Die Tabelle umfasst nur einige bekannte Kunstwerke aus der Sammlung Alfred & Thekla Hess und ist unvollständig. Aus urheberrechtlichen Gründen können hier lediglich bestimmte Gemälde abgebildet werden; zu weiteren wurde extern verlinkt, soweit möglich. Für einige der nicht verlinkten Bilder finden sich online Entsprechungen hinsichtlich ihres Titels oder Motivs. Ob diese mit den Bildern aus der Sammlung identisch oder lediglich ähnlich sind, lässt sich an dieser Stelle nicht klären.
1963 erworben vom Land Berlin, bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Die kleinen blauen Pferde
1910
Öl auf Leinwand
61,5 × 101 cm
1978 für die Staatsgalerie Stuttgart erworben
Kinderbild (Katze hinter einem Baum)
1911
Öl auf Leinwand
70,8 × 50,5 cm
bis 2009 Hannover, Sprengel-Museum, dann restituiert, 2014 bei Christie’s London versteigert[14]
1999 für die Neue Galerie, New York erworben, 2016 restituiert und für das Museum zurückgekauft
Ausstellung in der Villa Hess
Eine Vielzahl von Werken aus der Sammlung Hess war in der zweigeschossigen Villa Hess in der Richard-Breslau-Straße 14 an der Ecke zur Hohenzollernstraße (heute: Alfred-Hess-Straße) in Erfurt-Brühlervorstadt in stetig wechselnder Folge ausgestellt.[19][20] Die Villa Hess galt daher während der Zeit der Weimarer Republik reichsweit als der zentrale und einzige Ort, an dem man den deutschen Expressionismus in solcher Vielfalt und Menge bewundern und studieren konnte. Davon machten vor allem Studierende der Kunstgeschichte mit ihren Professoren aus umliegenden Hochschulorten, aber auch die zahlreichen Hausgäste des Ehepaars Gebrauch. Der ehemalige ReichskunstwartEdwin Redslob bezeichnete die Sammlung Hess als „die wohl beste Sammlung deutscher Expressionisten, die es je gegeben hat“.[21][22][23]
Nachlass
Haupterbe von Alfred Hess war dessen Ehefrau Thekla, geb. Pauson. Diese lehnte das Erbe jedoch ab, um es dem gemeinsamen einzigen Kind, Hans Hess, schneller zukommen zu lassen.[5][2] In der Folge avancierte sie zur Verwalterin der Kunstsammlung.[24][25]
Nach heutiger Einschätzung durch Kunsthistoriker und Provenienzforscher war die Sammlung Hess bis zur Abtretung der Macht an die Nationalsozialisten weitestgehend erhalten.[5]
Weltwirtschaftskrise, Zeit des Nationalsozialismus
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden seitens Thekla Hess einige Teile der Sammlung veräußert, als Leihgabe Galerien und Museen für Ausstellungen im In- und Ausland zur Verfügung gestellt sowie treuhänderisch im In- und Ausland gelagert. Ausweislich eines Gerichtsverfahrens nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren einige der Kunstwerke aus der Sammlung Hess während der NS-Zeit durch Mitarbeiter des Kölnischen Kunstvereins gestohlen worden, um sich persönlich zu bereichern, ein Tatbestand, der während des Kölner Kunstfälscherprozesses 1949/50 aufgedeckt wurde.[26][27][28][21][29][1][30]
Thekla Hess hatte einige Kunstwerke zur Kommission an Galerien übergeben, um sie auf diesem Weg zum Verkauf anzubieten. Grund dafür war, dass Mutter und Sohn das unter der Weltwirtschaftskrise leidende Unternehmen Maier & Louis Hess bis 1933 erfolgreich saniert hatten, dafür aber einen Großteil des Vermögens aus dem Erbe des Ehemanns bzw. Vaters eingebüßt hatten. Hans Hess nahm nacheinander gut dotierte Beschäftigungsverhältnisse im Berliner Ullstein-Verlag und nach NS-bedingter Flucht im September 1933 in Paris wahr; er emigrierte 1935 ins Vereinigte Königreich, während seine Mutter Thekla u. a. laufende Kosten für die sichere Verpackung, den Spezialversand etlicher Kunstwerke als Leihgaben für Ausstellungen ins In- und Ausland, Lagerkosten sowie Reisetätigkeit zu tragen hatte. In Großbritannien war Hans Hess zunächst nur gering bezahlt tätig und später als Enemy Alieninterniert, teilweise in Kanada.[21][31][32]
