An Stelle der heutigen Kirche befand sich als ein romanischer Vorgängerbau die Marienkirche. Deren unterer Teil blieb als Südwestturm erhalten. Die Fensterarkaden des Turms lassen sich auf das ausgehende 12. Jahrhundert datieren. Wegen Baufälligkeit wurde der Turm ab 1434 bis zum zweiten Obergeschoss abgetragen.
Der Bau der Kirche St. Georg begann 1413/14 und dauerte bis 1509.[1] Dabei wurde der Neubau um die romanische Kirche herum errichtet. Man sieht noch heute anhand einer Naht sowie der romanischen Rundbögen der Fenster am höchsten der drei Türme, wo alte und neue Kirche verbunden wurden. Die neue Kirche wurde 1500 durch den Bischof von Würzburg geweiht. Daran erinnert die Inschrift Anno domini MCCCCC completum est praesens opus („Im Jahr des Herrn 1500 ist vollendet worden das gegenwärtige Werk“) im Chorraum.
Der teilweise abgetragene Südwestturm wurde ab 1570 wieder aufgebaut. Er erhielt in etwa 50 Meter Höhe eine Türmerwohnung, die von 1571 bis 1935 bewohnt wurde. Der beim Neubau neu errichtete Nordwestturm wurde baulich anders gestaltet, die beiden unterschiedlichen Türme sind heute ein Wahrzeichen der Kirche.
Die Kirche ist eine dreischiffige, breit proportionierte spätgotische Hallenkirche. Sie weist verschiedene, reiche und teils virtuose Gewölbeformen auf. Sie zeigen teilweise auch Maßwerkformen. Die Dienste, die den Pfeilern vorgelagert sind, ruhen auf verschieden gestalteten Konsolen mit Kopfmotiven. Der Chor mit Netzgewölben schließt sich in der Breite des Mittelschiffs an den Triumphbogen an. Er endet nach Osten in einem Fünfachtelschluss. An der Nordseite des Chores ist die Sakristei mit der darüber liegenden Paramentenkammer und Bibliothek angebaut.
Insgesamt ist die Seite der Kirche, die zum Markt zugewandt ist, reicher verziert als die vom Markt abgewandte Seite. Besonders der Chor ist reich mit Maßwerkauflagen verziert und verfügt über Spitzbogenfenster mit reichem Maßwerk. Auffällig ist die Bauplastik an einem Chorstrebepfeiler, die eine porträthafte Darstellung eines Kopfes in einem Fenster mit Fensterladen zeigt. Ein Kielbogenportal mit Maßwerk ist auf der Südseite angeordnet.
Ausstattung
Die mittelalterliche Ausstattung wurde nach der Reformation weitgehend beseitigt. Besonders zum Anfang des 17. Jahrhunderts kam es zu heftigen Auseinandersetzungen über die Ausstattung. Im Dezember 1608 wurden im Schmalkalder Bildersturm durch Landgraf Moritz von Hessen-Kassel Kruzifixe, Skulpturen und Epitaphe aus der Kirche entfernt und die Bemalung an Wänden und Emporen übertüncht.[2] Die Bemalungen der Tafeln an den Emporen von 1503 wurden um 1900 in den Brüstungen aus der Barockzeit wiederentdeckt.
Der Altar besteht nur aus der gemauerten Mensa. Der spätgotische Taufstein stand ursprünglich im Westteil der Kirche (beim Glockenturm) und wurde im Jahr 1560 im Chorraum aufgestellt.[3] Die Kanzel wurde 1669 fertiggestellt. Ein Kronleuchter wurde 1642 angefertigt.
Die den Innenraum zu einem Gesamteindruck bindenden Glasfenster schuf Charles Crodel. Die Glasmalereien der Orgelempore spielen mit Bildmotiven des Hohen Liedes Salomonis und erreichen die Qualität der frühen, in Jena entstanden Farbholzschnitte Crodels.
An Luthers Aufenthalt erinnert die sogenannte „Lutherstube“, die ehemalige Paramentenkammer über der Sakristei. Hier hielt sich der Kirchenreformer vor den Gottesdiensten auf. Die „Lutherstube“ verfügt über ein Kreuzigungsgemälde aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, einen dreiflügeligen Schnitzaltar und einen sitzenden Schmerzensmann (Christus in der Rast) aus der Zeit um 1500.
