Beim Westfeldzug folgte die Division ab 15. Mai 1940 in Eilmärschen den vorderen Truppen durch Luxemburg, Belgien und Nordfrankreich. Ab 3. Juni wurde die Aisne und später die Marne bei Sainte-Aulde kämpfend überschritten. In Marschordnung wurde der nun zurückweichende Gegner nach Süden verfolgt. Bis zur Kapitulation Frankreichs am 25. Juni war der Cher an der späteren Demarkationslinie erreicht.
Atlantikwall
Die Division sicherte dann an der Atlantikküste und wurde Ende September nach Paris verlegt. Größere Teile der Division mussten zur Aufstellung der 342. ID abgegeben werden.
Danach wurde der Verband im Januar 1941 aus den Vogesen nach Rumänien verlegt, um als Lehrtruppe zu wirken.
Balkanfeldzug
Am 1. März marschierte die Division jedoch durch das bergige Bulgarien in Richtung Griechenland ab. Hier erfolgte im Balkanfeldzug am 6. April der Durchbruch durch die befestigte Metaxaslinie. Die griechische Nordarmee kapitulierte bereits am 9. April, als Saloniki fiel. Eine Vorausabteilung der Division schlug Teile des britischen Expeditionskorps am Olymp und in der Schlacht bei den Thermopylen. Noch vor den deutschen Panzereinheiten wurde am 26. April Athen erreicht. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde im Landmarsch zu den rumänischen Ölfeldern bei Ploiești verlegt.
Ein erster Sturmangriff auf die Festung Sewastopol scheiterte am 30. Dezember. Als die Rote Armee im Januar 1942 im Osten der Krim landete, wurde das Regiment 105 dorthin abgestellt. Der Rest der Division lag bis Juni 1942 in Stellungen vor Sewastopol. Bei der Eroberung Sewastopols bis 4. Juli hatte auch die 72. ID schwere verlustreiche Angriffe zu führen.
Verlegung zur Heeresgruppe Nord
Nach diesen Kämpfen sollte die Division die Leningrader Blockade unterstützen. Während der Eisenbahnfahrt im Herbst 1942 wurde sie jedoch zur Schlacht von Rschew und später zur Schlacht von Kursk beordert. Ab Sommer 1943 nahm sie an den Absetzbewegungen „Sommerreise“ teil.
In einer weiteren sowjetischen Offensive wurde jedoch die Stadt eingeschlossen. In zähen Häuserkämpfen konnten die Teile der Division in der Stadt ihre Stellungen halten, bis zum Entsatz am 30. November. Als die Stadt am 13. Dezember planmäßig geräumt wurde, zeichnete sich bereits ein größerer Kessel ab in den sich die Division nun zurückzog. Wochenlang unter freiem Himmel in Schlamm- und Schneelöchern hausend, hungernd und ohne ausreichende Munition konnte die Division im Februar 1944 im Nordwestteil des Kessels einige Ortschaften erobern, welche später als Basis für den Ausbruch nach Westen dienten. Als erste Division der mittleren Marschgruppe erkämpften die Überlebenden am 17. Februar den Durchbruch zu den Entsatzkräften nach Lissjanka.
Beim Großangriff der Roten Armee am 16. April wurde die Division ins Gebiet des sogenannten Protektorats Böhmen und Mähren abgedrängt, wo sie am 9. Mai 1945 kapitulierte. Nur wenige Soldaten konnten die Linien der US-Armee bei Karlsbad erreichen – die Masse geriet in sowjetische Gefangenschaft.
Standorte der Divisionseinheiten
In der Neue Goeben-Kaserne lag das I. Bataillon des Infanterieregiment 105, das II. Bataillon in der Neuen Hornkaserne in unmittelbarer Nachbarschaft, das III. Bataillon in Wittlich. Teile des Infanterieregiment 124 lagen in der „Jägerkaserne“ (I. Bataillon) und in der Feyener Kaserne (II. Bataillon), das III. Bataillon in Saarburg.
Das Artillerieregiment der Division lag in der Kemmelkaserne, vor Beendigung des Neubaus in Teilen in der Jägerkaserne.
Gliederung
Veränderungen in der Gliederung der 72. ID von 1941 bis 1945
Insgesamt wurden 49 Angehörige der 72. ID mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet und 144 mit dem Deutschen Kreuz in Gold.
Literatur
Nigel Askey: Operation Barbarossa: the Complete Organisational and Statistical Analysis, and Military Simulation, Volume IIA, Lulu Publishing, 2013, ISBN 978-1-304-45329-7
Karl-Heinz Golla: Der Fall Griechenlands 1941, Verlag E.S. Mittler & Sohn, 2007. ISBN 978-3-8132-0882-5.
Werner Haupt: Die deutschen Infanterie-Divisionen Band 2 - 2.-4.Aufstellungswelle Sommer 1939. Podzun-Pallas Verlag, Friedberg 1992, ISBN 3-7909-0445-7.
Mitcham, Samuel W., Jr. (2007). German Order of Battle. Volume One: 1st – 290th Infantry Divisions in WWII. PA; United States of America: Stackpole Books, S. 122–123. ISBN 978-0-8117-3416-5.
Franz Pesch, Hans May, Matthias Roth und Jupp Steffen: Die 72. Infanterie Division 1939–1945 in Wort und Bild, Podzun-Pallas-Verlag, 1962.
Werner Schulze: Traditionsgemeinschaft der 72. Inf.Div: 72. Infanterie-Division – 342. Infanterie-Division: Dokumentation, Hannover 1978.
Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. 2. Auflage. Band6: Die Landstreitkräfte 71–130. Biblio-Verlag, Bissendorf 1979, ISBN 3-7648-1172-2.