Werke aus der Kunstsammlung des Alfred und der Thekla Hess sind während der NS-Zeit auf unterschiedlichen Wegen ins Ausland gelangt, beispielsweise auf Veranlassung von Thekla Hess durch Spedition ins Vereinigte Königreich, wo sie wegen der Ausfuhr- und Devisenbestimmungen und die erhobene Reichsfluchtsteuer zur fiskalischen Ausplünderung der Juden nur durch glückliche Umstände eintrafen, und durch deren Bruder Stefan Pauson (1887–1964).[25][33] Ende 1945 richtete Thekla Hess ein Schreiben an das Ehepaar Julia und Lyonel Feininger, in dem sie mitteilte, dass mehrere Werke von Lyonel Feininger aus der Sammlung in die Vereinigten Staaten gelangt sind.[34]
Restitution
Im März 1951 wurden lediglich sechs Werke aus der Sammlung durch den Kölnischen Kunstverein zurückerstattet.[35] Im Rahmen der so genannten Wiedergutmachung stellte Hans Hess ab dem Jahr 1955 mehrere Anträge, in denen er Entschädigungsansprüche für verlorengegangene Gemälde und Grafiken aus der Sammlung des Alfred und der Thekla Hess geltend machte. Während dieser Phase entschlossen sich Thekla Hess und ihr Sohn Hans, den für die Kunstsammlung relevanten und interessantesten Teil des Gästebuches der Villa Hess in Deutschland zu veröffentlichen.[36] Das Wiedergutmachungsverfahren wurde 1961 mit einem Vergleich beendet, der eine Ausgleichs- bzw. Kompensationszahlung in Höhe von 75.000 DM vorsah.[37][38]
Bekannte öffentliche Ausstellungen im In- und Ausland (Auszug)
Städtisches Museum Erfurt: Kunstwerke aus der Sammlung Alfred & Thekla Hess wurden als Leihgaben in diversen Ausstellungen gezeigt, 1920er und 1930er Jahre
Kunsthalle Basel: Ausstellung Moderne deutsche Malerei aus Privatbesitz, 7. bis 29. Oktober 1933
Kunsthaus Zürich: Ausstellung Neue deutsche Malerei, 21. Juni bis 15. Juli 1934
Museum Folkwang, Essen: Ausstellung Karl Schmidt-Rottluff. Gemälde, Aquarelle, Graphik, 12. Januar bis 8. März 1964
Literatur
Exhibition of 20th Century German Art. Ausstellungskatalog, New Burlington Galleries, London, United Kingdom, 1938. Nachdruck: König, Köln 1988, ISBN 3-88375-082-4.
Hans Hess, Thekla Hess (Hrsg.), Hans Hess (Nachw.): Dank in Farben. Aus dem Gästebuch von Alfred und Thekla Hess (= Piper-Bücherei, 108). Piper, München 1957, 1962, OCLC15498802. Neuauflage (= Piper Galerie, Band 606), 1977, 1987, 1992, ISBN 3-492-10606-4, OCLC75270053.
Mechtild Lucke: Der Erfurter Sammler und Mäzen Alfred Hess. In: Henrike Junge (Hrsg.): Avantgarde und Publikum – Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905–1933. Böhlau, Köln 1992. ISBN 3-412-02792-8, S. 149–155.
Edwin Redslob: Von Weimar nach Europa. Erlebtes und Durchdachtes. Haude & Spener, West-Berlin 1972. Nachdruck: Glaux Verlag, Jena 1998, ISBN 3-931743-16-0, S. ?.
Christina Feilchenfeldt, Peter Romilly: Die Sammlung Alfred Hess – „die wohl beste Sammlung deutscher Expressionisten, die es je gegeben hat“. In: Weltkunst. Zeitschrift für Kunst und Antiquitäten, Band 70, Heft 11 (Oktober 2000), ISSN 0043-261X, S. 1855–1857.
Jürgen Lillteicher: Raub, Recht und Restitution – Die Rückerstattung jüdischen Eigentums in der frühen Bundesrepublik. Wallstein Verlag, Göttingen 2007, ISBN 978-3-8353-0134-4, S. ?.
Gunnar Schnabel, Monika Tatzkow: Alfred (1879–1931), Thekla Hess (1884–1968) und Hans Hess (1908–1975), Erfurt. In: Melissa Müller, Monika Tatzkow: Verlorene Bilder, verlorene Leben – Jüdische Sammler und was aus ihren Kunstwerken wurde. Sandmann, München 2009, ISBN 978-3-938045-30-5, S. 45f.
Ludwig von Pufendorf (Hrsg.): Erworben. Besessen. Vertan. Dokumentation zur Restitution von Ernst Ludwig Kirchners Berliner Straßenszene. Fördererkreis Brücke-Museum. Kerber Verlag, Bielefeld 2018, ISBN 978-3-7356-0488-0.
Kai Artinger: Der „Fall Hess“. Schwierige Entscheidungen. In: Deutsches Zentrum Kulturgutverluste (Hrsg.): Provenienzforschung in deutschen Sammlungen. Berlin 2019, S. 273–280.
Anna Heckötter: Emil Nolde und die Sammlung Hess. In: Emil Nolde in seiner Zeit. Im Nationalsozialismus. Prestel, München 2019, ISBN 978-3-7913-5922-9, S. 126–141.
