Paweł Huelle starb im November 2023 im Alter von 66 Jahren.
Weiser Dawidek
Als Schriftsteller machte Huelle sich mit seinem ersten Roman Weiser Dawidek sofort einen Namen. Das Buch wurde von der polnischen Kritik als Meisterwerk und wichtigstes Werk der 1980er-Jahre gefeiert. Es ist in viele Sprachen übersetzt und im Jahr 2000 durch Wojciech Marczewskiverfilmt worden.
„Ist es nicht ganz einfach so, dass der Autor in die Figur Dawid Weisers, wie in eine Schatulle, all jene Sehnsüchte der Polen gelegt hat: Flucht vor Dummheit, Tyrannei, Terror des Kollektivs. Und auf der anderen Seite: Klugheit, Effektivität, Güte und ein eigentümlicher Sinn für Humor? Wir können in diesem Werk die Züge des jüdischen Genies erkennen, das – aus Polen vertrieben – uns bis heute den Stempel einer gewissen Unzulänglichkeit und Mangelhaftigkeit aufdrückt. Aber das ist nur eine von vielen möglichen Interpretationen, mit denen wir uns unseren unheilbaren Ängsten und nicht zu stillenden Bedürfnissen nähern. Wenn ja, dann sind wir schließlich alle und überall auf der Suche nach Dawid Weiser.“
– Jerzy Jarzębski: Klappentext zu Weiser Dawidek, Wydawnictwo Znak, Kraków 2006
Literarischer Kontext
Ähnlich wie bei Günter Grass und seinem Danziger Kollegen Stefan Chwin kreisen seine Erzählungen vor allem um die Stadt Danzig, deren Geschichte und deren Einwohner. Es gelang ihm, eine Kontinuität der deutschen Geschichte zur polnischen Geschichte Danzigs, ganz ohne politische Animositäten, herzustellen. Gemeinsam mit Cezary Harasimowicz und Klaus Richter schrieb er 2005 das Drehbuch zu Robert GlińskisUnkenrufe – Zeit der Versöhnung, der Verfilmung des gleichnamigen Günter-Grass-Romans.
Preise und Auszeichnungen
1997 wurde Paweł Huelle für den wichtigen polnischen Literaturpreis Nike nominiert. 2005 wurde er mit dem Samuel-Bogumil-Linde-Preis ausgezeichnet.
Schnecken, Pfützen, Regen und andere Geschichten aus Gdansk. 1996
Silberregen. 2000
Verschollene Kapitel. 2002
Mercedes-Benz. 2003
Castorp. 2004 In Castorp bezieht sich Huelle auf die literarische Figur Hans Castorp aus Thomas MannsZauberberg und erzählt die Geschichte des Studenten Hans Castorp in Danzig, die im Zauberberg nicht explizit erzählt wird. Dort heißt es nur: … damals hatte er vier Semester Studienzeit am Danziger Polytechnikum hinter sich … Huelle lässt historische Figuren wie den Gründungsdirektor der Hochschule, Hans von Mangoldt, auftreten. Auf langen Spaziergängen und Ausflügen lernt Castorp Danzig und die Umgebung (v. a. das Seebad Zoppot) kennen. Er leidet unter einer depressiven Phase und einer unglücklichen Liebe. Die Stimmung der Zeit wie Ressentiments der Deutschen gegen Polen und Kaschuben sowie die politische Situation in Russland bilden den Hintergrund des Romans.
Literatur
Marion Brandt: Die Erinnerung an die Geschichte Danzigs und Bezugnahmen auf die deutsche Literatur im Werk von Paweł Huelle. In: Miłosława Borzyszkowska-Szewczyk, Gertrude Cepl-Kaufmann, Jasmin Grande und Eliza Szymańska (Hrsg.): Gedächtnistopografien in Grenzräumen. Das Pommernland, Danzig und das Rheinland als trilaterale Kulturregionen. fibre, Osnabrück 2022 (Einzelveröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Warschau; 44), ISBN 978-3-944870-78-6, S. 353–366.