Rolf Osterwald war das einzige Kind des Pädagogen und BiologenHans Osterwald und seiner Ehefrau, der Laborantin Gertrud, geb. Seidelbach (1897–1988). Er wurde geprägt von seinem antifaschistisch eingestellten Elternhaus und trat zunächst nicht in die Hitlerjugend ein, erst bei der Umwandlung zur Staatsjugend wurde er 1936 zwangsweise übernommen.[3] Von 1929 bis 1933 besuchte er die Weingärtenschule (Volksschule), von 1933 bis 1941 die Oberrealschule in den Franckeschen Stiftungen/Mackensenschule in Halle[3] und schloss die Schule mit dem Abitur ab.
In der DDR waren Chemiepraktika in den 10. und 12. Klassen Bestandteil der Ausbildung. Osterwald engagierte sich stark dafür, dass Schüler selbst experimentieren konnten; er baute dies systematisch aus und erarbeitete gedruckte Experimentieranleitungen.[11]
Osterwald hatte es in den 1950er-Jahren abgelehnt, mithilfe verwandtschaftlicher Beziehungen nach Hannover zu übersiedeln. In den 1960er-Jahren korrespondierte er mit Briefpartnern aus Kuba, Indonesien und Vietnam. Er war kein Parteimitglied. Obwohl er zu immer mehr Maßnahmen der Staatspartei im Widerspruch stand, erstreckte sich dies nicht auf die sozialistische Ordnung. Im Juni 1963 wurde er zum Studienrat ernannt, 1971 zum Oberstudienrat.[2]
Nachdem sein Sohn 1976 gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann protestiert hatte, lehnte Osterwald eine von der Stasi gewünschte Kontaktaufnahme ab.[12] Die Situation hatte das Potenzial, die Studienabsichten seiner Töchter zu behindern sowie zu einer Zerreißprobe für die Familie zu werden. Nachdem sein Sohn im Jahr 1986 aus politischen Gründen die DDR verlassen hatte, wurde Osterwald als Erzieher im Internat untragbar.
Geschäftsführer des Freundeskreises der Franckeschen Stiftungen
Osterwald setzte nach Erreichen des Rentenalters 1988 seine berufliche Arbeit fort. Er war Geschäftsführer des Freundeskreises der Franckeschen Stiftungen e. V.,[13] der 1990 als gemeinnütziger Verein eingetragen wurde[14] und engagierte sich für die Aufrechterhaltung der Franckeschen Stiftungen, insbesondere für den Erhalt der historischen Gebäude. Es gelang die Beschaffung erheblicher finanzieller Mittel für konkrete Projekte des Wiederaufbaus, die Wiederaufnahme der Mitteldeutschen Schülerwettkämpfe sowie die Wiederbelebung schulischer Traditionen wie der „Francke-Feiern“. Er war außerdem Mitinitiator einer seit 2005 stattfindenden Konzertreihe von Solistenabenden zur Förderung begabter Musikschüler des Landesgymnasiums Latina August Hermann Francke, die gemeinsam vom Freundeskreis der Franckeschen Stiftungen und vom Förderverein Instrumentalausbildung des Musikzweiges der Latina organisiert wird.
Mitherausgeber und Autor der Francke-Blätter
Osterwald war von 1991 bis 2020 Mitherausgeber und Autor des Publikationsorgans der Arbeitsgruppe ehemaliger Lehrer und Schüler der Stiftungen, das sich zunächst Blätter des Francke-Gymnasiums und später Francke-Blätter nannte.[1][15] Durch die dreimal pro Jahr erscheinende Zeitschrift[16] konnten viele Wissenslücken aus mehreren Jahrhunderten geschlossen werden und eine Fülle von Bildern und Dokumenten gelangte in die Archive. Die Artikel berichten über das vergangene und gegenwärtige Leben in den Stiftungen, enthalten Quellensammlungen zur Geschichte und gedenken der Lehrer und Direktoren.
Zudem arbeitete er in den Kommissionen mit, die sich in Ost-Berlin mit den Lehrplänen befassten.[22] Er war Mitglied der Kommission „Methodik des Chemieunterrichtes“ der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR in Ost-Berlin.[23] Ebenfalls war er Mitarbeiter in einem für die Erarbeitung von Lehrbüchern verantwortlichen Gremium des Verlags Volk und Wissen. Er erarbeitete Gutachten, Lehrbuchkapitel und Unterrichtshilfen.[24]
Letzte Lebensjahre und Tod
Auf eigenen Wunsch zog Osterwald Anfang 2020 ins Haus der Generationen in den Franckeschen Stiftungen um, nahm weiterhin an Konzerten der Musikschüler im Freylinghausen-Saal teil und konzipierte Artikel für die Francke-Blätter.[25]
Am 6. März 2020 verstarb Rolf Osterwald. In einem der letzten Gespräche sagte er: „Ich weiß, dass ich nie weg sein werde, auch wenn ich nicht mehr da bin.“ Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem Südfriedhof in Halle an der Saale im Grabfeld 5, Grab 69.
