Im Juli 1907 wurde Jung Mitglied der alldeutsch ausgerichteten Deutschen Arbeiterpartei (DAP) und wurde Stadtverordneter der Partei in Iglau. 1912 wurde Jung als einer von drei DAP-Abgeordneten in den Landtag von Mähren gewählt; 1913 trat er als Mitautor des Iglauer Programms, des Parteiprogramms der DAP, in Erscheinung.[3]
Sein 1919 in Troppau erschienenes Buch „Der nationale Sozialismus“ betraf die seiner Ansicht nach wesentlichen Identitätsfragen der deutschen Nation und die Strategien für die wünschenswerte politische Zukunft der Deutschen. Sein Buch war eine der ersten programmatischen Schriften der alldeutschen nationalsozialistischen Bewegung und in den Aussagen antiliberal und antidemokratisch. Am 7. August 1920 hielt Jung im Sitzungssaal des Salzburger Landtags auf einer so genannten überstaatlichen Tagung der Nationalsozialisten die programmatische Rede. Adolf Hitler hielt hier auch eine Rede, aber nicht er, sondern Rudolf Jung war der umjubelte Visionär der versammelten Nationalsozialisten.
Am 17. Oktober 1926 übernahm Jung den Vorsitz der DNSAP; ab dem 1. Mai 1931 führte er den Verband Volkssport, eine der SA vergleichbare Parteiorganisation. Im Herbst 1933 löste sich die DNSAP im Vorfeld eines drohenden Parteiverbots auf, Jung verlor sein Parlamentsmandat. Im Zusammenhang mit dem „Volkssport-Prozess“ befand sich Jung ab Oktober 1933 sieben Monate in Untersuchungshaft, nach der Freilassung wurde er unter Polizeiaufsicht gestellt.
Im September 1935 floh Jung auf Anordnung reichsdeutscher Stellen ins Deutsche Reich. Nach der Verleihung der Reichsstaatsangehörigkeit im November 1935 wurde Jung im Dezember 1935 Lehrbeauftragter an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin, von 1940 bis 1945 hatte er eine Professur an der Hochschule inne. Hitler verlieh Jung den Titel eines Professors am 9. Juni 1938.
Nach der Flucht wurde Jung 1935 rückwirkend zum 1. April 1925 in die NSDAP aufgenommen (Mitgliedsnummer 85)[4] und galt damit auch offiziell als Alter Kämpfer. Am 29. März 1936 wurde er Mitglied des in der Zeit des Nationalsozialismus bedeutungslosen Reichstages. Jung trat der SS (SS-Nr. 276.690) am 17. Juni 1936 im Rang eines SS-Sturmbannführers bei.[5] Rückwirkend zum Patent vom 9. November 1936 wurde Jung zum SS-Obersturmbannführer befördert.[6] Nach mehrfacher Beförderung (z. B. SS-Brigadeführer: 30. Januar 1941[7]) erhielt er am 16. April 1942 den Dienstgrad eines SS-Gruppenführers verliehen.[8]
Am 1. Februar 1940 wurde Jung zum Präsidenten des Landesarbeitsamts Mitteldeutschland mit Sitz in Erfurt ernannt. Ab März 1942 gehörte er dem Fachlichen Stab des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Fritz Sauckel, an und war zugleich dessen Vertreter und Bevollmächtigter. Im November 1943 in den Wartestand versetzt, wurde Jung am 1. Mai 1944 Generaldirektor der Sparkasse Prag und im Dezember 1944 Bevollmächtigter für den Arbeitseinsatz im Protektorat Böhmen und Mähren. Die angestrebte Ernennung zum Oberbürgermeister (Primátor) von Prag kam vor Kriegsende nicht mehr zustande.
Im Mai 1945 wurde Jung in Prag verhaftet und im Gefängnis Pankrác inhaftiert. Am 11. Dezember 1945 beging er vor Prozesseröffnung im Gefängnis Suizid.[9]
Schriftsteller
Als Verfasser zahlreicher Bücher und Schriften ab 1919 galt Jung als einer der wichtigsten Theoretiker des Nationalsozialismus.
ohne Jahr: Die Judenfrage als Schicksalsfrage des deutschen Volkes.
1919: Der nationale Sozialismus, Seine Grundlagen, sein Werdegang und seine Ziele, München, 3. Auflage 1922
1923: Der Rassengedanke im nationalen Sozialismus
1926: Kapitalismus und Judentum im Sammelwerk Weltfront. Eine Sammlung von Aufsätzen antisemitischer Führer aller Völker. Weltfrontverlag, Aussig, S. 23–28. Hg. Hans Krebs und Otto Prager. Online.[10]
1933: Der nationale Sozialismus im Sudetendeutschtum
1937: Die Tschechen: Tausend Jahre deutsch-tschechischer Kampf
als Herausgeber
Ab 1919 wurde monatlich im Auftrag der DNSAP die Zeitschrift Volk und Gemeinde. Nationalsozialistische Monatshefte veröffentlicht. Mitherausgeber waren: Hans Krebs und Alexander Schilling-Schletter.
Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 3: I–L. Winter, Heidelberg 1999, ISBN 3-8253-0865-0, S. 39–40.
Joachim Lilla, Martin Döring, Andreas Schulz: Statisten in Uniform: Die Mitglieder des Reichstags 1933–1945. Ein biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924. Droste, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-5254-4, S.287f.
Fritz Wertheimer: Von deutschen Parteien und Parteiführern im Ausland. 2. Auflage. Zentral-Verlag, Berlin 1930, S. 189.
Rudolf Jung, in: Mads Ole Balling: Von Reval bis Bukarest – Statistisch-Biographisches Handbuch der Parlamentarier der deutschen Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa 1919–1945. Kopenhagen 1991, S. 418
↑Willy Nolte (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle. Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Burschenschaft nach dem Stande vom Sommer-Semester 1934. Berlin 1934, S. 229.
↑Personalkanzlei des Reichsführers-SS: Dienstaltersliste der Schutzstaffel der NSDAP, Stand vom 1. Dezember 1936, S. 44, lfd. Nr. 899.
↑Personalkanzlei des Reichsführers-SS: Dienstaltersliste der Schutzstaffel der NSDAP, Stand vom 1. Dezember 1936, S. 296, Nachtrag zu Nr. 899.
↑SS-Personalhauptamt: Dienstaltersliste der Schutzstaffel der NSDAP, Stand 30. Januar 1942, S. 15, lfd. Nr. 208.
↑SS-Personalhauptamt: Dienstaltersliste der Schutzstaffel der NSDAP (SS-Oberst-Gruppenführer – SS-Standartenführer), Stand vom 9. November 1944, S. 11, lfd. Nr. 118.
↑Zu den Todesumständen siehe Lilla, Statisten S. 287. Ebenda die Anmerkung „Von rechtsextremer Seite (z. B. Gerhard Frey: Prominente ohne Maske, 1997) wird jedoch immer wieder behauptet, Jung sei im Gefängnis verhungert. Auch auf der Internetseite der Jungen Union Leipzig (Herbst 2001) findet sich diese Behauptung.“
↑2. erw. Aufl. Nibelungen, Berlin & Leipzig 1935. Jung in 2. Aufl. nicht enthalten