Parler
Parler ist eine soziale Plattform für Mikroblogging des US-amerikanischen Unternehmens Parler, Inc. mit Sitz in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee. Es wird hauptsächlich von libertären, rechtskonservativen und rechtsextremen Nutzern benutzt.
Geschichte
Parler wurde 2018 in Henderson, Nevada, von den Softwareentwicklern[2][3] John Matze und Jared Thomson sowie der Investorin Rebekah Mercer gegründet.[4][5] Der Name, der sich von dem französischen Wort „parler“ („reden“) ableitet,[3] jedoch wie das amerikanische Wort „parlor“ („Wohnzimmer“) ausgesprochen wird,[6] sollte das Selbstverständnis einer uneingeschränkten Meinungsfreiheit bekräftigen.[7]
Nachrichten sind auf 1000 Zeichen begrenzt und hießen „Parleys“. Antworten wurden „Echo“ genannt.[6]
Nach Aussage des Unternehmens hatte sich die Nutzerzahl im November 2020 von fünf auf zehn Millionen verdoppelt,[6] alleine zwischen dem 6. und 10. November kamen über 4,5 Millionen neue Nutzer hinzu. Zwischenzeitlich war sie die am häufigsten heruntergeladene kostenlose App im Google Play Store.[8] Im Januar 2021 lag die Nutzerzahl nach Angaben des Unternehmens bei 20 Millionen.[1]
Vorübergehende Abschaltung
Nach dem Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 entfernte Google die Parler-App aus dem Play Store, weil die Kommunikation auf der Plattform im Hinblick auf aufhetzende Beiträge nicht moderiert werde. Der App Store des Technologiekonzerns Apple richtete ein Ultimatum an den Betreiber[9][10] und entfernte die App ebenfalls. Amazon Web Services kündigte an, dass der Dienst für die Parler-Apps ab dem 11. Januar 2021 als Webhost nicht mehr zur Verfügung steht.[11] Als Grund wurde eine beständige Zunahme von gewaltbezogenen Inhalten bei Parler genannt, die gegen die Richtlinien der AWS verstoßen.[12] Zwischen 11. Januar und 15. Februar 2021 war auch die Parler-Website nicht erreichbar.[13][14]
Kurz bevor die Website abgeschaltet wurde, war es Hackern gelungen, zahlreiche neue Konten mit Administrationsberechtigung anzulegen und auf diese Weise sämtliche Daten inklusive bereits gelöschter Postings zu erbeuten. Die Hacker kündigten an, sie würden die Daten archivieren und den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stellen.[15] Das US-Justizministerium konnte nach eigenen Angaben alle Handybesitzer im Kapitol identifizieren und verfüge zusammen mit den gehackten Daten über hinreichende Beweismittel, zumal sie auch Täteraktivitäten in der Vergangenheit abbilden.[16]
Ende Januar 2021 wurde der CEO John Matze vom Bord entlassen.[17] Auf den Interim-CEO Mark Meckler folgte im Mai des gleichen Jahres George Farmer, der der Brexit Party nahesteht.[18]
Parler nahm seinen Dienst am 15. Februar 2021 wieder auf, nachdem die Domainregistrierung auf Epik verschoben wurde.[19] Eine Version der App mit zusätzlichen Inhaltsfiltern wurde am 17. Mai 2021 im Apple App Store veröffentlicht.[20][21][22] Parler kehrte am 2. September 2022 zu Google Play zurück.[23]
Am 17. Oktober 2022 gab Parler in einer offiziellen Pressemitteilung bekannt, dass man sich mit dem Künstler Kanye West prinzipiell auf einen Verkauf der Plattform geeinigt habe.[24] Am 1. Dezember 2022 verkündete Parler, dass die Übernahme im gegenseitigen Einvernehmen abgesagt wurde.[25]
Parler wurde am 14. April 2023 vom digitalen Medienkonzern Starboard übernommen und am selben Tag geschlossen.[26] Laut einer Aussage von Starboard auf der Holding-Seite der Website war dies eine vorübergehende Maßnahme, um der Website eine „strategische Bewertung“ zu ermöglichen.[27]
Am 15. Dezember 2023 wurde das Unternehmen an eine neue Miteigentümergruppe verkauft, die aus Ryan Rhodes, Elise Pierotti und Jaco Booyens bestand. Ryan Rhodes wurde zum CEO ernannt.[28] Ein Relaunch 2024 wurde von der neuen Eigentümer kurz nach dem Kauf des Unternehmens angedeutet. Im Januar 2024 haben die externen Social-Media-Kanäle des Unternehmens offiziell den Betrieb wieder aufgenommen, um den Relaunch anzukündigen. Die Plattform selbst bleibt unzugänglich, aber die Website wurde wiederhergestellt.
