Peginterferon β-1a ist der erste PEGylierteArzneistoff aus der Gruppe der Beta-Interferone. PEGylierung bedeutet eine Bindung des Wirkstoffes mit Polyethylenglycol (PEG), wodurch der Wirkstoff vor diversen Abbauprozessen besser geschützt wird, und dadurch eine längere Wirkzeit ermöglicht wird. PEGyliertes Beta-Interferon braucht daher nur noch alle zwei Wochen subkutan gespritzt zu werden. Der Wirkstoff ist jedoch sofort nach der Applikation verfügbar. Peginterferon β-1a (Handelsname Plegridy®, Hersteller Biogen) wurde im Juli 2014 in Europa und im August 2014 in den USA zur Behandlung der Multiplen Sklerose zugelassen.[1][2][3][4][5]
Interferone wurden 1957 primär als zelluläre Abwehrstoffe gegen die Ausbreitung von Virusinfektionen im Gewebe entdeckt.[6] Interferone besitzen die Eigenschaft, über eine unspezifische Stimulation der T-Lymphozyten eine Abwehrreaktion des Körpers gegen manche Virusinfektionen zu verstärken. Heute steht neben den antiviralen Eigenschaften zusätzlich die Anti-Tumor-Wirkung im Vordergrund des therapeutischen Interesses.
Peginterferon α-2b war das erste pegylierte Interferon auf dem Markt und wurde unter dem Produktnamen PegIntron® zugelassen. Zwischenzeitlich gibt es einige verschiedene Peginterferon-α-Varianten und auch einige andere pegylierte Medikamente, z. B. Mircera® (Hersteller Roche) und Neulasta® (Hersteller Amgen).
Die PEGylierung erhöht die Molekülmasse des Wirkstoffes und kann einige signifikante pharmakologische Vorteile gegenüber dem unmodifizierten Wirkstoff implizieren:
erhöhte Wirkstofflöslichkeit
Verlängerung der Zeiträume zwischen der Applizierung des Wirkstoffes ohne Reduzierung der Effizienz und mit meist geringeren toxischen Nebenwirkungen
verlängerte Verweilzeit im Körper des Patienten
erhöhte Wirkstoffstabilität
besseren Schutz gegen den Abbau durch Proteasen
Kommerziell gesehen hat die PEGylierung ebenfalls Vorteile. So können neben der Entwicklung patientenfreundlicherer Darreichungsformen und Dosierungen auch die Patentlaufzeiten älterer Wirkstoffpatente durch neue Patente verlängert werden.
Studien
Peginterferon β-1a
Im April 2014 wurden auf dem Annual Meeting der American Academy of Neurology die Ergebnisse der so genannten ADVANCE-Studie präsentiert, die die Grundlage zum Zulassungsantrag darstellen. Die zweijährige Phase-III-Studie war eine globale, multizentrische, randomisierte, doppelblinde, Parallelgruppen-, Placebo-kontrollierte Studie, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Plegridy® bei 1.516 Patienten mit MS evaluieren sollte. Die Studie untersuchte zwei Dosierungen von Plegridy®: 125 µg subkutan alle zwei Wochen oder alle vier Wochen im Vergleich zu Placebo. Plegridy® – einmal alle zwei Wochen subkutan appliziert – erzielte alle primären und sekundären Endpunkte in Bezug auf eine deutliche Reduzierung der Krankheitsaktivität, einschließlich Rückfälle und Behinderungsprogression und zeigte ein günstiges Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil nach einem und zwei Jahren.[3]
Literatur
P.A. Calabresi: Pegylated interferon beta-1a for relapsing-remitting multiple sclerosis (ADVANCE): a randomised, phase 3, double-blind study. In: The Lancet Neurology. Mai 2014, doi:10.1016/S1474-4422(14)70068-7.
↑Alick Isaacs, Jean Lindenmann: Virus Interference. I. The Interferon. In: Proceedings of the Royal Society of London. Series B - Biological Sciences. Band147, Nr.927, 9. Dezember 1957, S.258–267, doi:10.1098/rspb.1957.0048.
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