Osias Beert der Ältere (* um 1580 vermutlich in Antwerpen; † Ende 1623 in Antwerpen) war ein in Antwerpen tätiger flämischer Stilllebenmaler. Er spielte eine wichtige Rolle bei der frühen Entwicklung von Blumen- und Frühstücksstillleben als eigenständige Gattungen in der nordeuropäischen Kunst. Er gilt als einer der einflussreichsten Künstler der frühesten Generation von Stilllebenmalern in Flandern.[1] Er trug insbesondere bei zur Entwicklung von Stillleben auf Tischplatten mit festlichen kulinarischen Köstlichkeiten sowie von üppigen Blumensträußen, die typischerweise in Wan-Li-Vasen präsentiert wurden.[2] Er war auch als Kunsthändler und Korkhändler tätig.[3]
Über das frühe Leben des Künstlers ist wenig bekannt. Es wird angenommen, dass er um 1580 in Antwerpen geboren wurde. Er war Schüler von Andries Baesteroy (Andris van Baseroo) und wurde ab 1602 als Meister in der Antwerpener Lukasgilde aufgeführt.[4] Osias Beert d. Ä. heiratete 1606 Margarita Ykens, die Schwester von Frans Ykens d. Ä., und wurde somit der Onkel des Malers Frans Ykens d. J.[5][6]
Osias Beert hatte zwei Söhne, nämlich Elias und Osias d. J. Zunächst wurde vermutet, dass Elias mit Osias d. J. identisch sei.[4] Elias und Osias d. J. scheinen allerdings doch zwei eigenständige Personen gewesen zu sein, wobei Osias d. J. vermutlich etwas älter war als sein Bruder Elias.[5] Osias Beert der Jüngere wurde auch ein Stilllebenmaler. Er, sowie die Schüler von Osias Beert dem Älteren, sind wahrscheinlich für die vielen Repliken und Varianten der Kompositionen von Beert dem Älteren verantwortlich, die heute noch existieren.[2] Es ist unwahrscheinlich, dass Osias Beert der Jüngere bei seinem Vater gelernt hat, da sein Vater vermutlich starb, als der Sohn noch sehr jung war.[7]
Für das Jahr 1615 ist die Mitgliedschaft in der Antwerpener RederijkerkamerDe Olijftak nachweisbar.[8] Darüber hinaus wurde er in Antwerpen auch als Korkhändler registriert.[9] Die Tatsache, dass er eine zweite Beschäftigung hatte, lässt darauf schließen, dass er kein hohes Einkommen aus seiner künstlerischen Arbeit bezog. Er wohnte im Schipperskwartier (Schifferviertel), einem bescheidenen Stadtteil von Antwerpen.[2] Nach seinem Tod musste seine Witwe Margriet Ykens die Möbel und Gemälde des Paares verkaufen, um eine Schuld bei dem Maler David Rijckaert II zu begleichen, der ihnen Geld für die Eröffnung ihres Geschäfts geliehen hatte.[10]
Osias Beert d. Ä. nahm, soweit bekannt, folgende Schüler an: Hans Ickens (1605), Frans van der Borcht (1610), Pieter Doens (1611), Frans Ykens d. J. (1615), Paulus Pontius (1616) und Jan Willemsen (1618).[3] Es wird angenommen, dass er Ende 1623 in Antwerpen starb.[11]
Kunsthistorische Bedeutung
Osias Beert d. Ä. ist einer der bekanntesten Vertreter der Anfang des 17. Jahrhunderts in Antwerpen tätigen Stilllebenmaler und somit gleichzeitig einer der ersten Maler des autonomen Stilllebens überhaupt. Er malte ausschließlich Blumen- und Früchtestillleben sowie Imbissbilder. Er gilt im Besonderen als Meister von anspruchsvollen Dessert- und Früchtestillleben. Er malte vorwiegend auf Paneele (Kupfer oder Eichenholz). Nur 12[12] der insgesamt ca. 92 ihm zugeschriebenen Werke sind signiert oder monogrammiert – kein einziges ist datiert.
Eine ungefähre Abfolge einer Reihe von Beerts Stillleben ist nur auf Grund der Datierung der Kupferplatten möglich, auf die das jeweilige Stillleben gemalt wurde.[4] Von seinen auf Kupfer geschaffenen Werken tragen drei die Marke des Tafelmachers Pieter Stas und die Jahreszahlen 1607, 1608 und 1609. Auch wenn ein Mangel an datierten Werken die Datierung seines Werks erschwert, erlaubt die stilistische Analyse eine vorläufige Chronologie. Die Werke mit einem hohen Standpunkt und wenig Überschneidungen der Objekte werden als früher angesehen als jene mit einem niedrigeren Standpunkt und einer kompakteren Anordnung der Objekte. Diese späteren Werke weisen auch eine bessere räumliche Kohärenz auf.[11]
Da das Wissen über diese frühe Phase des flämischen Stilllebens noch lückenhaft ist, besteht die Tendenz, Beert zu viele Werke zuzuschreiben.[3] Einige ihm zugeschriebene Werke sind wahrscheinlich von seinen Schülern, während einige, die Osias Beert dem Jüngeren zugeschrieben werden, wahrscheinlich von seinem Vater gemalt wurden.[11]
Typisch für Beerts Blumenstillleben sind einzelne oder mehrere Vasen als auch Blumenkörbe. Die Blumensträuße zeigen helle Rot-, Blau- und Gelbtönen mit üppigem Blattgrün. Ebenso typisch für Beert als ein früher Vertreter des autonomen Stilllebens ist die Kombination der Darstellung von Blumen mit weiteren Gegenständen. Zu seinem Repertoire an Bildgegenständen zählen u. a. prunkvolle Weingläser, Schalen und Schüsseln aus Ton, chinesisches Porzellan sowie Zinngeschirr. Diese sind gefüllt mit Lebensmitteln wie Austern, Oliven, Früchten, Nüssen und Zuckerwerk (Konfekt). Osias Beert d. Ä. trug die dünne Farbe in mehreren Schichten (Lasuren) auf einen hellen Untergrund auf und erzielte damit eine eindrucksvolle Klarheit und saubere Ausführung aber auch einen individuellen Stil.[4] Ein auffälliges Charakteristikum für Beerts Gemälde (wie für alle frühen Stillleben) ist der hoch angesetzte Blickpunkt, der eine überschneidungsfreie Aufsicht möglich macht sowie das Arrangieren der Bildgegenstände um die Bildmitte auf einem Tisch ohne Tischdecke.[13]
↑ abcdeAllgemeines Künstlerlexikon (AKL). Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker. K. G. Saur, München und Leipzig 1991ff., Bd. 8, S. 258.
