Gale, Agnes Görög, Daniela Rehakova: Facies changes of the Upper Triassic–Lower Cretaceous Hödl-Kritsch quarry (Lunz Nappe, Northern Calcareous Alps, Austria). In: Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt. 159 Heft 1–4. Wien 2019, S.175–201 (zobodat.at [PDF]).
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