Die Siedlung am Fichteplatz ist eine Wohnanlage aus etwa 1000 Wohnungen und damit die größte zusammenhängende Siedlung in Mainz.[1] Die meisten der Wohnungen sind 85 bis 100 Quadratmeter groß.[1] Die Siedlung ist nach Größe, Konzeption und Erhaltungszustand eine der bedeutendsten Siedlungen des Landes Rheinland-Pfalz und städtebaulich bedeutsam. Sie ist eine Denkmalzone im OrtsbezirkMainz-Oberstadt. Umrahmt wird das Wohnviertel von den Straßen An der Philippsschanze im Süden, Pariser Straße im Osten und dem Fichteplatz im Norden. Die Pariser Straße ist Bestandteil der heutigen Bundesstraße 40. Im Westen grenzt es an die Obere Zahlbacher Straße.
Möglicherweise war ein 1897 gefundenes Fundament eines römischen Gebäudes auf dem Fichteplatz unweit des Fundortes der antike Standort des Dativius-Victor-Bogens und der dazugehörigen Säulenhalle. Zwei Jahre später wurde östlich vom heutigen Fichteplatz das Mainzer Velodrom errichtet, dessen Steilkurven heute noch rund um den jetzigen Wasserspielplatz (das Planschbecken) sichtbar sind.
Baugeschichte
Die Siedlung entstand außerhalb der ehemaligen Festungswerke an der Promenade, an der Pariser Straße und Obere Zahlbacher Straße Richtung Gautor zusammenlaufen. Gebaut wurde sie als Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Reichsbahn (als Eisenbahnersiedlung) und der Stadt für die jeweiligen Bediensteten als Sozialer Wohnungsbau. Die Planungsverantwortung der zwischen 1925 und 1928 entstandenen Anlage hatte Stadtbaurat Fritz Luft vom städtischen Hochbauamt. Die Gestaltung und Ausführung übernahmen verschiedene Mainzer Architekten, wie zum Beispiel Rudolf Schreiner; zum Teil wurde auf Pläne von Friedrich Pützer zurückgegriffen, der diese bereits vor dem Ersten Weltkrieg entwickelt hatte.
Das trapezförmige, fast dreieckige (mit dem Fichteplatz an der Spitze des Dreiecks) Terrain, das sich nach Südwesten hin fächerartig ausbreitet, bildet vier geöffnete, in einzelne Hausgruppen und Grünflächen unterteilte Blöcke. Diese Geometrie ist bedingt durch die umrahmenden Straßen Pariser Straße und Obere Zahlbacher Straße, die am Fichteplatz zusammenlaufen. Die Häuser sind mit Biberschwanz-Walmdächern, Erkern, Balkonen, Giebelgauben sowie Bauzier aus Steinguss ausgestattet und zeigen Formen des Heimatstils, des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit. Beispielhaft werden die zeitgenössischen Forderungen nach Luft, Sonne und moderner Ausstattung erfüllt.
Namensgeber
Nach dem Ersten Weltkrieg in den 1920er Jahren war die politische Stimmung am Rhein vor allem durch die französische Besatzung angespannt,[2] und dies spiegelt sich in der Namensgebung des Platzes nach Johann Gottlieb Fichte und der beiden Straßen nach Nikolaus Becker und Max Schneckenburger wider. Da der gewählte Oberbürgermeister Karl Külb sich bei den Franzosen unbeliebt machte, wurde er 1923 für 20 Monate in das unbesetzte Gebiet ausgewiesen und Wilhelm Ehrhard führte die Geschäfte in dieser Zeit selbständig. In der Funktion als Bürgermeister wurde Wilhelm Ehrhard 1928 für weitere zwölf Jahre bestätigt.
Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg
Das Gautor stand zwischen 1962 und 1998 in der Grünanlage Römerwall am Fichteplatz.
Südlich der Siedlung befindet sich das Gutenberg-Gymnasium und der Mainzer Turnverein von 1817 (zweitältester Sportverein Deutschlands). Im Nordwesten grenzt die Siedlung heute an das in den 1960er Jahren erweiterte Gelände der Universitätsklinik.
An der Philippsschanze 2–24 (gerade Nummern) und 19
Nikolaus-Becker-Straße 1–9 (ungerade Nummern) und 2–10 (gerade Nummern)
Obere Zahlbacher Straße 42–46 (gerade Nummern) und 52–70 (gerade Nummern)
Pariser Straße 25–41 (ungerade Nummern)
Schneckenburgerstraße 1–15 (ungerade Nummern) und 2–14 (gerade Nummern).
Literatur
Siegfried Kirsch: Denkmalgeschütztes Trapez. Die Wohnsiedlung am Fichteplatz hat eine bewegte Vergangenheit. In: Gott & die Welt, Stadtteil-Magazin der Pfarrgemeinderats St. Stephan in Mainz, Nr. 7 (Pfingsten 2012), S. 6 f.
Angela Schumacher, Ewald Wegner (Bearbeiter): Stadt Mainz. Stadterweiterungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 2.1.) Schwann, Düsseldorf 1986, ISBN 3-590-31032-4.
Dieter Krienke (Bearbeiter): Stadt Mainz. Vororte. (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 2.3.) (mit Nachträgen zu Band 2.1 und Band 2.2.) Werner, Worms 1997, ISBN 3-88462-140-8.