1914 konnte mit der 1’D1’-Lokomotive Fb4/6 Nr. 371 ein neues, leistungsfähiges Triebfahrzeug für den Drehstrombetrieb Brig–Iselle in Betrieb genommen werden, das bei 88 Tonnen Gewicht eine Leistung von 2720PS (2000kW) erreichte. Die Lokomotive wurde von Brown, Boveri & Cie. (BBC) vorerst auf eigene Rechnung gebaut und als stärkste Drehstromlokomotive auf der Schweizerische Landesausstellung 1914 in Bern ausgestellt. Am 16. Januar 1915 wurde sie von den SBB übernommen. Sie kann als Probelokomotive für den damals noch vorgesehenen elektrischen Betrieb auf der Steilrampe Domodossola–Iselle betrachtet werden, der jedoch erst später und dann mit hochgespanntem Einphasen-Wechselstrom realisiert wurde.
Der mechanische Teil orientierte sich an den ab 1913 gebauten Elektrolokomotiven für hochgespannten Wechselstrom Ge 4/6 der Rhätischen Bahn und den 1913 gebauten Be 5/7 der Berner Alpenbahn-Gesellschaft Bern–Lötschberg–Simplon. Die äusseren Kuppelachsen waren mit den zugehörigen Laufachsen zu einem Lenkgestell vereinigt. Die beiden grossen Fahrmotoren waren auf Gestellen hoch über dem Rahmen gelagert und reichten bis unter das Dach. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Konstruktionen waren die Motoren nicht direkt gekuppelt. Von den Kurbeln der Motoren führten schräge Triebstangen zur Mitte der waagrechten Kuppelstange, die sämtliche Kuppelachsen verband. Das V-förmige Triebwerk verursachte zerstörerische Schüttelschwingungen und musste mit einer Kuppelstange zwischen den beiden Motorkurbeln zu einem Dreieck ergänzt werden. Der ursprünglichen Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h war das schwere Triebwerk nicht gewachsen. Die Geschwindigkeit musste 1920 auf 60 km/h reduziert werden, was den Einsatz auf Güterzüge beschränkte, und die Maschine erhielt die Bezeichnung Ce4/6.
Die vier Geschwindigkeitsstufen wurden durch Kaskaden- und Polumschaltung erzielt. Bei den geringeren Geschwindigkeiten von 28 und 37 km/h arbeiteten die beiden Motoren in Kaskade, bei den höheren von 56 und 74 km/h mit acht oder sechs Polen direkt an der Fahrleitung. Das Anfahren erfolgte über Widerstände, die aus Metallbändern bestanden und über den Fahrmotoren im Dach untergebracht waren. Das Zu- und Abschalten der Widerstände wurde über ein mit Servomotor angetriebenes Schaltwerk vorgenommen, das nötigenfalls auch von Hand bedient werden konnte.
Literatur
Claude Jeanmaire: Die elektrischen und Diesel-Triebfahrzeuge schweizerischer Eisenbahnen. Fünfter Teil: Die Lokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Archiv 36. Verlag Eisenbahnen, Villigen, ISBN 3-85649-036-1
Hans Schneeberger: Die elektrischen und Dieseltriebfahrzeuge der SBB. Band 1: Baujahre 1904–1955. Minirex, Luzern 1995, ISBN 3-907014-07-3.