Privates
Osterwald war ab 1950 mit der Buchhändlerin Friedel, geb. Bahnemann (1929–2012) verheiratet und hatte zwei Töchter und einen Sohn.
Ehrungen
1996 wurde Osterwald die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland verliehen[26] – für sein Engagement bezüglich der Wiederherstellung der rechtlichen Eigenständigkeit der Franckeschen Stiftungen, die Erforschung und Weitergabe der Stiftungstraditionen sowie die Mitherausgabe der Francke-Blätter. Er wurde 1997 in das deutsche Personenlexikon „Wer ist wer?“ aufgenommen.[27]
Veröffentlichungen (Auswahl)
Die Behandlung der Alkane im Chemieunterricht der 11. Klasse. In: Chemie in der Schule 1/54
Katalyse. In: Chemie in der Schule 3/54
Das Gegenstromverfahren in der chemischen Technik. In: Chemie in der Schule 1/56
Schülerübungen im Chemieunterricht der 9. Klasse. In: Chemie in der Schule 2/56
Zur Behandlung der Elektrolyse. In: Chemie in der Schule 1956
Zur Durchführung von Schülerübungen. In: Chemie in der Schule 5/56
Reaktionstypen. In: Chemie in der Schule 4/57
Die Behandlung des Le Chatelier-Braunschen Prinzips im Unterricht der 10. Klasse der Oberschule. In: Chemie in der Schule 5/57
Versuche mit Polyäthylen und Polystyrol. In: Chemie in der Schule 7/60
Zur Behandlung des Benzols in der erweiterten Oberschule. In: Chemie in der Schule 4/61
Zum Problem der schriftlichen Leistungskontrolle. In: Chemie in der Schule 8/61
Zur Einführung in die organische Chemie. In: Chemie in der Schule 12/61
Zur Behandlung der Hydrolyse. Chemie in der Schule 8/62
Zur objektiven Bewertung von Schülerleistungen. In: Chemie in der Schule 3/62 und 12/62
Schülerexperimente beim Stoffabschnitt Elektrochemische Vorgänge. In: Chemie in der Schule 12/63
Erste Erfahrungen mit programmiertem Unterricht. In: Chemie in der Schule 8/64 und 9/64
Zur Vorbereitung auf die Abschlußprüfung. In: Chemie in der Schule 2/65
Behandlung der Alkane in der erweiterten Oberschule. In: Chemie in der Schule 3/66
Zu einigen Problemen des programmierten Unterrichts. In: Chemie in der Schule 5/66
Zur Tätigkeit der Forschungsgruppe "Programmierter Unterricht" Arbeitsgruppe Chemie. In: Chemie in der Schule 5/66
Zum organischen Praktikum in der erweiterten Oberschule. In: Chemie in der Schule 7/63
Experimente mit Mangan und Chrom in der erweiterten Oberschule. In: Chemie in der Schule 7/63
Periodensystem der Elemente. Lehrprogramm 1966
Das Le Chatelier-Braunsche Prinzip. Lehrprogramm 1967
Der erweiterte Redoxbegriff. Lehrprogramm 1968
Periodensystem der Elemente. Lehrprogramm 1969
Halogene (VII. Hauptgruppe). Lehrprogramm 1969
Zu einigen Problemen des programmierten Unterrichts im Fach Chemie. In: Chemie in der Schule 5/69
Zur Arbeit mit dem programmierten Lehrmaterial "Periodensystem der Elemente". In: Chemie in der Schule 3/70
Elemente der VII. Hauptgruppe. Lehrprogramm 1971
Periodensystem der Elemente. Lehrprogramm und Lehrerbeiheft zum Lehrprogramm 1971
Chemisches Gleichgewicht. Lehrprogramm 1973
Einsatz von Hilfsmitteln in der mündlichen Reifeprüfung. In: Chemie in der Schule 2/72
Zum Einsatz von Größengleichungen. In: Chemie in der Schule 6/73
Entwicklung eines Materialverbandes zum Stoffgebiet "Systematisierung und Praktikum..." in Klasse 10. In: Chemie in der Schule 1973
Behandlung der Hydrolyse in Klasse 12. In: Chemie in der Schule 8/75 und 9/75
Variante zur Einführung in das Stoffgebiet "Chemisches Rechnen" Klasse 7. In: Chemie in der Schule 10/75
Ermittlung der Strukturformel für das Glukosemolekül. In: Chemie in der Schule 4/75
VI. Internationales Symposium: "Theoretische Erkenntnisse und praktische Erfahrungen zur Programmierung von Lehr und Lernprozessen im Fach Chemie. 1975
Systematisierung und Praktikum zur chemischen Reaktion. Materialverband 1976
Chemisches Gleichgewicht. Lehrprogramm und Lehrerbeiheft zum Lehrprogramm 1977
Entwicklung und Einsatz eines Materialverbandes zum Stoffgebiet "Systematisierung und Praktikum..." Programmierung im Unterrichtsprozess 1977
Lehrbuch Chemie 10. Klasse – Abschnitte 29 bis 43. Volk und Wissen Verlag Berlin 1985
Unterrichtshilfe Chemie 10. Klasse – 4. Stoffgebiet. Volk und Wissen Verlag Berlin 1985
Aufgabensammlung: Chemie Klasse 11 und 12. Volk und Wissen Verlag Berlin und Harri Deutsch Verlag Frankfurt/Main 1987, ISBN 978-3-06-032149-0
↑In von Rolf Osterwald hinterlassenen biographischen Aufzeichnungen notiert.
