Im Sommer 2019 machte Gerczikow auf die rechtsextremem Aufkleber und Tags im Frankfurter Westend aufmerksam. In der Nähe der Jüdischen Gemeinde Frankfurt wurden vermehrt Aufkleber der Identitären Bewegung und Aufkleber aus einschlägigen Neonazi-Shops angebracht.[12] Die Stadt Frankfurt reagierte darauf und ließ die Aufkleber entfernen.[13] Im Dezember 2019 machte Gerczikow erneut auf die neonazistische und rassistische Aufkleber im Westend aufmerksam.[14] Im Sommer 2020 wies Gerczikow auch auf rechtsextreme Aufkleber im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf hin. Aufgrund seiner Recherchen und seiner Veröffentlichungen reichte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag ein, der das Ordnungsamt stärker in die Pflicht nimmt. Der für Ordnungsangelegenheiten zuständige Ausschuss der Bezirksverordnetenversammlung stimmte dem Antrag mehrheitlich zu.[15]
Im Herbst 2019 beobachtete Gerczikow den Auftritt des palästinensischen Rapper-Duos Shadi Al-Bourini und Shadi Al-Najjar vor dem Brandenburger Tor. Er führte ein Schild mit der Aufschrift „Kein Platz für Antisemitismus“ mit sich. Das Schild wurde von der Polizei Berlin als Provokation gewertet und beschlagnahmt.[16]
Im Rahmen der Coronavirus-Pandemie besuchte Gerczikow verschiedene angemeldete und spontane Demonstrationen in Berlin und Wien. Er berichtete von Querdenken-Demonstrationen und analysierte die Telegram-Kanäle von bekannten Verschwörungsideologen wie Attila Hildmann, Oliver Janich, Xavier Naidoo oder von bekannten rechten Netzaktivisten.[17]
Anlässlich des ersten Jahrestages des Anschlags von Halle 2019 startete die JSUD eine Spendenaktion für die Betreiber des Kiez-Döner İsmet und Rifat Tekin. Weltweit berichteten Medien über die Spendenaktion, bei der am Ende knapp 30.000 Euro zusammenkamen. Gerczikow arbeitete gemeinsam mit der JSUD-Geschäftsführerin Noa Luft an der Spendenaktion.[18] Gemeinsam mit Base Berlin und der Initiative 9. Oktober organisierten die jüdischen Studierenden eine Gedenkkundgebung in Halle, an der über 200 Menschen teilnahmen, und überreichten den Gebrüdern Tekin das Geld.[19]
Am 22. Januar 2021 startete Gerczikow eine change.org-Petition mit dem Titel Blanka Zmigrod Unvergessen!, die sich an Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann richtete. Darin forderte er ein Denkmal für die Holocaust-Überlebende Blanka Zmigrod, die 1992 von dem schwedischen Rechtsterroristen John Ausonios in Frankfurt erschossen wurde.[20] Innerhalb kurzer Zeit gelang es Gerczikow mehr als 15.000 Unterschriften zu sammeln. Außerdem erhielt er die Unterstützung von Peter Feldmann und der Stadt Frankfurt bei der Umsetzung seines Vorhabens.[21] Für den 29. Todestag Zmigrods, den 23. Februar 2021, organisierte Gerczikow eine Gedenkkundgebung am Tatort, an der rund 150 Menschen teilnahmen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten bereits mehr als 30.000 Menschen die Forderung nach einem Denkmal unterschrieben.[22] Zum 30. Todestag im Jahr 2022 von Zmigrod wurde im Beisein von Oberbürgermeister Feldmann, Kulturdezernentin Ina Hartwig und Familienangehörigen Zmigrods eine Gedenktafel am Tatort eingeweiht.[23]
Im Verlauf des Israel-Gaza-Konflikt 2021 kam es in mehreren deutschen Städten zu Pro-Palästina-Demonstrationen. Gerczikow berichtete von mehreren Demonstrationen in Berlin und veröffentlichte Beiträge, die die Teilnahme von Unterstützern der Hamas, der PFLP oder der türkischen Grauen Wölfe belegen. Im Nachhinein kritisierte Gerczikow die Sicherheitsbehörden und Medienberichte, weil es eine unzureichende Auseinandersetzung mit Islamismus und türkischem Rechtsextremismus gegeben habe. Weiterhin bemängelte er das Verhalten der Polizei, die bei antisemitischen Vernichtungsparolen nicht eingegriffen hatte.[24]
Auszeichnungen
Auf dem Kongress der World Union of Jewish Students 2019 in Jerusalem erhielt Gerczikow für seine Arbeit im Vorstand der Jüdischen Österreichischen HochschülerInnen den „Emerging Jewish Leader Award“. Auf dem ersten Online-Kongress der World Union of Jewish Students zwischen den Jahren 2020 und 2021 erhielt Gerczikow den Political Activist of the Year-Award für sein politisches Engagement im Kampf gegen antisemitische Verschwörungsmythen in der Corona-Krise und die Solidaritätskampagne der JSUD für die Opfer des Anschlags von Halle.[25]
Publikationen
Dagegen halten. In: Laura Cazés (Hrsg.): Sicher sind wir nicht geblieben. Jüdischsein in Deutschland. S. Fischer, Berlin 2022, ISBN 978-3103971781.
mit Monty Ott: „Wir lassen uns nicht unterkriegen.“ Junge jüdische Politik in Deutschland. Hentrich & Hentrich, Leipzig 2023, ISBN 978-3-95565-557-0.
Der Feind vor meinem Haus. Polizeiverbindungen in die rechte Szene verunsichern jüdische Gemeinden. In: Matthias Meisner, Heike Kleffner (Hrsg.): Staatsgewalt. Wie rechtsradikale Netzwerke die Sicherheitsbehörden unterwandern. Herder 2023, ISBN 978-3-451-395963.
christlich-jüdisches Abendland. In: Sebastian Pertsch (Hrsg.): Vielfalt. Das andere Wörterbuch. Dudenverlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-411-75601-8, S. 64 f.
↑Hannah Schultheiß: Antisemitismus: Mein Umfeld und ich verlieren das Vertrauen. In: Die Zeit. 6. Oktober 2020, ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 23. Februar 2024]).
↑Monty Ott: Antisemitismus unter Coronaleugnern: Kitt der Demonstranten. In: Die Tageszeitung: taz. 29. Dezember 2020, ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 5. Juni 2021]).
↑Melissa Eddy: Jewish Students Aid Owners of Kebab Shop Hit in Synagogue Attack. In: The New York Times. 16. September 2020, ISSN0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 4. Juni 2021]).
↑Thyra Veyder-Malberg: Gelebte Solidarität. 8. Oktober 2020, abgerufen am 4. Juni 2021.