Thiel wurde am 11. Oktober 1967 in Frankfurt am Main als Sohn von Klaus und Susanne Thiel geboren.[2] Sein Vater war Chemiker.[3] Als Peter Thiel ein Jahr alt war, wanderten seine Eltern in die Vereinigten Staaten aus[4] und ließen sich zunächst in Cleveland, Ohio, nieder. Aufgrund wechselnder Arbeitsorte des Vaters musste die Familie immer wieder umziehen. Thiel besuchte unter anderem eine deutsche Schule in Swakopmund in Südwestafrika.[5] 1977 ließ sich seine Familie in Foster City, Kalifornien, nieder.[2]
Ein Philosophie-Studium an der Stanford University schloss Thiel 1989 mit einem Bachelor of Arts ab. 1992 erlangte er an der Stanford Law School den Juris Doctor. Anschließend arbeitete Thiel in New York – zunächst für einen Bundesrichter und dann in der Anwaltskanzlei Sullivan & Cromwell LLP. Bereits nach weniger als einem Jahr wechselte er als Derivate-Händler zu Credit Suisse. 1996 kehrte er nach Kalifornien zurück und gründete dort seinen eigenen Anlagefonds Thiel Capital Management.[6]
Investor
1998 lernte Thiel den Informatiker Max Levchin kennen. Im Dezember 1998 gründete er zusammen mit Max Levchin und Luke Nosek in Palo Alto, Kalifornien, die Firma Confinity. Im März 2000 wurde von Confinity zusammen mit Elon Musks Firma X.com das Start-up-UnternehmenPayPal gegründet. Thiel investierte 280.000 US-Dollar und wurde Chief Executive Officer (CEO) des Unternehmens. 2002 brachte Thiel PayPal an die Börse. Mit dem Erlös von 55 Millionen US-Dollar aus der Übernahme von PayPal durch eBay im selben Jahr gründete Thiel Clarium Capital Management, einen Global-Macro-Hedge-Fonds. Dieser Hedgefonds verwaltete Anfang 2007 ungefähr 2,1 Milliarden US-Dollar. 2003 war er Mitbegründer von Palantir Technologies, einer Firma, die Datenanalyse-Software entwickelt, die von der US-amerikanischen Regierung unter anderem für Geheimdiensttätigkeiten und die Terrorbekämpfung eingesetzt wird.[7] Gleichzeitig ist er Vorsitzender und seit Ende 2014 größter Anteilseigner dieser Firma.[8] Im Juni 2004 stieg Thiel als erster Investor mit einem Darlehen von 500.000 US-Dollar bei Facebook ein. Später wandelte er es in 7-Prozent-Anteile an Facebook um. Beim Facebook-Börsengang im Mai 2012 verkaufte Thiel 16,8 Millionen Facebook-Anteile im Wert von 640 Millionen US-Dollar. Nach dem Ende der Haltefrist für Investoren am 16. August verkaufte er weitere 20 Millionen Aktien für rund 400 Millionen US-Dollar.[9] Seit Anfang des Jahres 2015 investiert Thiel in den wachsenden Cannabismarkt der USA.[10] Seit März 2020 beteiligt sich Thiel am jungen Biotech-Unternehmen Abcellera, wo er mittlerweile auch im Aufsichtsrat sitzt.[11] Zu seinen weiteren Investitionen gehören FinTech-Unternehmen wie Deposit Solutions und nextmarkets; die börsennotierte Healthcare-Firma MagForce sowie die Biotech-Firma Compass Pathways.[12]
Neben seiner Tätigkeit als Finanzmanager engagierte sich Thiel vielfältig. So finanzierte er als sogenannter Executive Producer die satirische Filmkomödie Thank You for Smoking. Er unterstützte die Arbeiten von Aubrey de Grey zur Überwindung der Alterungsprozesse beim Menschen mit mehreren Millionen US-Dollar.[13] Zudem fördert Thiel gezielt junge Gründer im Technologiebereich. Im Jahr 2011 etwa vergab er Stipendien an zwanzig Studenten in den USA im Wert von jeweils 100.000 US-Dollar.[14]
Im Dezember 2021 wurde bekannt, dass der zurückgetretene österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz als ‚Global Strategist‘ für Thiel arbeitet.[15][16][17]
Ideologie
