Piemontese ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Zum italienischen Ordensgeistlichen und Bischof siehe Giuseppe Piemontese.
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Die piemontesische Sprache (auch das Piemontesische;Piemontèis im Piemontesischen, Piemontese im Italienischen) ist eine galloromanische Varietät, die von über 2,1 Millionen Menschen im Piemont gesprochen wird. Seit 1981 erkennt sie der Europarat offiziell als Minderheitensprache an. Sie gehört zu den gefährdeten Sprachen und wurde von der UNESCO in den Atlas der gefährdeten Sprachen aufgenommen.
Als Schriftsprache wurde das Piemontesische seit dem Ende des 12. Jahrhunderts benutzt. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich
eine Literatur, die alle literarischen Formen, sowohl Gedichte als auch Romane, Dramen und Epik umfasste. Allerdings verlor das Piemontesische schon um diese Zeit seinen Rang als Sprache der Verwaltung und höheren Bildung an das Italienische, die auf dem Dialekt der Toskana, besonders dem florentinischen, beruhende Sprache Dantes.
Das 19. Jahrhundert brachte auch eine eigene wissenschaftliche Literatur und Literaturkritik hervor. Mit der Gründung eines italienischen Nationalstaates 1861 verstärkte sich der Niedergang des Piemontesischen aber weiter, obwohl die Einigungsbewegung vom politisch und wirtschaftlich weit fortgeschrittenen Piemont ausging. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es unter dem Einfluss der Urbanisierung und der Massenmedien größtenteils auch aus der mündlichen Kommunikation in den Familien verdrängt.
Lautung
Die heutig verbreitete Schreibweise wurde vom Autor und Literaten Pinin Pacòt entworfen, vorher gab es keine vereinheitlichte Schreibweise. Infolge der gemeinsamen galloromanischen Grundlage zeigt das Lautsystem Parallelitäten mit dem Französischen und dem Okzitanischen, so existieren die Palatale [y] (ü) und [ø] (ö).
Vokale
è: offenes e (ɛ) in wie in „essen“: enèrgich [ɛ'nɛʒik]
Anders als im Italienischen wird nicht zwischen kurzen (einfach geschriebenen) und langen (doppelt geschriebenen) Konsonanten unterschieden.
Betonung
Die Betonung eines Wortes liegt auf der letzten Silbe, wenn diese auf einen Konsonanten endet, und auf der Vorletzten, wenn das Wort auf einen Vokal ausgeht. Wird das Wort auf einer anderen Silbe betont, wird dies durch einen Gravis-Akzent zum Ausdruck gebracht. Akut in den Fällen é und ó verweist hingegen auf einen geschlossenen Vokal.
Grammatik
Nomen
Die Nomen lassen sich wie in allen romanischen Sprachen zwei Geschlechtern zuordnen: maskulin, feminin. Feminine Nomen enden im Singular für gewöhnlich auf -a, während maskuline häufig auf einen Konsonanten enden.
Die Bildung des Plurals ist vielgestaltiger als im Italienischen: Zwar kennen feminine Nomen die Endung -e, der maskuline Plural hingegen ist entweder mit dem Singular identisch oder erhält die Endung -i. Im ersteren Fall lässt sich der Plural wie in der benachbarten lombardischen Sprache am Artikel erkennen.
Die Konjugation der Verben lässt sich in drei Gruppen einteilen, daneben existieren zahlreiche irreguläre Verben.
Pronom
Gruppe I
Gruppe II
Gruppe III
Irregular
Irregular
–
-é
-e
-ì
-
-
–
canté (singen)
lese (lesen)
finì (beenden)
èsse (sein)
avej (haben)
Mi
i canto
i leso
i finisso
i son
i l’hai \ l’heu
Ti
it cante
it lese
it finisse
it ses
it l’has
Ël
a canta
a les
a finiss
l’é
a l’ha
Noi
i cantoma
i lesoma
i finioma
i soma
l’oma
Voi
i cante
i lese
i finisse
i seve
l’eve
Lor
a canto
a leso
a finisso
a son
l’han
(Partizip)
canté
lì
finì
sù
avì
Wortschatz
Charakteristisch sind die im Vergleich zum Italienischen recht stark verkürzten Wörter:
Piemontèis
Italienisch
Latein
fnoj
finocchio
fenuculum
maslè
macellaio
camellarius
plè
pelare
pilare
taiè
tagliare
taliare
Piemontesisch
Italienisch
Französisch
Spanisch
Rumänisch
Katalanisch
Latein
Deutsch
cadrega
sedia
chaise
silla
scaun
cadira
sella/cathedra
Stuhl
pijé
prendere
prendre
tomar
a lua
prendre
capere/prendere
nehmen
surtì
uscire
sortir
salir
a ieşi
sortir
exire
herausgehen
droché/casché/tombé
cadere
tomber
caer
a cădea
caure
cadere
fallen
ca/mison
casa
maison
casa
casă
casa
casa
Haus
brass
braccio
bras
brazo
braţ
braç
bracchium
Arm
nùmer
numero
numéro
número
număr
nombre
numerus
Zahl
pom
mela
pomme
manzana
măr
poma
malum
Apfel
travajé
lavorare
travailler
trabajar
a lucra
treballar
laborare/operari
arbeiten
crava
capra
chèvre
cabra
capră
cabra
capra
Ziege
scòla
scuola
école
escuela
şcoală
escola
schola
Schule
bòsch
legno
bois
madera
lemn
bosc
lignum
Holz
monsù
signore
monsieur
señor
domn
senyor
dominus
Herr (Anrede)
madama
signora
madame
señora
doamnă
senyora
domina
Frau (Anrede)
istà
estate
été
verano
vară
estiu
aestas
Sommer
ancheuj
oggi
aujourd’hui
hoy
astăzi
avui
hodie
heute
dman
domani
demain
mañana
mâine
demà
cras
morgen
jer
ieri
hier
ayer
ieri
ahir
heri
gestern
lùnes
lunedì
lundi
lunes
luni
dilluns
dies Lunae
Montag
màrtes
martedì
mardi
martes
marţi
dimarts
dies Martis
Dienstag
mèrcol/merco
mercoledì
mercredi
miércoles
miercuri
dimecres
dies Mercurii
Mittwoch
giòbia
giovedì
jeudi
jueves
joi
dijous
dies Iovis
Donnerstag
vënner
venerdì
vendredi
viernes
vineri
divendres
dies Veneris
Freitag
saba
sabato
samedi
sábado
sâmbătă
dissabte
dies Saturnis
Samstag
dumìnica
domenica
dimanche
domingo
duminică
diumenge
dies Solis
Sonntag
Literatur
Mauro Tosco, Emanuele Miola, Nicola Duberti: A Grammar of Piedmontese. A Minority Language of Northwest Italy (= Grammars and Sketches of the World’s Languages. Band 19). Brill, Leiden 2023, ISBN 978-90-04-54405-5.