(Atala) Thérèse Wartel, geb. Adrien (auch Thérèsa Wartel) (* 2. Juli1814 in Paris; † 6. November1865 ebenda) war eine französische Pianistin, Klavierlehrerin und Komponistin. Sie schrieb außerdem Musikkritiken für die Pariser Zeitung La Patrie, die Revue et Gazette Musicale sowie für Wiener Zeitungen[1].[2]
Die in Paris geborene Thérèse Wartel war die Tochter des Opernsängers und am Pariser Conservatoire lehrenden Martin-Joseph Adrien (auch Andrien) (1767–1822) und der Baronin Gabrielle Constance de Philippy de Bucelly d'Estrées (1782–1854). Ihre Schwester war die Klaviervirtuosin Rosine-Charlotte DelSarte, Ehefrau des französischen Musik- und Bewegungslehrers Francois DelSarte (1811–1871).[3]
Thérèse Wartel studierte bis 1830 Klavier am Pariser Conservatoire, wurde Klavierbegleiterin und war dort von 1829 bis 1838 Lehrerin für Solfège.[4] 1838 trat sie als erste weibliche Solistin überhaupt in der Société des Concerts du Conservatoire auf. Dieses 1828 gegründete Orchester widmete sich besonders der Aufführung von Werken Beethovens und regte viele weitere Orchestergründungen in Frankreich an.[5]
1833 heiratete sie den Tenor Pierre-François Wartel (1806–1882), er war an der Pariser Oper engagiert und besonders als Interpret Schubert’scher und Beethoven’scher Lieder bekannt. Das Paar bekam 1834 einen Sohn, Émile, der später viele Jahre lang am Théâtre-Lyrique auftrat und eine eigene Gesangsschule gründete.
Auf ihren Konzerten der 1830er und 1840er konzertierte sie u. a. mit dem renommierten Violinisten Joseph Joachim und führte auch ihre eigenen Kompositionen auf. 1842/43 unternahm sie eine gemeinsame Konzertreise mit ihrem Mann nach Wien, Prag und Berlin. In Wien schenkte ihr der Verleger Carl Haslinger das Autograph von Beethovens Violinsonate op. 30 Nr. 3 (heute im British Museum London). In Berlin machte Thérèse Wartel Bekanntschaft mit Wilhelm und Fanny Hensel, die ihr das Lied „Wer dich gesehn“ widmete. Von Wilhelm Hensel, zu der Zeit Königlicher Hofmaler in Berlin, wurde sie porträtiert.[6]
„1847 wurde in Paris unter maßgeblicher Beteiligung“[7] Thérèse Wartels die Société de musique classique gegründet, die neben den Sinfoniekonzerten des Konservatoriums Kammermusik aufführte.[8] Ein Schwerpunkt waren die Kammermusikwerke von Beethoven und Mozart. Thérèse Wartel nahm eine führende Rolle in dem bis 1849 bestehenden Ensemble ein und wurde zu einer der wichtigsten Beethoven-Interpretinnen in Paris. Ab 1850 unternahm sie auch Konzertreisen nach London, Wien und nochmals nach Deutschland. Bis kurz vor ihrem Tod gab sie regelmäßig Konzerte in Frankreich.[9]
Thérèse Wartel starb im Alter von 51 Jahren in Paris.
Werk
Kompositionen für Klavier (Auswahl)
Souvenir français. Caprice pour Piano, Wien 1843[10]
6 Pièces de Caractère et de Rythme différentes faciles et intstructives (1853)[20]
L’Eroe de Lancastro. Opéra de Westmorland. Transcription [für Klavier] op. 20, Wien, Spina (1853)[21]
Bruyère des Montagnes Romance sans Paroles op. 21, Wien (1854)[22]
Schriften (Auswahl)
„Künstler-Portraits aus der Londoner musikalischen Saison 1859“, in: Süddeutsche Musik-Zeitung vom 17. Oktober 1859, S. 165 (online).
Leçons écrites sur les sonates pour piano seul de L. van Beethoven, Paris 1865.
Literatur
Reinhard Kapp: „Zeitgenossenschaft und historisches Bewusstsein“ In: Thomas Ertelt, Heinz von Loesch (Hg.): Geschichte der musikalischen Interpretation im 19. und 20. Jahrhundert. Band 1: Ästhetik – Ideen, Kassel 2019, S. 257–292, hier S. 261.
Ursula Kramer: „,A defaut d’instruments à vent’ – Louise Farrenc und die Kammermusik mit Bläsern im Paris der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“. In: Rebecca Grotjahn, Christin Heitmann (Hg.): Louise Farrenc und die Klassik-Rezeption in Frankreich. BIS-Verlag, Oldenburg 2006, ISBN 3-8142-0964-8 (Link zum Volltext), S. 51–67.
Beate Angelika Kraus: „Elly Ney und Thérèse Wartel: Beethoven-Interpretation durch Pianistinnen - eine Selbstverständlichkeit?“ In: Cornelia Bartsch, Beatrix Borchard, Rainer Cadenbach (Hg.): Der „männliche“ und der „weibliche“ Beethoven. Bericht über den internationalen musikwissenschaftlichen Kongress vom 31. Oktober bis 4. November 2001 an der Universität der Künste Berlin (= Veröffentlichungen des Beethoven-Hauses in Bonn. Reihe 4: Schriften zur Beethoven-Forschung. Band 18). Verlag Beethoven-Haus, Bonn 2003, ISBN 3-88188-080-1, S. 429–447.
Vgl. Beate Angelika Kraus: „Eine Frauenkarriere in Beethovens Heiligtum? Louise Farrenc im Paris des 19. Jahrhunderts“. In: Rebecca Grotjahn, Christin Heitmann (Hrsg.): Louise Farrenc und die Klassik-Rezeption in Frankreich. BIS-Verlag, Oldenburg 2006, ISBN 3-8142-0964-8 (Link zum Volltext), S. 15–29.
↑Vgl. Beate Angelika Kraus: „Eine Frauenkarriere in Beethovens Heiligtum? Louise Farrenc im Paris des 19. Jahrhunderts“. In: Rebecca Grotjahn, Christin Heitmann (Hrsg.): Louise Farrenc und die Klassik-Rezeption in Frankreich. BIS-Verlag, Oldenburg 2006, ISBN 3-8142-0964-8 (Link zum Volltext), S. 15–29, hier S. 16 f., 20.
↑Reinhard Kapp: „Zeitgenossenschaft und historisches Bewusstsein“ In: Thomas Ertelt, Heinz von Loesch (Hg.): Geschichte der musikalischen Interpretation im 19. und 20. Jahrhundert. Band 1: Ästhetik – Ideen, Kassel 2019, S. 257–292, hier S. 261.
↑Vgl. Reinhard Kapp: „Zeitgenossenschaft und historisches Bewusstsein“ In: Thomas Ertelt, Heinz von Loesch (Hg.): Geschichte der musikalischen Interpretation im 19. und 20. Jahrhundert. Band 1: Ästhetik – Ideen, Kassel 2019, S. 257–292, hier S. 261.