Politisches Profil
Parler bevorzugte oder lehnte nach eigenen Angaben keine Weltanschauung kategorisch ab. Viele Nutzer stammten aus dem libertären[6] bis rechtskonservativen[29] oder rechtsextremen[30][31] Spektrum. Großen Zulauf erhielt Parler, seit Facebook, Twitter und YouTube Veröffentlichungen moderieren, um entsprechend ihrer Richtlinien und gesetzlicher Vorgaben zum Beispiel Aufrufe zur Gewalt, Holocaustleugnung oder Desinformationen einzudämmen. Vor und nach der Präsidentschaftswahl am 3. November 2020 ging bzw. geht Twitter verstärkt gegen die Verbreitung von Falschinformationen vor. Twitter sperrte Accounts und versah auch Tweets von US-Präsident Donald Trump mit Warnhinweisen, die Falschinformationen zu einem angeblichen Wahlbetrug enthielten.[5] Daraufhin wechselten zahlreiche Nutzer zu Parler.[6][8]
John Matze, Mitgründer und ehemaliger Vorstandschef,[2] bot reichweitenstarken linken Influencern einen Bonus von 20.000 US-Dollar als Anreiz, um zu Parler zu wechseln. Er behauptete, er wolle so die Meinungsvielfalt auf der Plattform stärken.[6]
Prominente Parler-Nutzer sind
- Eric und Ivanka Trump, Kinder von Donald Trump,[32][33]
- Kayleigh McEnany, Pressesprecherin des Weißen Hauses unter Trump,[32]
- Brad Parscale, ehemaliger Wahlkampfmanager von Donald Trump,
- Candace Owens und Sean Hannity, US-amerikanische politische Kommentatoren,[32][34][5][6]
- bekannte Republikaner wie Rand Paul, Ted Cruz[5][6] und Rudy Giuliani,[34]
- Steve Bannon, Publizist und politischer Berater in den USA,[5]
- David Duke, amerikanischer Neonazi und Politiker,[5]
- Jair Bolsonaro, Präsident Brasiliens,
- Martin Sellner, Chef der Identitären Bewegung Österreich,[35]
- Katie Hopkins, britische Journalistin,[36]
- Nick Griffin, früherer Anführer der British National Party.[37]
- Senator Mike Lee, Republikaner, Utah,[38]
- Devin Nunes, Republikaner, Kalifornien,[38]
- Jim Jordan, Republikaner, Ohio,[38]
- Elise Stefanik, Republikanerin, New York,[38]
- Nikki Haley, Republikanerin,[38]
- Kristi Noem, Republikanerin, Gouverneurin von South Dakota[38]
- Pete Ricketts, Republikaner, Gouverneur von Nebraska[38]
Auch Anhänger der Proud Boys,[35] der QAnon-Verschwörungsmythen sowie Holocaustleugner sind auf Parler aktiv.[5][3]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Jenni Thier: Die Tech-Giganten verbannen Parler aus dem Internet. Dessen CEO sagt: „Man kann Menschen nicht bis zur Unterwerfung sperren“. In: Neue Zürcher Zeitung. 12. Januar 2021, abgerufen am 12. Januar 2021.
- ↑ a b Daniel Friedrich Sturm: Wo Trump Alternativen zu Twitter und Fox News findet. In: Die Welt. 17. November 2020, abgerufen am 3. Dezember 2020.
- ↑ a b c Mike Isaac, Kellen Browning: Fact-Checked on Facebook and Twitter, Conservatives Switch Their Apps. In: The New York Times. 11. November 2020, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
- ↑ Jason Murdock: Who Owns Parler? Social Media Platform Offers Safe Space for the Far Right. In: Newsweek. 25. Juni 2020, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
- ↑ a b c d e f g Heike Buchter: Die Milliardärsfamilie Mercer half Trump ins Weiße Haus. Nun finanziert sie das rechte Netzwerk Parler, Die Zeit, Nr. 48, 19. November 2020, S. 29
- ↑ a b c d e f g h Alan Cassidy: In der rechten Echokammer, Süddeutsche Zeitung, Nr. 277, 30. November 2020, S. 24.
- ↑ Poppy Noor: New rightwing free speech site Parler gets in a tangle over … free speech. In: theguardian.com. 1. Juli 2020, abgerufen am 28. September 2020 (englisch).
- ↑ a b Max Hoppenstedt, Judith Horchert, Janne Knödler und Marcel Rosenbach: Parler, 8kun und »thedonald« – Der Mob aus den Paralleluniversen. In: Spiegel online. 8. Januar 2021, abgerufen am 9. Januar 2021.
- ↑ Brittany De Lea: Google suspends Parler app from Play Store over failure to moderate egregious content. In: foxnews.com. 8. Januar 2021, abgerufen am 9. Januar 2021 (englisch).
- ↑ Google entfernt Parler aus App-Store – Apple setzt Frist. In: Die Zeit. 9. Januar 2021, abgerufen am 9. Januar 2021
- ↑ Nach Google und Apple setzt auch Amazon Dienste für Parler aus In: spiegel.de, 10. Januar 2021
- ↑ James Leggate: Amazon Web drops Parler over posts ‘inciting violence’ after Capitol riot. In: foxbusiness.com. 9. Januar 2021, abgerufen am 8. Februar 2021 (englisch).
