Der Rheinische Übergangsstil ist ein Baustil am Übergang der Romanik zur Gotik im Rheinland. Als Übergangsstil wird allgemein eine Form des spätromanischen Stils in Deutschland bezeichnet, die zunehmend Elemente der französischen Gotik aufgreift, diese Elemente aber vorwiegend dekorativ verwendet, ohne die Baustruktur der französischen gotischen Kathedrale insgesamt zu übernehmen.[1] Die Bauten dieses Stils entstanden am Ende des 12. Jahrhunderts und bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts.
Der Begriff Übergangsstil ist eine Wortprägung des 19. Jahrhunderts, in dem Romanik und Gotik als mittelalterliche Architekturstile definiert wurden.[2][3][4]Wilhelm Lübke (1826–1893) schrieb: „Den rheinischen Übergangsstil vertritt am glänzendsten der Limburger Dom.“[5] Er wusste noch nicht, dass jene Kirche das Ergebnis eines Umbaus einer Basilika aus dem 11. Jahrhundert ab den 1180er Jahren nach dem Vorbild der damals selber noch im Bau befindlichen Kathedrale von Laon ist.
In der mittelalterlichen Baukunst dauert die Stilphase der Romanik bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts, die Gotik beginnt in Frankreich bereits um 1140. In dieser Übergangsphase kam es in der Herrschaftszeit der Staufer im Rheinland zur Vermischung nordfranzösischer Innovationen mit romanischen Formen und mit eigenen Innovationen. Typisch ist die Verbindung romanischer Wandöffnungen mit spitzbogigen Kreuzrippengewölben mit gotischen Rippenprofilen. Zunehmend verwendete man auch in derselben Bauphase romanische und gotische Elemente der Wandgestaltung. Die oft von Gebäudeteil zu Gebäudeteil unterschiedliche Kombination romanischer und gotischer Elemente wird unter dem Begriff rheinischer Übergangsstil zusammengefasst.
In der Gegenüberstellung zu den eleganten Formen der Hochgotik erscheinen manchen Betrachtern Bauteile als romanisch, die der in Deutschland nicht vertretenen ersten Phase der Gotik (bis 1180) an Modernität nicht nachstehen.
Vergleich: eine Kapelle des gotischen Chorumgangs von Saint-Denis, um 1140
Mit der endgültigen Durchsetzung der gotischen Architektur in Deutschland endet der Übergangsstil. Die Vollendung der Kirche St. Kunibert in Köln 1247 und die Grundsteinlegung des Kölner Doms im Jahr darauf, mit dem die Rayonnant-Gotik in Deutschland Einzug hielt, gelten als Grenzmarken zwischen Übergangsstil und Hochgotik im Rheinland. Jedoch entstanden schon vorher Bauten mit deutlich gotischeren Zügen als St. Kunibert; unter anderem zeigen Dekagon und Westbau von St. Gereon in Köln abgesehen von den für den Übergangsstil typischen Fächerfenstern perfekte Frühgotik.
Beispiele
Nachfolgend wird eine Auswahl an Kirchenbauten aufgeführt, die im rheinischen Übergangsstil gebaut wurden:
Paul Clemen: Die Kunstdenkmäler des Kreises Mülheim am Rhein. Druck und Verlag von L. Schwann, Düsseldorf 1901, S. 191 ff.
Cornelius Hopp: Kölnisch-niederrheinische Spätromanik oder staufischer Übergangsstil? Zur Begriffsbildung und Entdeckung einer Kunstlandschaft. In: Klaus Gereon Beuckers, Cornelius Hopp (Hrsg.): Die kölnisch-niederrheinische Spätromanik. Neue Aspekte eines Forschungsfeldes hochmittelalterlicher Architektur. Böhlau, Köln 2024, S. 17–29.
Hans Erich Kubach, Albert Verbeek: Romanische Kirchen an Rhein und Maas. 3. Auflage. Verlag Gesellschaft für Buchdruckerei, Neuss 1978 [1972].
Hans Erich Kubach, Albert Verbeek: Romanische Baukunst an Rhein und Maas.Katalog der vorromanischen und romanischen Denkmäler (= Denkmäler deutscher Kunst). 4 Bände. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 1976–1989.
Adam C. Oellers: UEBERGAENGE, Beiträge zur Kunst und Architektur im Rheinland. Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Alfter 1993, ISBN 3-929742-12-8, S. 7ff. „Niederrheinisch-Staufische Baukunst und rheinischer Übergangsstil“
Einzelnachweise
↑In der niederländischen Architekturgeschichte spricht man auch von „Romano-Gotik“.
↑Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. A., 1905–1909: Übergangsstil, in der Geschichte der Baukunst diejenige Periode, während welcher der spätromanische Stil den Spitzbogen und das Rippengewölbe aufnahm und sich allmählich zum gotischen Stil umwandelte. In Deutschland herrschte der Übergangsstil während des letzten Viertels des 12. und der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.
↑Lexikon der Kunst, Bd. 7, Leipzig 2004, S. 477. Georg Dehio, Gustav von Bezold: Die kirchliche Baukunst des Abendlandes, Bd. 2, Stuttgart 1901, S. 257ff. Online UB Heidelberg abgerufen am 6. November 2014
↑Norbert Nussbaum: Deutsche Kirchenbaukunst der Gotik. 2. A. Darmstadt 1994, S. 10ff.