Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C
Eine Möglichkeit der Acetonherstellung besteht darin, Essigsäure mit Calciumcarbonat zu Calciumacetat (1) reagieren zu lassen und dieses zu erhitzen, wobei es in Aceton (2) und Calciumoxid zerfällt („Kalksalzdestillation“).
Dieses Verfahren geht auf die oben genannte historische Synthese von Libavius 1606 zurück.
1917 wurde Aceton erstmals großindustriell von Wacker in Burghausen hergestellt.[15] Dabei wurde das Aceton nach einem Kontaktverfahren durch Überleiten von Essigsäuredampf über erhitztes Metalloxid (Cersalz[15]) gewonnen.[16]
Es ist eine farblose, niedrigviskose Flüssigkeit mit charakteristischem, leicht süßlichem Geruch. Der Siedepunkt bei Normaldruck beträgt 56 °C, mit einer relativen Dampfdichte von 2,01 ist gasförmiges Aceton schwerer als Luft.[18] Es ist in jedem Verhältnis mit Wasser und den meisten organischen Lösungsmitteln mischbar. Das Acetonmolekül zeigt Keto-Enol-Tautomerie. Aceton kann aufgrund seiner polaren Carbonylgruppe mit Kationen auch Komplexverbindungen bilden.
Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,42448, B = 1312,253 und C = −32,445 im Temperaturbereich von 259,2 bis 507,6 K.[20]
Zusammenstellung der wichtigsten thermodynamischen Eigenschaften
Die Temperaturabhängigkeit der Verdampfungsenthalpie lässt sich entsprechend der Gleichung ΔVH0=A·e(−βTr)(1−Tr)β (ΔVH0 in kJ/mol, Tr =(T/Tc) reduzierte Temperatur) mit A = 46,95 kJ/mol, β = 0,2826 und Tc = 508,2 K im Temperaturbereich zwischen 298 K und 363 K beschreiben.[28] Die spezifische Wärmekapazität kann im Temperaturbereich zwischen 5 °C und 50 °C über eine lineare Funktion mit cp = 1,337 + 2,7752·10−3 ·T (mit cp in kJ·kg−1·K−1 und T in K) abgeschätzt werden.[23]
Aceton bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt unterhalb von −20 °C. Der Explosionsbereich liegt zwischen 2,5 Vol.‑% (60 g/m³) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 14,3 Vol.‑% (345 g/m³) als obere Explosionsgrenze (OEG).[29] Eine Korrelation der Explosionsgrenzen mit der Dampfdruckfunktion ergibt einen unteren Explosionspunkt von −23 °C sowie einen oberen Explosionspunkt von 8 °C. Die Explosionsgrenzen sind druckabhängig. Eine Verringerung des Drucks führt zu einer Verkleinerung des Explosionsbereiches. Die untere Explosionsgrenze ändert sich bis zu einem Druck von 100 mbar nur wenig und steigt erst bei Drücken kleiner als 100 mbar an. Die obere Explosionsgrenze verringert sich mit sinkendem Druck analog.[30]
Explosionsgrenzen unter reduziertem Druck (gemessen bei 100 °C)[30]
Der maximale Explosionsdruck beträgt 9,7 bar.[29] Mit steigender Temperatur und sinkendem Ausgangsdruck sinkt der maximale Explosionsdruck.[30] Die Grenzspaltweite wurde mit 1,04 mm (50 °C) bestimmt.[29] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA.[29] Die Sauerstoffgrenzkonzentration wurde mit 9,6 Mol.–% unter Stickstoff und 12,8 Mol.–% unter Kohlendioxid als Inertgas bestimmt.[31] Mit einer Mindestzündenergie von 1,15 mJ sind Dampf-Luft-Gemische extrem zündfähig.[32][33] Die Zündtemperatur beträgt 535 °C.[29] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T1. Unter erhöhtem Druck wird ein starkes Absinken der Zündtemperatur beobachtet.[2] Die elektrische Leitfähigkeit ist mit 4,9·10−7 S·m−1 eher gering.[34]
Als besondere Reaktion sei hier die Iodierung von Aceton als klassisches Beispiel für eine Reaktionskinetik pseudo-nullter Ordnung genannt. Da sich nur die Enolform iodieren lässt, Aceton aber nahezu zu 100 % als Keton vorliegt, kann man bei der Reaktion die Konzentration an 2-Propenol als konstant ansehen. Dessen C=C-Doppelbindung reagiert mit Iod unter Abspaltung eines Iodidions zu einem mesomeren Kation, das anschließend ein Proton auf ein Iodidion überträgt.[35]
Die Einstellung des Keto-Enol-Gleichgewichts ist säure- (und auch basen-) -katalysiert. Durch den entstehenden Iodwasserstoff wird die Iodierung daher stark beschleunigt (Autokatalyse).