- ↑ Parler ist nicht mehr erreichbar. In: Spiegel Online. 11. Januar 2021, abgerufen am 22. Januar 2021.
- ↑ Rechtes Onlinenetzwerk – Parler ist wieder online. In: Spiegel Online. 15. Februar 2021, abgerufen am 15. Februar 2021.
- ↑ Andreas Proschofsky: Rechtes Twitter-Pendant Parler nun vollständig offline – Hacker erbeuteten zuvor alle Daten. In: derStandard.at. 11. Januar 2021, abgerufen am 11. Januar 2021.
- ↑ Malte Mansholt: Beweismittel per Messenger: Die Kapitol-Stürmer fühlten sich bei Parler sicher – sehr zur Freude des FBI. In: stern.de. 15. Januar 2021, abgerufen am 18. Januar 2021.
- ↑ Jeff Horwitz, Keach Hagey: Parler CEO Says He Was Fired as Platform Neared Restoring Service. In: wsj.com. 4. Februar 2021, abgerufen am 11. März 2022 (englisch, Paywall).
- ↑ Elizabeth Culliford: Parler returns to Apple’s App Store, names new CEO. In: reuters.com. 17. Mai 2021, abgerufen am 11. März 2022 (englisch).
- ↑ Danielle Abril: Treffen Sie Epik, den besten Freund der Rechten, online. In: Fortune. 19. Januar 2021, abgerufen am 19. Januar 2021.
- ↑ Adi Robertson: Parler ist nach einem Monat Ausfallzeit wieder online. In: The Verge. 15. Februar 2021, abgerufen am 15. Februar 2021 (englisch).
- ↑ Lexi Lonas: Parler kündigt offiziellen Relaunch an und sagt, dass er wieder online ist. In: TheHill. 15. Februar 2021, abgerufen am 15. Februar 2021 (englisch).
- ↑ Brett Molina: Parler ist Zurück auf iPhones: Die Social-Media-App kehrt in den App Store von Apple zurück. In: USA Today. 17. Mai 2021, abgerufen am 17. Mai 2021 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Sara Fischer: Google bringt Parler zurück in den Google Play Store. In: Axios. 2. September 2022, abgerufen am 2. September 2022 (englisch).
- ↑ Ye, Formerly Known as Kanye West, to Acquire Parler Platform. 17. Oktober 2022, abgerufen am 18. Oktober 2022 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Martin Holland: Kanye West verherrlicht Nazis: Rechtes Netzwerk Parler sagt Übernahme ab. In: heise.de. 2. Dezember 2022, abgerufen am 2. Dezember 2022.
- ↑ Konglomerat Starboard kauft Parler, um die Social-Media-App vorübergehend zu schließen In: Reuters, 14. April 2023. Abgerufen am 14. April 2023 (englisch).
- ↑ Parler. In: parler.com. 14. April 2023, abgerufen am 16. April 2023.
- ↑ Conservative Social-Media-App Parler plant, vor den Wahlen 2024 neu zu starten. In: NBC News. 18. Dezember 2023, abgerufen am 6. März 2024 (englisch).
- ↑ Jenni Thier: Weil Twitter und Facebook nicht alles erlauben, kommt jetzt ein neuer Spieler auf den Markt. In: NZZ.ch. 8. August 2020, abgerufen am 8. September 2020.
- ↑ Parler is a haven for extremists, anti-hate group says. In: Fortune. 14. November 2020, abgerufen am 11. März 2022 (englisch).
- ↑ Alex Newhouse: Big Tech's rejection of Parler shuts down a site favored by Trump supporters – and used by participants in the US Capitol insurrection. In: The Conversation. 12. Januar 2021, abgerufen am 11. März 2022 (englisch).
- ↑ a b c Alex Woodward: We signed up for Parler. Here's what you’ll find on the right’s latest social media platform. In: The Independent. 2. Juli 2020, abgerufen am 28. September 2020 (englisch).
- ↑ Twitter. Abgerufen am 18. November 2020 (englisch).
- ↑ a b Abid Rahman: "I'm Done": Right-Wing Personalities Ditching Twitter for Parler Over Claims of Censorship. In: The Hollywood Reporter. 24. Juni 2020, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
- ↑ a b Georg Ismar: Wie „Proud Boys“ mit der Angst vor der Eskalation spielen. In: Der Tagesspiegel. 14. November 2020, abgerufen am 3. Dezember 2020.
- ↑ Jamie Doward, Mark Townsend: The UK social media platform where neo-Nazis can view terror atrocities. In: theguardian.com. 28. Juni 2020, abgerufen am 10. November 2020 (englisch).
- ↑ Rita Katz: Neo-Nazis Are Running Out of Places to Hide Online. In: wired.com. 7. September 2020, abgerufen am 10. November 2020 (englisch).
- ↑ a b c d e f g Aila Slisco: Here Are All the Prominent Conservatives Who Have Joined Parler. In: newsweek.com. 18. November 2020, abgerufen am 14. Januar 2021 (englisch).
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