Die Éditions Gallimard zählen gemeinhin zu den prestigeträchtigsten und einflussreichsten Verlagshäusern französischer Sprache. Zu den Autoren des Verlages gehören unter anderem 38 Träger des Nobelpreises für Literatur, 39 Träger des Prix Goncourt und zehn Träger des Pulitzer-Preises.[1]
Gegründet wurde das Verlagshaus 1911 von Gaston Gallimard, der gemeinsam mit André Gide und Jean Schlumberger die Idee hatte, der damals drei Jahre alten Zeitschrift Nouvelle Revue Française einen Buchverlag anzugliedern. Die ersten drei Bücher – L’Otage (Die Geisel) von Paul Claudel, Isabelle von André Gide und La Mère et l’enfant von Charles-Louis Philippe – erschienen im Juni 1911 unter der Verlagsbezeichnung Les Éditions de la Nouvelle Revue Française (NRF).[2] Daraus leitet sich das stilisierte Logo nrf ab, das auch heute noch auf vielen Büchern des Verlags zu finden ist.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von Marcel Duhamel im Gallimard-Verlag die Série noire („Schwarze Reihe“) gegründet, eine französische Reihe von Kriminalromanen US-amerikanischer Herkunft, den sogenannten „Thrillern“. Diese eigenständig, französisch geprägte Gattung war entscheidend verantwortlich für die rasante Entwicklung des Roman noir in Frankreich.[3]
Seit 1992 sind die Éditions Gallimard im Besitz der übergeordneten Holding Madrigall. Zu dieser gehören seit 2015 neben Gallimard auch Flammarion und andere Verlagshäuser. Das Unternehmen wird vom Enkel des Gründers, Antoine Gallimard, geführt. Laut The Guardian profitierten die Éditions Gallimard selbst 2000 noch von André Gide, der gleichsam als Talentsucher die beste „Backlist“ im internationalen Verlagsgeschäft geschaffen habe.[4] Allein 2003 veröffentlichte der Verlag 1418 Einzeltitel. Insgesamt umfasst das laufende Verlagsprogramm rund 17.000 Titel von ca. 7000 Autoren, darunter:
Das Unternehmen machte im Jahr 2003 mit eintausend Mitarbeitern einen Umsatz von 226 Millionen Euro. Im Jahr 2011 wurde in der Bibliothèque nationale de France anlässlich des hundertjährigen Jubiläums eine Ausstellung zur Verlagsgeschichte ausgerichtet.[5]
Gallimard beabsichtigte, die antisemitischen PamphleteBagatelle pour un massacre (1937), L’École des cadavres (1938) und Les Beaux Draps (1941) von Louis-Ferdinand Céline im Jahre 2018 in Neuauflage herauszubringen. Dies führte in Frankreich zu heftigem Widerspruch.[6] Zwar versicherte der Verlag, diese Texte nur mit ausführlichem Kommentar und entsprechendem Vorwort zu drucken,[7] doch in einer Zeit ansteigender antisemitischer Vorfälle hoben kritische Stimmen wie etwa Serge Klarsfeld die Gefährlichkeit eines solchen Unternehmens hervor. Am 11. Januar 2018 stellte Herausgeber Antoine Gallimard das Projekt ein.[8]
Im Juni 2021 kündigten die Éditions de Minuit und Madrigall, Muttergesellschaft der Éditions Gallimard, gemeinsam an, dass Madrigall ab Januar 2022 die Éditions de Minuit übernimmt. Neuer Leiter der Éditions de Minuit wird Thomas Simonnet.[9][10]
Pierre Assouline: Gaston Gallimard – Un demi-siècle d’édition française. Balland, 1984.
Pierre Assouline: Gaston Gallimard: medio siglo de edición en Francia. Península, Barcelona 2003, ISBN 84-8307-544-X.
Film
Im Reich der Bücher. Gallimard. (OT: Gallimard, Le Roi Lire.) Dokumentarfilm, Frankreich, 2011, 93:20 Min., Buch und Regie: William Karel, Produktion: Films du Bouloi, arte France, INA, France Télévisions, deutsche Erstsendung: 10. Februar 2014 bei arte, Inhaltsangabe von arte.
↑Siehe zur Geschichte der série noire: Emmanuelle Papazian: Brève histoire de la Série Noire. In: La République des Lettres, 30. Juli 2010, online (Memento vom 3. Februar 2011 im Internet Archive) zuletzt abgerufen am 10. Mai 2013.