Thiel bekennt sich zum Libertarismus – einer politischen Philosophie, die persönliche Freiheit über staatlichen Einfluss stellt –, während er gleichzeitig die Politik des freien Marktes ablehnt, da freier WettbewerbProfite senke. Wettbewerb sei „eine Ideologie, […] die unsere Gesellschaft pervertiert und unser Denken zerstört“. Freiheit und Demokratie hält Thiel für unvereinbar.[16] Wettbewerb sei etwas für Verlierer, weshalb er Firmengründern rät, durch innovative Technologien Monopole aufzubauen, die er entgegen der klassischen Sichtweise als Fortschrittsmotoren propagiert. Dabei unterscheidet er zwischen „kreativen Monopolen“ und „illegalen Tyrannen oder Lieblingen der Regierung“, die keine Monopolrenten verdient hätten. Seine Thesen wirken als intellektuelle Rückendeckung für Technologiekonzerne, die eine dominante, marktbeherrschende Stellung anstreben, indem sie Konkurrenten kaufen oder vernichten. Dies gilt insbesondere für die Gedankenwelt des Silicon Valley, die Thiel mit seinen Ideen entscheidend geprägt hat. Hierzu zählt auch die von ihm gelobte Praxis, Behörden gegenüber zu lügen, um sich deren Einfluss zu entziehen, da aus seiner Sicht „Firmen über Staaten“ stünden.[18][19][20] Unternehmen würden besser geführt als Regierungen, weil an ihrer Spitze ein alleiniger Entscheider mit quasi diktatorischer Vollmacht steht, der keiner demokratischen Legitimation bedarf. Aus ähnlichen Gründen sieht er das Frauenwahlrecht kritisch, obwohl man es seiner Einschätzung nach nicht abschaffen sollte: Beteiligung von Frauen sei – wie Wahlen und demokratische Partizipation überhaupt – kein erfolgversprechender Weg zur Steuerung einer freien Gesellschaft.[21]
Thiel werden Kontakte zur neoreaktionären Bewegung (NRx) und deren geistigem Vordenker Curtis Yarvin nachgesagt. So investierte Thiel in dessen dezentralisierte Server-Computerplattform Urbit. Yarvin hatte sich auf seinem privaten Blog für die Abschaffung der Demokratie und ihre Ersetzung durch als private Aktiengesellschaften geführte absolutistische und quasi-monarchistische Regime ausgesprochen.[22][23]
Politik
Seine politische Orientierung zeichnete sich bereits während des Studiums ab: 1987 gründete er die libertäre wöchentlich erscheinende Campuszeitung The Stanford Review. Schon im Wahlkampf 2008 unterstützte er den libertär eingestellten Ron Paul für die Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Im Präsidentenwahlkampf 2012 war er der größte Einzelspender von Paul, er spendete 2,6 Millionen US-Dollar in Pauls Super-PAC, und auch die Tea-Party-Bewegung erhielt Geld von ihm.[24] In einem Aufsatz von 2009 bezeichnete er Freiheit und Demokratie als miteinander unvereinbar („Most importantly, I no longer believe that freedom and democracy are compatible“).[25] Er unterstützt Patri Friedman mit seinem Projekt Seasteading, ein anti-nationales, libertäres Vorhaben von Siedlungen auf See außerhalb von Nationalstaaten.[25][26] 2020 investierte er weitere Millionen Dollar in Friedmans Privatstadt-Fund Pronomos Capital.[27][26]
Bei der Republican National Convention 2016 war Thiel Delegierter für Donald Trump,[29][30] für dessen Wahlkampf er 1,25 Millionen US-Dollar gespendet haben soll.[31] Nach Trumps Wahl zum Präsidenten der USA wirkte er als einer seiner Berater.[32]
In einem Interview mit René Scheu, das im April 2019 in der NZZ veröffentlicht wurde, sprach Thiel von der „Gleichschaltung der Köpfe“ im Silicon Valley. Das sei der Grund für seinen Umzug nach Los Angeles. Beobachter hatten seine Entfremdung vom Silicon Valley dagegen auf die Außenseiterposition zurückgeführt, in die er infolge seiner Unterstützung von Donald Trump in diesem Umfeld geraten sei.[33] Das Handeln des amerikanischen Präsidenten nannte er in dem Interview 2019 „viel zu wenig disruptiv“, dennoch wolle er ihn weiterhin unterstützen. Die populistische Bewegung in den USA, aber auch in Europa, führt er auf eine ökonomische Stagnation zurück, die seit Jahrzehnten anhalte und von den Leuten empfunden, von der Ökonomie und der Politik aber geleugnet werde.[34]