↑ abFred G. Meijer & Adriaan van der Willigen: A dictionary of Dutch and Flemish still-life painters working in oils. 1525–1725. Primavera Press, Leiden 2003, S. 32.
↑Siehe auch: Frans Ykens IN: Fred G. Meijer & Adriaan van der Willigen: A dictionary of Dutch and Flemish still-life painters working in oils. 1525–1725. Primavera Press, Leiden 2003, S. 223.
↑Über die Antwerpener Rederijkerkamer De Olijftak in der DBNL.
↑Allgemeines Künstlerlexikon (AKL). Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker. K. G. Saur, München und Leipzig 1991ff., Bd. 8, S. 258 & Claus Grimm: Stillleben. Die niederländischen und deutschen Meister. Belser, Stuttgart (u. a.) 1988, S. 75.
↑ abcMulders, Christine van. "Beert [Beet, Beirt, Bert], Osias [Osyas], I," Grove Art Online. Oxford University Press, accessed 15 April 2015.
↑E. Greindl: Les peintres flamands de nature morte au 17me siècle. Sterrebeek 1983 & M.L. Hairs: Les peintres flamands de fleurs au 17me sieècle. Brüssel 1965 & 1985.
↑Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stilllebens. Hirmer, München 1998, S. 115.
↑Vgl.: Ingvar Bergström: Dutch still-life painting in the seventeenth century. Aus dem Schwedischen von Christina Hedström und Gerald Taylor. Faber & Faber, London 1956, S. 104f.
↑Das Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie verzeichnet um 190 Werke von Osias Beert d. Ä. → Werke von Osias Beert d.Ä., Website der RKD – Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis
Fred G. Meijer & Adriaan van der Willigen: A dictionary of Dutch and Flemish still-life painters working in oils. 1525–1725. Primavera Press, Leiden 2003, ISBN 90-74310-85-0.
Werksverzeichnisse
Edith Greindl: Les peintres flamands de natures mortes au XVIIe siècle. Éditions d'Art Michel Lefèbvre, Sterrebeek 1983, S. 22–36.
Marie-Louise Hairs: Les peintres flamands de fleurs au XVIIe siècle. Lefebvre et Gillet, Brüssel 1985, S. 335.
Monografien & Ausstellungskataloge
Ingvar Bergström: Dutch still-life painting in the seventeenth century. Aus dem Schwedischen von Christina Hedström und Gerald Taylor. Faber & Faber, London 1956.
Sybille Ebert-Schifferer: Die Geschichte des Stillebens. Hirmer, München 1998, ISBN 3-7774-7890-3.
Claus Grimm: Stilleben. Die niederländischen und deutschen Meister. Belser, Stuttgart (u. a.) 1988, ISBN 3-7630-1945-6.
Gerhard Langemeyer & Hans-Albert Peeters (Hrsg.): Stilleben in Europa. (Aust.kat.: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster & Staatliche Kunsthalle Baden-Baden 1980). Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Münster 1979.
Norbert Schneider: Stilleben. Realität und Symbolik der Dinge; die Stillebenmalerei der frühen Neuzeit. Taschen, Köln 1989, ISBN 3-8228-0398-7.
A.P.A. Vorenkamp: Bijdrage tot de geschiedenis van het Hollandsch stilleven in de 17 eeuw: proefschrift ter verkrijging van den graad van doctor in de letteren en wijsbegeerte aan de Rijks-Universiteit te Leiden. N.V. Leidsche Uitgeversmaatschappij, Leiden 1933.
Klara Alen: Osias Beert: Pionier van het Antwerpse banketje. Onuitgeven masterscriptie, Vrije Universiteit Amsterdam, 2012.
Aufsätze
Marie-Louise Hairs: Osias Beert l'Ancien, peintre de fleurs. In: Revue Belge d'Archeologie et d'Histoire de l'Art. Nr. 20, 1951, S. 237–351.
Ingvar Bergström: Osias Beert as a Collaborator of Rubens. In: The Burlington Magazine. Nr. 99, 1957, S. 120–124.
Ingvar Bergström: Osias Beert the Elder. In: The Burlington Magazine. Nr. 102, 1960, p. 120.