Wendingen (niederländisch: Wendungen oder Drehungen) war eine Architektur- und Kunstzeitschrift, die von 1918 bis 1933 erschienen ist. Die Zeitschrift, die sich an Architekten und Innenarchitekten richtete, erhielt nicht nur aufgrund ihres Inhalts viel Anerkennung, sondern auch wegen der stilbildenden Gestaltung und der markanten Typographie.
Inhalt und Gestaltung
Die Publikation geht auf eine Initiative der Amsterdamer Gesellschaft Architectura et Amicitia (Architektur und Freundschaft) zurück. Chefredakteur war der Architekt und DesignerHendrik Wijdeveld (1885–1987). Die anderen Mitglieder der Redaktion waren ebenfalls Architekten. Sie waren alle von Pierre Cuypers, einem der bedeutendsten Architekten des Historismus, ausgebildet worden. Darüber hinaus übten zwei Spezialisten auf dem Gebiet der Illustration, Jan Lauweriks und Richard Roland Holst, lange Zeit einen großen Einfluss auf die Gestaltung der Zeitschrift aus.
Alle Ausgaben von Wendingen waren einem bestimmten Thema aus dem Bereich der Architektur, Kunst oder dem Design gewidmet. Zu den herausragenden Themen gehörten u. a. die dekorative Architektur der Amsterdamer Schule, der Funktionalismus der Neuen Haager Schule mit ihrem Hauptvertreter Willem Marinus Dudok und eine siebenbändige Serie über Frank Lloyd Wright. Weitere Inhalte waren Fragen der Stadtentwicklung und der architekturbezogenen Skulptur. Wendingen beschränkte sich aber nicht auf Architekturthemen, sondern befasste sich auch mit anderen Kunstdisziplinen wie z. B. Innenarchitektur, Design von Gebrauchsgegenständen, Grafik, Theater und Tanz. Es gab auch eine Sonderausgabe zur Art déco mit Entwürfen von Eileen Gray.
Wendingen bot ein Forum für Architekten und Künstler, die sich mit aktuellen Fragen ihres Berufsstandes auseinandersetzen wollten. Darüber hinaus wurde für jede Ausgabe ein anderer Künstler mit der Gestaltung des Einbands beauftragt, was ebenfalls zur Vielfalt der verschiedenen künstlerischen Perspektiven beitrug und den Bekanntheitsgrad der einzelnen Künstlerinnen und Künstler erhöhte. Der Chefredakteur Hendrik Wijdeveld bot den Künstlern maximale Freiheit. So musste der Entwurf des Einbands nicht mit dem Inhalt einer Ausgabe übereinstimmen. Mystisch-symbolische Entwürfe von Holst und Jan Toorop wechselten sich ab mit dem funktionalen Design von Dudok und Leendert van der Vlugt oder den rein dekorativen Entwürfen von Lauweriks und Carel Adolph Lion Cachet (1864–1945). Auch den Gestaltern von Anzeigen wurden keine Regeln auferlegt.
Die Ausgaben der Zeitschrift waren nach den Vorgaben von Lauweriks mit einem Faden gebunden und hatten alle ein quadratisches Standardformat von 33 × 33 cm. Das Design des Einbandes setzte sich in der Regel auf der Rückseite des Magazins fort. Der Druck erfolgte einseitig auf Reispapier. Die Seiten wurden gefaltet und von Hand gebunden. Schrift, Dekoration und Bilder wurden gleich behandelt. Die Typografie wurde maßgeblich von Wijdeveld beeinflusst und ist unter dem Namen Wendingen- oder auch Wijdeveld-Stil bekannt geworden. Die Zeitschrift hatte aufgrund ihrer dynamischen Gesamtkompositionen einen großen Einfluss auf Werbung und Buchgestaltung. Auch in der Kunstzeitschrift De Stijl fanden sich bald Elemente des Wendingen-Stils.
Ausgaben
Wendingen erschien zum ersten Mal drei Monate nach der Erstausgabe von De Stijl. In den 15 Jahren zwischen 1918 und 1933 wurden insgesamt 116 Ausgaben veröffentlicht. Pro Jahr kamen durchschnittlich acht Ausgaben heraus. Die Auflage der Ausgaben variierte dabei von 650 bis 1300 Zeitschriften. Die Frank-Lloyd-Wright-Serie von 1925 zählte zu den auflagenstärksten Ausgaben der Zeitschrift. Bis 1923 brachte die Verlagsanstalt de Hooge Brug aus Amsterdam die Zeitschrift heraus. 1924 folgte als Herausgeber der Verlag von Constantinus Alting Mees (1894–1978) aus Santpoort. Im Februar 1933 erschien die letzte Ausgabe von Wendingen.
Wendingen sollte ursprünglich monatlich erscheinen mit 12 Nummern pro Jahrgang. Um dies zu erreichen, vereinigte man bereits 1918 zwei Nummern in einer Ausgabe. 1919 wendete man dieses Verfahren für zwei Ausgaben an. Trotzdem erschien Ausgabe Nr. 12 des Jahrgangs 1919 erst im Februar 1920. In den folgenden beiden Jahrgängen vereinigte man jeweils dreimal zwei Nummern in einer Ausgabe. Die Publikation der Ausgabe Nr. 12 des Jahrgangs 1921 verzögerte sich allerdings bis November 1922. Da man bereits fast ein Jahr mit den Ausgaben zurücklag, wurde der Jahrgang 1922 übersprungen und man veröffentlichte im Januar 1923 die Ausgabe Nr. 1 des Jahrgangs 1923. Auch der Jahrgang 1926 wurde übersprungen, nachdem die Ausgabe Nr. 11/12 des Jahrgangs 1925 erst im September 1926 erschienen war. In den Folgejahren kam es wieder zu Verzögerungen, so dass die letzte Ausgabe Nr. 11/12 des Jahrgangs 1931 im Februar 1933 veröffentlicht wurde.