Thiel fördert nach Trumps Wahlkampf 2020 jüngere, dem rechtspopulistischen Donald Trump nahestehende Republikaner,[35] unter anderem Blake Masters, den Mitautor von Zero to One, der Präsident der Thiel-Stiftung ist und 2022 als Kandidat für das Amt des Senators für den Bundesstaat Arizona antrat, jedoch unterlag, Josh Hawley, Senator für den Bundesstaat Missouri, und JD Vance, der 2022 als Senator für Ohio kandidierte und gewann.[36] Blake Masters und JD Vance erhielten von ihm je 10 Millionen Dollar für ihre Wahlkampagnen.[37]
Im Februar 2022 erklärte Thiel, sich aus dem Verwaltungsrat von Meta Platforms zurückziehen zu wollen und bei der kommenden Aktionärsversammlung nicht mehr zur Wiederwahl anzutreten, weil er sich laut US-Medienberichten anlässlich der US-Kongresswahlen 2022 politisch stärker engagieren und sich für Donald Trumps Agenda einsetzen wolle.[37][38]
Die von ihm abgelehnte Woke-Bewegung führt er auf das Christentum zurück, weil dieses immer Partei für die Opfer ergreife.[39]
Privates
Auch als Schachspieler war Thiel aktiv, allerdings sind seit Ende Juli 2003 keine Turnierpartien mehr verzeichnet. Mit der Elo-Zahl von 2199, die er während zwei Turnieren in San Francisco 2003 erzielte, zählte er zu den tausend besten Schachspielern in den USA.
Im Jahre 2007 wurde er durch den US-Klatschblog Gawker als homosexuellgeoutet.[40] Im Prozess des ehemaligen WrestlersHulk Hogan gegen das Online-Portal übernahm er Hogans Anwaltskosten in Höhe von zehn Millionen US-Dollar. Gawker hatte ein Sex-Video des Ex-Profisportlers veröffentlicht und wurde zu einem Schadensersatz von 115 Millionen US-Dollar verurteilt. Infolgedessen musste Gawker sein Erscheinen einstellen.[41][42] Nachdem dies bekannt geworden war, teilte Thiel in einem Interview mit, dass er mehrere Prozesse gegen Gawker finanziert und ein eigenes Anwaltsteam damit beauftragt habe, Mandanten für Prozesse gegen Gawker zu gewinnen; Thiel bezeichnete dieses Vorgehen als „Philanthropie“.[29][43] Am 22. Juli 2016 hielt Thiel auf dem Parteitag der Republikaner in Cleveland unter Applaus der Teilnehmenden eine Rede, in der er Trump als Retter der Nation präsentierte und äußerte: „Ich bin stolz, homosexuell zu sein. Ich bin stolz, ein Republikaner zu sein. Vor allem bin ich stolz, Amerikaner zu sein!“ (“I am proud to be gay. I am proud to be a Republican. But most of all, I am proud to be an American.”).[44][45]
Mitte Oktober 2017 heiratete er in Wien seinen langjährigen Partner Matt Danzeisen.[46] 2023 verstarb das Model Jeff Thomas, der seit 2020 Thiels romantischer Partner gewesen war.[47]
Thiel geriet im August 2016 in die Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass er sich zur Verjüngung Blut von jungen Spendern spritzen lassen möchte.[51][52]
Im Jahr 2021 wurde bekannt, dass er Versuche, ausgestorbene Wollhaarmammuts wiederzubeleben, finanziell unterstützt. Der Molekularbiologe George Church erhielt mindestens 100.000 US-Dollar von Thiel, um im Zwischenschritt „Mammut-Elefanten-Hybriden“ durch eine genetische Kreuzung mit asiatischen Elefanten und schließlich die vor etwa 10.000 Jahren ausgestorbene Spezies neu zu erschaffen.[53]
Vermögen
Im Februar 2022 verfügte Thiel nach Angaben von Forbes über 2,6 Milliarden US-Dollar Privatvermögen.[54] Laut Bloomberg betrug sein Privatvermögen 7,8 Milliarden US-Dollar (Stand Mai 2022).[55] In Neuseeland besitzt er unter anderem ein 193 Hektar großes Grundstück am LakeWānaka.[56]
Auszeichnungen
2013: Crunchie Award als Venture Capitalist des Jahres von TechCrunch[57]
mit David Sacks: The Diversity Myth: Multiculturalism and the Politics of Intolerance at Stanford. Independent Institute, Oakland 1996, ISBN 0-945999-42-9.