Das Instrument wurde 2023 von Mitteldeutscher Orgelbau A. Voigt überarbeitet, ungleichstufig auf Neidhardt „Kleine Stadt“ umgestimmt und auf ein Bus-System mit Setzeranlage an einem neuen Spieltisch umgerüstet. Die aktuelle Disposition lautet:[7]
I Rückpositiv C–g3
Gedackt
8′
Prästant
4′
Rohrflöte
4′
Oktave
2′
Sifflöte
1′
Sesquialter II
Scharff IV
1′
Krummhorn
8′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
Bourdon
16′
Prinzipal
8′
Gemshorn
8′
Viola da Gamba
8′
Oktave
4′
Flauto amabile
4′
Quinte
22⁄3′
Oktave
2′
Mixtur IV
11⁄3′
Kleinmixtur III
1⁄2′
Trompete
8′
III Seitenwerk C–g3
Holzgedackt
8′
Quintatön
8′
Prinzipal
4′
Traversflöte
4′
Waldflöte
2′
Nasat
22⁄3′
Terz
13⁄5′
Spitzquinte
11⁄3′
Cymbel III
1⁄2′
Rankett
16′
Oboe
8′
Tremulant
Pedal C–f1
Violon
16′
Subbass
16′
Quintbass
10 2/3′
Oktavbass
8′
Gedacktbass
8′
Choralbass
4′
Rauschpfeife II
22⁄3′
Posaune
16′
Trompete
8′
Glocken
Die Stadtkirche St. Georg verfügt über fünf Glocken aus dem 19. Jahrhundert. Die größte Glocke, genannt „Große Oster“, zählt zu den größten Thüringens.
Nr.
Name
Gießer
Gewicht
Durchmesser
Nominal
Inschrift
1
Große Oster
Robert Mayer, Ohrdruf, 1852
3606 kg
1830 mm
a0
Stumm ein entschlafender Schwan, so harrt ich vergessen der Zukunft.
Ach mich beseelte kein Klang, grüßte kein festlicher Chor.
Doch, da erglühte die Brust mir in läuternder Flamme Umarmung.
Herrlich aus Asche und Glut rang ich verjüngt mich empor.
Wieder ertönt wie zuvor mein erhebender Ruf der Gemeinde.
Klagt zu der Weinenden Leid, jauchzt zu der Jubelnden Glück.
Weckt in den Tiefen der Seele das Weh nach der himmlischen Heimath.
Feiert die Tage des Herrn, heiligt die weltliche Lust.
Dir aber, gläubiger Christ, Dir sei ich ein mahnendes Sinnbild.
Herrlich aus irdischer Nacht Steigst Du wie ich einst zum Licht.
2
Kleine Oster
C. F. Ulrich, Apolda, 1844
1700 kg
1400 mm
d1
Ohne Geist und ewiges Leben dien ich dem Herrn.
Beides ist Euch Menschen gegeben dienet ihm gern.
Rufe, o tönend Erz, so oft dein metallener Mund sich oeffnet,
über die Stadt Segen herab und Gedeihn.
3
Sechsuhrglocke
Balthasar Bittorf und Sohn, 1814
700 kg
1080 mm
fis1
Im Jahre Christi MDCCCXIV wurde diese Terzglocke von den Zinsen des Baukapitals
welches der Bürger und Armenfreund Johann Michael Kreuter Luther. Confession
vormals Zinn – Knopffabrikant v. Bürgermeister
allhier zur Erhaltung der hiesigen Stadtkirche vermacht hat.
4
Neunuhrglocke
C. F. Ulrich, Apolda, 1845
500 kg
940 mm
a1
Halb nur gehör ich der Erde zur Hälfte gehör ich dem Himmel.
Irdischen Stoffs ist mein Leib, himmelentsprossen mein Ruf.
Bald ertönt er dem sterblichen Ohr wie Klage der Engel.
Bald wie Mahnung des Herrn, ladend zu Dank und Gebet.”
5
Sterbe- oder Klängglöckchen
Robert Mayer, Ohrdruf, 1852
250 kg
770 mm
cis2
Armer Dulder, mein Ruf erreicht dein sterbliches Ohr nicht.
Heil dir, wenn du gehört, ehe ich zur Ewigkeit rief.
Der Dachreiter auf dem Chor besitzt außerdem zwei Schlagglocken, die die Stunden und Viertelstunden schlagen.
Literatur
Klaus Mertens: Stadtkirchen in Thüringen. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1982, S. 179–180.
↑Kai Lehmann: Geisthirt muss nicht immer Recht haben. Ein Beitrag zu 500 Jahre Schmalkalder Stadtkirche St. Georg oder wann wurde denn tatsächlich angefangen zu bauen? In: Schmalkalder Geschichtsblätter 15/16 (2009), S. 55–70.
↑Ludwig Bechstein: Der Bildersturm in Schmalkalden und seine Folgen. Beitrag zur Geschichte religiöser Wirren. Jena, Mauke, 1842 (online, abgerufen am 30. August 2024).
↑Rudolph Matthias: Die Stadtkirche in Schmalkalden. In: Zeitschrift des Vereins für Hennebergische Geschichte und Landeskunde zu Schmalkalden 13 (1896), S. 92 (online, abgerufen am 30. August 2024). Vielfach findet sich in der Literatur die irrtümliche Angabe, der Taufstein stamme aus dem Jahr 1560.