René Louis de Girardin war das einzige Kind aus der 1733 geschlossenen Ehe des Marquis de Vauvré, Louis Alexandre de Girardin (1699–1782), und Anne Catherine Hatte, der Tochter von René Hatte († 1759). Sein väterlicher Großvater war Jean-Louis Girardin de Vauvré (≈1647–1724), französischer Staatsrat und Marinequartiermeister unter Ludwig XIV. und Spross der ursprünglich aus der Toskana stammenden Familie Gherardini.
Girardin heiratete 1761 Cécile Brigitte Adélaïde Berthelot de Baye (1736–1818), Tochter eines Feldmarschalls der lothringischen Armee. Nach Meinungsverschiedenheiten mit Stanislaus über die Ideen Rousseaus, den Girardin bewunderte und verteidigte, verließ er Lunéville. Nach Reisen nach England, der Schweiz, Deutschland und Italien nahm er 1763 seine von der Mutter geerbte Domäne von Ermenonville in Besitz.
Ermenonville und politisches Engagement
Umfangreiche Einkünfte aus der Landwirtschaft und die Einnahmen aus der Erbschaft gestatteten Girardin das große Anwesen von Ermenonville, zu dem ein Schloss und das gleichnamige Dorf gehörten, nach seinen Ideen umzugestalten. Die Arbeiten begannen 1763 und waren 1776 weitgehend abgeschlossen. Girardin versuchte, nach dem Vorbild des Anwesens The Leasowes, des landschaftsgärtnerisch gestalteten Bauernhofs von William Shenstone, den er während eines Englandaufenthalts kennengelernt hatte, auf seinen Gütern wirtschaften zu lassen, was 1777 zum Ruin eines seiner Güter führte.
In den Jahren vor der Revolution stellte sich Girardin auf die Seite der Landbevölkerung, klagte die Monarchie an, das Land zu unterdrücken und auszubeuten. Er führte auch Auseinandersetzungen wegen erfolgter Übergriffe bei der Ausübung der Jagdrechte der Adligen; in der Folge seiner Aktionen, die unter anderem eine Straßenblockade umfasste, musste er nach England fliehen, um einem Geheimbefehl des Königs(lettre de cachet) zu entkommen.
Auf Girardins Einladung war Rousseau nach Ermenonville gekommen. Er starb unerwartet während seines Aufenthaltes vom Mai bis Juli 1778. Girardin ließ für ihn ein Grabmal auf der Pappelinsel in der Nähe des Schlosses errichten. Er sah sich nach dem Tod des von ihm verehrten Philosophen als dessen Sachwalter, verhandelte mit Verlagen und war im Besitz der Manuskripte. Gemeinsam mit Freunden Rousseaus bereitete er von 1780 bis 1782 eine erste Gesamtausgabe der Werke vor.
Nach dem Massaker vom 17. Juli 1791 auf dem Champ de Mars wandte sich Girardin von der Sache der Revolution ab. Da ihn die Jakobiner bezichtigten, ein Anhänger der Monarchie zu sein, stand er bis 1794 in Ermenonville unter Hausarrest, drei seiner Söhne und seine älteste Tochter wurden inhaftiert. Die Domäne Ermenonville begann nach Plünderung zu verfallen, Girardin zog sich in ein Haus nach Vernouillet zurück, wo er einen kleinen Garten anlegte und an seiner letzten Veröffentlichung arbeitete.
Die Hinterlassenschaft von René Louis de Girardin umfasste Grundbesitz und Vermögen. Sie hatte nach den Angaben seines Testaments von 1808 einen Gesamtwert von über vier Millionen Francs. Außer der Domäne Ermenonville befand sich Grundbesitz in Brégy und Saint-Germain-du-Pert; Girardin besaß ein Stadthaus in Paris in der Rue Neuve-de-Luxembourg (Nr. 24) und ein Haus in Vernouillet.
Veröffentlichungen
De la composition des paysages. 4. Auflage. Paris 1805 (Erstausgabe: 1777).
Discours sur la nécessité de la ratification de la loi par la volonté générale. Paris 1791.
Literatur
Michel Racine (Hrsg.): Créateurs de jardins et de paysages en France de la Renaissance au XXIe siècle. Band1: De la Renaissance au début du XIXe siècle. Actes Sud, Arles 2001, ISBN 2-7427-3280-2, S.169–174.
Jean Chrétien Ferdinand Hoefer (Hrsg.): Nouvelle biographie générale depuis les temps les plus reculés jusqu’à nos jours. Band20. Paris 1857, Sp.689.