Auch Benzalanilin ist synthetisierbar – dabei reagiert das Anilin mit dem sich in alkalischer Lösung befindenden Aceton unter Wasserabspaltung zur Schiffschen Base (Azomethin). Sowohl Dibenzalaceton als auch Benzalanilin sind wertvolle Substanzen, da sie sehr reaktive Doppelbindungen besitzen, die von Nucleophilen angegriffen werden können.
Bildung von Diacetonalkohol
Lässt man je zwei Acetonmoleküle unter dem Einfluss basischer Reagenzien aldolartig dimerisieren, so entsteht Diacetonalkohol:
Aceton und Chloroform dürfen nicht in höheren Konzentrationen gemischt werden, weil es in Gegenwart von Spuren von basisch reagierenden Stoffen zu einer sehr heftigen Reaktion kommt, bei der 1,1,1-Trichlor-2-methyl-2-propanol entsteht. Auch aus diesem Grund sollen im Labor chlorierte und nicht chlorierte Lösemittelabfälle getrennt gesammelt werden.[36]
Verwendung
Aceton ist in der chemischen Industrie Ausgangsstoff für zahlreiche Synthesen. Hauptsächlich dient es zur Herstellung von Polymethylmethacrylat (PMMA), umgangssprachlich als Acrylglas oder Plexiglas bezeichnet. Dazu wird das Aceton zunächst durch Addition von Blausäure in das Acetoncyanhydrin überführt, das im sauren Milieu leicht Wasser abspaltet (Mesomeriestabilisierung der Doppelbindung aufgrund der Konjugation zur Dreifachbindung der Nitrilgruppe). Das dabei entstehende 2-Methylpropennitril wird durch Zugabe eines Gemisches aus konzentrierter Schwefelsäure und Methanol zu Methylmethacrylat umgesetzt, das in einem weiteren Schritt zum Acrylglas polymerisiert wird.
Ferner wird Aceton in Kleinmengen als nützliches Lösungsmittel für Harze, Fette und Öle, Kolophonium, Celluloseacetat sowie als Nagellackentferner und Plastikkleber eingesetzt. Des Weiteren wird es zum Entfernen von durch Bauschaum entstandenen Verunreinigungen zum Beispiel der Reinigung von PU-Schaum-Pistolen eingesetzt. Es löst ein Vielfaches seines Volumens an Ethin (Acetylen).
In einigen Ländern wird Aceton in kleinen Anteilen (1:2000 – 1:5000) Benzin oder Diesel zugesetzt, um eine effektivere Verbrennung des Treibstoffs zu erreichen.
Aceton ist ein in der Leber gebildeter Ketonkörper, der nicht in nennenswertem Umfang verstoffwechselt werden kann. Er wird deshalb über die Lunge oder im Ausnahmefall über den Harn abgegeben (Acetonurie, ein Symptom des Diabetes mellitus). Im Jahr 1857 hatte Wilhelm Petters (1820–1875) das Azeton im Harn und Blut bei Diabetes an dem an Chloroform erinnernden Geruch entdeckt, was Joseph Kaulich (1830–1886) 1860 durch chemische Analyse bestätigen konnte.[37] Andere Ketonkörper sind Acetessigsäure und 3-Hydroxybutansäure. Diese können im Stoffwechsel verarbeitet werden und sind beteiligt an der Energiebereitstellung für die Muskeln.
Toxikologie
Auf der Haut verursacht Aceton Trockenheit, da es die Haut entfettet. Deshalb sollte man betroffene Stellen nach Kontakt einfetten. Inhalation größerer Dosen erzeugt Bronchialreizung, Müdigkeit und Kopfschmerz. Sehr hohe Dosen wirken narkotisch.
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