Die St.-Michaelis-Kirche in Eutin (Schleswig-Holstein) wurde im 12. Jahrhundert im romanischen Stil erbaut. Seit 1309 war sie Sitz des Kollegiatstifts Eutin. Etwa um dieselbe Zeit erhielt sie einen gotischen Chor.
Wann genau die Kirche erbaut wurde, lässt sich nicht sagen. Es wird vermutet, dass BischofGerold von Oldenburg/Lübeck zwischen 1155 und 1163 eine hölzerne Kapelle erbauen ließ. Nach Begutachtung der künstlerischen und handwerklichen Merkmale vermutet man, dass der heutige, romanische Bau frühestens 1180 begonnen haben kann und wohl erst unter Bischof Berthold (1210–1230) fertiggestellt wurde.
Durch das Aufstreben des Bürgertums im 13. Jahrhundert kam es in der benachbarten Hansestadt Lübeck zu Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern der bürgerlichen und der geistlichen Macht. So flüchtete Lübecks Bischof Burkhard von Serkem mehrfach aus dem Lübecker Dom in seine persönliche Residenz nach Eutin und gründete dort 1309 das Kollegiatstift Eutin, das den Umbau der Michaeliskirche vom romanischen zum gotischen Stil förderte. Damit baute er demonstrativ seine Residenzstadt gegenüber seinem offiziellen Bischofssitz in der Hansestadt aus. Das Kollegiatstift Eutin gewann an Bedeutung und erhielt unter anderem Besitzungen in der Gegend zwischen Oldenburg in Holstein und Heiligenhafen.
Die Kirche ist ein Bauwerk der Romanik. Sie war ursprünglich in Form einer 40 m langen Basilika erbaut und zeichnet sich so als bischöfliche Stiftskirche aus. Die Michaeliskirche war der größte Kirchenbau in der näheren Umgebung.
Ab 1309 wurden Chor und Apsis durch den heute noch existenten gotischen Chor ersetzt und mit einer Ausmalung versehen.
Zur bis heute erhaltenen Ausstattung gehören ein 1322 gestifteter Marienleuchter mit spätgotischen Figur der Mondsichelmadonna, einen siebenarmigen Bronzeleuchter von 1444, ein Triumphkreuz, dessen Corpus aus dem späten 15. Jahrhundert stammt, eine Bronzetaufe von 1511 und das Sandsteinepitaph Berner († 1567) sowie die Holzepitaphe Sehestedt († 1572) und Jakob Brüggemann († 1600).
Christian Cassius, fürstbischöflicher Kanzleidirektor und Dekan des Kollegiatstifts, stiftete 1667 den später nach ihm benannten Cassius-Altar mit von Jürgen Ovens gemalten Bildern des Abendmahls (Predella) und der Auferstehung Christi. Der nur in Teilen erhaltene Altar befand sich lange im Ostholstein-Museum Eutin.[1] Seit der Neugestaltung des Altarraums 2007 sind beide Gemälde wieder in der Michaeliskirche aufgestellt.[2]
Das neugotischeAltarretabel, dem der Cassius-Altar bei der Umgestaltung der Kirche 1878 weichen musste, wurde 1960 abgebaut. Das Gehäuse des Eutiner Hoftischlers Schönfeldt steht in der Sakristei. Die Figuren sind verschollen.
Die Glocke der St.-Michaelis-Kirche wurde 1594 gegossen.[3] Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sie sich auf dem Hamburger Glockenfriedhof, von dem sie 1953 in ihre Heimat überführt wurde. Im Jahre 1962 wurde die Glocke über dem First des Kirchenschiffes eingesetzt und fungierte dort als Uhrschlagglocke. Erst 1982 setzte man sie mit Unterstützung des Bundes der Vertriebenen und der Bauinnung Eutin samt Klöppel, Glockenstuhl und Joch in den Turmraum ein, wo sie sich bis heute befindet.[3]
Andreas Röpcke: Das Eutiner Kollegiatstift im Mittelalter 1309–1535. In: Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins. Band 71, Neumünster 1977.
Andreas Röpcke: Das Eutiner Kollegiatstift im spätmittelalterlichen Spannungsfeld. In: Jahrbuch für Heimatkunde des Kreises Ostholstein. Eutin 1978, S. 41–45.
Otto Rönnpag: Das Kollegiatstift Eutin. In: Jahrbuch für Heimatkunde des Kreises Ostholstein. Eutin 1984 (S. 23–29).
↑Gertrud Schlüter-Göttsche: Das Gemälde der Auferstehung Christi von Jürgen Ovens aus dem Cassius-Altar ehemals Michaeliskirche Eutin, in: Nordelbingen 40 (1971), S. 77–90