Vertragspsychotherapeut

Der Vertragspsychotherapeut (herkömmlich auch Kassenpsychotherapeut) ist ein approbierter, niedergelassener Psychotherapeut mit einem Vertragspsychotherapeutensitz. Die Zulassung als Vertragspsychotherapeut ist in der Zulassungsverordnung[1] geregelt und setzt den Eintrag in ein Arztregister voraus. Das Arztregister wird von den Kassenärztlichen Vereinigungen geführt, die die ambulante ärztliche und psychotherapeutischen Versorgung organisieren. Die Zulassung erfolgt auf Beschluss eines Zulassungsausschusses und gilt nur für den Bezirk des Vertragspsychotherapeutensitzes. Ungeachtet der vertraglichen Bindung gehört der Vertragspsychotherapeut in Deutschland und Österreich zu den Freien Berufen.

Organisation und Rechtliches

Bis zur Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) im Jahr 1999, waren Psychotherapeuten noch im sogenannten Delegationsverfahren auf die Zuweisung von Ärzten angewiesen. Diese Unterscheidung wurde vom Gesetzgeber im Zuge einer Reform des Gesundheitswesens aufgegeben. Seit 1. Januar 1999 gelten die Zulassungsbestimmungen analog der Ärzte-Zulassungsverordnung.[2]

Der Vertragspsychotherapeut kann allein, in einer Praxisgemeinschaft, in einer Berufsausübungsgemeinschaft (früher: Gemeinschaftspraxis), in Teilgemeinschaftspraxis oder in einem Medizinischen Versorgungszentrum tätig werden. Angestellte Psychotherapeuten in Medizinischen Versorgungszentren haben keinen Vertragspsychotherapeutenstatus, sind aber, da sie im Arztregister eingetragen sein müssen, Mitglieder der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen.

Für die Psychologische Psychotherapeuten wird über eine Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung festgelegt, wie viele Therapeuten sich in einem Bezirk niederlassen dürfen. Daher ist in vielen Bereichen eine freie Niederlassung nicht mehr möglich. Kassenzulassungen werden auch von Kollegen, die in den Ruhestand gehen, verkauft.

Versorgung

Anzahl psychologisch psychotherapeutischer Einzelpraxen, 2015: 20.021

Anzahl psychologisch psychotherapeutischer Gemeinschaftspraxen, 2015: 592

Anzahl gemischte ärztlich-psychologisch psychotherapeutischer Gemeinschaftspraxen, 2015: 25[3]

Beendigung der Kassenzulassung

Bis 2008 verloren Kassenpsychotherapeuten mit Vollendung des 68. Lebensjahres automatisch ihre Zulassung als Vertragspsychotherapeut.[4] Dies wurde am 17. Oktober 2008 vom Bundestag mit Wirkung vom 1. Januar 2009 aufgehoben.[5] Über die Weiterführung einer bestehenden Psychotherapiepraxis nach Rückgabe des Kassensitzes wird durch die Kassenärztlichen Vereinigungen entschieden. In § 103 Abs. 4 SGB V ist dieses Nachbesetzungsverfahren geregelt.[6] Der Bezug einer Rente aus dem berufsständischen Versorgungswerk ist von den jeweiligen Psychotherapeutenversorgungen abhängig.

Einkommenssituation

Praxis-Bilanzen der Vertragsärzte und Psychologischen Vertrags-Psychotherapeuten

Facharztbezeichnung Jahresüberschuss 2014 in Euro, Quelle Zi-Praxis-Panel 2015
Radiologe 348.800
Fachärztlich tätiger Internist, Gastroenterologie 235.600
Fachärztlich tätiger Internist, sonstige Fachgebiete 294.500
Fachärztlich tätiger Internist, ohne/mehrere Schwerpunkte 229.800
Augenarzt 226.100
Kinder- und Jugendarzt 158.000
Urologe 189.500
Orthopäde 199.100
Gynäkologe 167.900
Allgemeinarzt 158.200
HNO-Arzt 159.500
Chirurg 166.400
Dermatologe 202.100
Psychiater 123.200
Psychotherapeut 70.700
Durchschnitt aller Fachgruppen 156.200

Das genannte Einkommen ist nicht mit dem verfügbaren Einkommen der Vertragsärzte und -psychotherapeuten zu verwechseln. Der Vergleich der Einkommen ist z. B. mit Bruttogehältern von Angestellten nicht ohne weiteres möglich, da bei Arbeitnehmern der Arbeitgeber die Hälfte der Sozialabgaben, also die Hälfte der Beiträge zu Kranken-, Pflege, Arbeitslosen- und Rentenversicherung trägt. Diese Absicherungen muss der Selbstständige in voller Höhe aus seinem Einkommen aufbringen, außerdem Beiträge für eine Tagegeldversicherung, denn er erhält keine Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber bei Krankheit oder Schwangerschaft. Im Übrigen sind die angegebenen Zahlen Durchschnittswerte, die naturgemäß stark streuen. Die Zahlen enthalten die Einnahmen von Privatversicherten und Selbstzahlerleistungen.[7] Diese Werte werden alle vier Jahre vom Statistischen Bundesamt erhoben.

Einzelnachweise

  1. Zulassungsverordnung Ärzte-ZV. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abgerufen am 29. Juni 2017.
  2. Übergangs- und Schlussbestimmungen: Ärzte-Zulassungsverordnung Abschnitt XIII § 47 (2): "Die §§ 25 und 31 Abs. 9 gelten erst für Anträge von Psychotherapeuten, die nach dem 31. Dezember 1998 gestellt werden."
  3. Ambulante Angebotsstrukturen. In: Gesundheitsdaten. KBV, 2017, abgerufen am 2. Juli 2017.
  4. Regelung bis Ende 2008
  5. Artikel des Büros gegen Altersdiskriminierung vom 1. Jan. 2009
  6. Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) § 103 Zulassungsbeschränkungen. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abgerufen am 29. Juni 2017.
  7. Statistischen Bundesamt Fachserie 2, Reihe 1.6.1 (Stand Oktober 2009) für das Jahr 2007

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