mit Garri Kasparov, Max Levchin: The Blueprint: Reviving Innovation, Rediscovering Risk, and Rescuing the Free Market. W. W. Norton & Company, New York 2012, ISBN 0-393-08147-8.
Thiel war eine Inspiration für die Figur des Tobias Erkner in Jonas Lüschers Roman Kraft (2017).[61]
In dem Song Right Time to Thiel (2022) von Jan Böhmermann im ZDF Magazin Royale werden Thiels politische Äußerungen im Stil eines James-Bond-Titelliedes satirisch thematisiert.[62]
In der Miniserie The Playlist (2022), welche die Entstehungsgeschichte von Spotify erzählt, wird Thiel vom Schauspieler Orlando Wells verkörpert.
Literatur
Max Chafkin: Peter Thiel. Wie der Pate des Silicon Valley die Welt beherrscht. FinanzBuch, München 2021, ISBN 978-3-95972-330-5 (mit Anmerkungen).
Max Chafkin: The Contrarian: Peter Thiel and Silicon Valley’s Pursuit of Power. Bloomsbury, London 2021, ISBN 978-1-5266-1956-3 (englische Originalausgabe).
Thomas Rappold: Peter Thiel. Facebook, PayPal, Palantir. Wie Peter Thiel die Welt revolutioniert. Die Biografie. FinanzBuch, München 2017, ISBN 978-3-95972-051-9.
George Packer: Die Abwicklung. Eine innere Geschichte des neuen Amerika. Fischer, Frankfurt am Main 2015, ISBN 978-3-596-03025-5 (Taschenbuchausgabe; die deutsche Erstausgabe erschien 2014 bei S. Fischer).
Jimmy Soni: The founders : Elon Musk, Peter Thiel and the company that made the modern internet, London : Atlantic Books, 2022, ISBN 978-1-78649-828-1
↑Ahmed Areff. In: Apartheid 'works', billionaire PayPal founder and Trump backer Peter Thiel said, book claims. 15. November 2021, abgerufen am 17. September 2023.
↑ abHans Rauscher: Freiheit vs. Demokratie. Die Philosophie des Peter Thiel, des neuen Chefs von Sebastian Kurz. In: Der Standard. Wien 30. Dezember 2021 (derstandard.at [abgerufen am 3. Dezember 2024]).
↑Frank Herrmann: Peter Thiel, der Spendenkaiser der US-Populisten. In: derstandard.de. 16. Februar 2022, abgerufen am 31. Mai 2022: „Wie aus dem kreativen Freigeist ein Geldgeber der populistischen Rechten mit ihren autoritären Neigungen werden konnte, darauf versucht Max Chafkin in der Biografie The Contrarian Antworten zu geben“
↑Patrick Bernau: Peter Thiel gegen Gawker: Rache, jahrelang geplant. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 26. Mai 2016, ISSN0174-4909 (faz.net [abgerufen am 26. Mai 2016]).
↑Zachary Snowdon Smith: Peter Thiel Leaving Meta Board To Focus On Pro-Trump Politics. 7. Februar 2022, abgerufen am 21. Februar 2022: „Thiel, whose net worth stands at $2.6 billion, plans to step down at Meta’s 2022 Annual Meeting of Stockholders, the company announced.“
↑Peter Thiel. In: Bloomberg.com. (bloomberg.com [abgerufen am 1. Mai 2022]).
↑Trend-Autor Jonas Lüscher: «Die Reichen werden unsterblich und der grosse Rest überflüssig». In: bz Basellandschaftliche Zeitung. 15. April 2017 (basellandschaftlichezeitung.ch [abgerufen am 17. Februar 2018]).