↑Personalbogen von 1972 in "Dokumentation Rolf Osterwald Lebenslaeufe Personalboegen.pdf"
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Ausbildung Beruf Verdienstmedaille.pdf", Abschnitt Ausbildung, Beleg 2: Praktikum-Zeugnis des Statistischen Amts der Stadt Halle vom 9. Februar 1946
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Ausbildung Beruf Verdienstmedaille.pdf", Abschnitt Ausbildung, Belege 4 und 5: Tätigkeit als Fakultätsrat, Mitarbeit bei Studienplänen und Prüfungsbestimmungen
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Ausbildung Beruf Verdienstmedaille.pdf", Abschnitt Ausbildung, Beleg 6: Gutes Bestehen der Universitäts-Abschlussprüfung, 20. Februar 1950
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Ausbildung Beruf Verdienstmedaille.pdf", Abschnitt Beruf, Belege 8 und 9: Verteidigung der Dissertation, Verleihung der Doktorwürde am 16. Mai 1960
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Ausbildung Beruf Verdienstmedaille.pdf", Abschnitt Beruf, Beleg 7: Anleitung für Schülerübungen aus dem Jahr 1957
↑Akten der Operativen Personenkontrolle „Anhänger“, MfS HA XVIII, eingesehen am 13. Mai 1994. Dort steht „… die Auswertung des Materials ergab, dass Dr. Rolf Osterwald eine Zusammenarbeit mit dem MfS grundsätzlich ablehnte“. Siehe auch "Operative Personenkontrolle Anhaenger.pdf"
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Liste Francke Blaetter.pdf"
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Nebenamtliche Taetigkeiten.pdf", Belege 17 bis 24: Berufungen in die Forschungsgemeinschaft Programmierter Unterricht aus dem Jahr 1969, Rolf Osterwald als Autor des Programmierten Lehrmaterials „Atombau und Periodensystem“, „Chemisches Gleichgewicht“, „Periodensystem der Elemente“, „Elemente der VII. Hauptgruppe“ in den Jahren 1965 bis 71
↑GPI-Archiv. GPI - Gesellschaft für Pädagogik und Information, abgerufen am 15. Mai 2021.
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Nebenamtliche Taetigkeiten.pdf", Belege 25 bis 38: Berufung zum Mitglied der Fachkommission Chemie-Abiturstufe vom 16. September 1974, Schriftliche Reifeprüfungen im Fach Chemie 1957/58 sowie 1989/90.
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Nebenamtliche Taetigkeiten.pdf", Belege 39 und 40: Mitarbeit in den Lehrplan-Kommissionen, Lehrplan bzw. Unterrichtsplanung
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Nebenamtliche Taetigkeiten.pdf", Belege 41 bis 43: Berufung zum Mitglied der Kommission für Methodik des Chemieunterrichts vom 21.01.77, Methodische Beiträge zum Unterricht im Fach Chemie im Jahr 1977
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Nebenamtliche Taetigkeiten.pdf", Belege 46 bis 49: Mitarbeit bei Lehrbüchern, Chemie Klasse 10, Unterrichtshilfen
↑In von Rolf Osterwald hinterlassenen biographischen Aufzeichnungen notiert.
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Ausbildung Beruf Verdienstmedaille.pdf", Abschnitt Verdienstmedaille, Belege 11 bis 15: Einladung und Ansprache zur Verleihung, Bekanntgabe im Amtsblatt vom 21. Februar 1997, Artikel der Mitteldeutschen Zeitung vom 13. Februar 1997
↑"Dokumentation Rolf Osterwald Ausbildung Beruf Verdienstmedaille.pdf", Abschnitt Verdienstmedaille, Beleg 16: Aufnahme in das Personenlexikon „Wer ist wer?“, 1997