↑Felicitas Rhan: Frau mit Vergangenheit (Artikel nach Registrierung vollständig abrufbar). In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. Juni 2021, auf: faz.net
↑Marcus Kenzler: Der Weg des Porcelain Horseman: Emil Noldes Stillleben mit Reiterfigur im Fokus der Provenienzforschung. In: Oldenburger Jahrbuch 114, 2014, S. 183–194; Marcus Kenzler: Ein Reiter im bunten Umfeld. In: Nordwestzeitung, 30. Juni 2018, auf: nwzonline.de
↑Heß, Alfr., Fabrikant, F 2400 Richard=Breslau=Straße 14. In: Einwohnerbuch der Stadt Erfurt 1930, 72. Ausgabe, Teil V, S. 526, Spalte 2.
↑Hans Hess, Thekla Hess (Hrsg.), Hans Hess (Nachw.): Dank in Farben. Aus dem Gästebuch von Alfred und Thekla Hess (= Piper-Bücherei. Band 108). Piper, München 1957, 1962, OCLC15498802. Neuaufl. (= Piper Galerie. Band 606), 1977, 1987, 1992, ISBN 3-492-10606-4, OCLC75270053, S. 39–49.
↑Mechtild Lucke: Der Erfurter Sammler und Mäzen Alfred Hess. In: Henrike Junge (Hrsg.): Avantgarde und Publikum. Zur Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905–1933. Böhlau, Köln 1992, ISBN 3-412-02792-8, S. 149–155.
↑Christina Feilchenfeldt, Peter Romilly: Die Sammlung Alfred Hess – „die wohl beste Sammlung deutscher Expressionisten, die es je gegeben hat“. In: Weltkunst. Zeitschrift für Kunst und Antiquitäten, Band 70 (Oktober 2000), Heft 11, ISSN 0043-261X, S. 1855–1857.
↑unterm strich. In: taz, Ausg. 8053, 21. August 2006, S. 16, auf: taz.de
↑Sebastian Preuss: Keine Luxusemigration (Artikel basiert auf Recherchen und Gutachten des Berliner Rechtsanwalts Gunnar Schnabel und der Historikerin und Provenienzforscherin Monika Tatzkow). In: Berliner Zeitung, 26. Mai 2007, auf: berliner-zeitung.de.
↑Stefan Pauson, nach Emigration ins Vereinigte Königreich Stephen Pauson, in erster Ehe verheiratet mit Anna Maria „Annemarie“ Mathilde Bing (1897–1920), in zweiter Ehe mit Helene Dorothea Herzfelder (1895–1989), verstarb im Alter von 77 Jahren am 25. Juli 1964 in Glasgow, Schottland. – Zitiert nach: Standesamt Bamberg, Heiratsurkunde Nr. 84 vom 24. Februar 1919 für den Korbfabrikanten Stefan Pauson, mosaischer Religion, geboren am 23. März 1887 in Lichtenfels, Sohn des verlebten [verstorbenen] Korbwarenfabrikanten Pankraz Pauson und dessen Ehefrau Rosa, geborene Fechheimer, wohnhaft in Lichtenfels sowie für Anna Maria Mathilde Bing, ohne Beruf, mosaischer Religion, geboren am 4. Juni 1897 in Bamberg, Tochter des Seidenwarenfabrikanten Edmund Bing (geboren am 1. März 1866 in Gunzenhausen, Mittelfranken, Königreich Bayern; gestorben am 11. Dezember 1936 in Bamberg, Oberfranken, Bayern) und dessen Ehefrau Grete „Gretchen“, geborene Heßlein (geboren am 20. Dezember 1872 in Bamberg; gestorben am 14. November 1938 ebda.), beide wohnhaft in Bamberg. – Zitiert nach: Faksimile Extract of an Entry in a Register of Deaths, kept under the Registration of Births, Deaths and Marriages (Scotland) Act 1965, B 0375 [Paginierstempel], No. 5/652 Stephen Pauson, died 1964, July Twenty-fifth, Glasgow, extracted from the Register of Deaths for the District of Glasgow North in the Burgh of Glasgow this 11th. day of November 1970. R. Macauley, Registrar, Glasgow District.
↑Schreiben von Thekla Hess vom 6. November 1945 an Julia und Lyonel Feininger. In: Harvard College Library, bMS Ger. 146.1.
↑Hans Hess, Thekla Hess (Hrsg.), Hans Hess (Nachw.): Dank in Farben. Aus dem Gästebuch von Alfred und Thekla Hess (= Piper-Bücherei, 108). Piper, München 1957, 1962, OCLC15498802. Neuaufl. (= Piper Galerie, Band 606), 1977, 1987, 1992, ISBN 3-492-10606-4, OCLC75270053.
↑Drucksache 16/1100 (PDF-Datei; 640 kB). Bericht des Sonderausschusses des Abgeordnetenhauses von Berlin – 16. Wahlperiode – zur Prüfung der Auswirkungen der Rückgabe des Gemäldes „Berliner Straßenszene“ von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Bestand des Berliner Brücke Museums auf weitere Kulturgüter in öffentlichen Einrichtungen, 11. Januar 2008. In: Abgeordnetenhaus Berlin, auf: parlament-berlin.de