Notzingen, auch als „Bodenbachgemeinde“ bezeichnet, liegt im östlichen Teil des Landkreises Esslingen in einer Talsenke zwischen Kirchheim und Hochdorf. Der Ort ist 35 km von der Landeshauptstadt Stuttgart und 50 km von Ulm entfernt. Notzingen wird der Region Stuttgart zugeordnet.
Zu Notzingen gehören das Dorf Notzingen und der Gemeindeteil Wellingen sowie die abgegangenen Ortschaften Burg Tumnau, Slichingen und Mittelschlichingen.[2]
Auf Notzinger Gemarkung wurden Funde aus der Jungsteinzeit gemacht, außerdem neben einem Langschwert auch ein Reihengräberfeld der Alamannen entdeckt.
Mittelalter
Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde Notzingen 1077/1078. König Heinrich der IV. entzog damals Notzingin dem Grafen Luitold von Achalm wegen seiner Unterstützung für Rudolf von Rheinfelden. (Es ist nicht zweifelsfrei, dass es sich dabei um das heutige Notzingen handelte, es könnte auch um Orsingen-Nenzingen gegangen sein, in dessen Nähe es einen abgegangenen Ort namens Bächlingen gibt.) Die Hoheit über Notzingen kam an die Zähringer bzw. später die Herzöge von Teck. Um 1270 erwarb die Familie Alwer aus Kirchheim Güter in Notzingen und nannte sich ab 1274 erstmals nach ihrer Stammburg von Tumnau ("Dummenowe")[4]. Mit der Stadt Kirchheim unter Teck kam der Ort im 14. Jahrhundert dann an Württemberg, zu dem es seither gehört.
1360 wurde erstmals eine Kapelle am Ort erwähnt.
Neuzeit
Der württembergische Herzog Ulrich setzte 1534 die Reformation auch in Notzingen durch. Die Kapelle wurde um 1620 zur Kirche erweitert. 1821 wurde die Kirchengemeinde selbstständig.
1945 bis 1952 gehörte die Gemeinde zum Nachkriegsland Württemberg-Baden, das 1945 in der Amerikanischen Besatzungszone gegründet worden war, ab 1952 zum neuen Bundesland Baden-Württemberg.
1972 stimmten bei einer Bürgeranhörung 70,5 % gegen die Eingemeindung nach Kirchheim unter Teck. Die Gemeinde blieb somit selbständig. Seit der Kreisreform von 1973 ist Notzingen Teil des Landkreises Esslingen.
Einwohnerentwicklung
Quelle 1834 bis 1950 – Heimatbuch Kreis Nürtingen von 1953
Quelle 1990 bis 2015 – Statistisches Landesamt Baden-Württemberg
1834: 1.035 Einwohner
1861: 1.121 Einwohner
1900: 1.048 Einwohner
1939: 1.130 Einwohner
1946: 1.623 Einwohner
1950: 1.637 Einwohner
1961: 1.892 Einwohner
1970: 2.215 Einwohner
1990: 3.277 Einwohner
1995: 3.512 Einwohner
2000: 3.525 Einwohner
2005: 3.494 Einwohner
2010: 3.552 Einwohner
2015: 3.631 Einwohner
2020: 3.623 Einwohner
2022: 3.631 Einwohner
Politik
Gemeinderat
Der Gemeinderat in Notzingen hat 14 Mitglieder. Die Kommunalwahl am 26. Mai 2019 führte zu folgendem Endergebnis. Der Gemeinderat besteht aus den gewählten ehrenamtlichen Gemeinderäten und dem Bürgermeister als Vorsitzendem. Der Bürgermeister ist im Gemeinderat stimmberechtigt.
seit dem 1. Oktober 2011 Sven Haumacher, er wurde am 10. Juli 2011 im ersten Wahlgang mit 87,27 % der Stimmen gewählt. Am 7. Juli 2019 wurde er mit 84,93 Prozent der abgegebenen Stimmen im Bürgermeisteramt bestätigt. Einen Gegenkandidaten gab es nicht.[5]
Wappen
Das Wappen zeigt „unter goldenem (gelbem) mit einer liegenden schwarzen Hirschstange belegtem Schildhaupt in Blau eine nach oben geöffnete goldene (gelbe) Hafte, darunter die goldenen (gelben) lateinischen Großbuchstaben NO.“ Die Flagge hat die Farben Gelb-Blau (Gold-Blau).
Die schwarze Hirschstange im oberen Teil weist auf die Zugehörigkeit zum Land Baden-Württemberg hin. Die darunter befindliche Hafte ist ein Ausschnitt aus dem Stadtwappen von Kirchheim unter Teck.
Religionen
Es gibt für die ca. 1940 evangelischen Einwohner eine evangelische Kirche, die Jakobuskirche. Für die ca. 820 Katholiken ist das Pfarramt St. Ulrich in Kirchheim unter Teck zuständig.
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Der Ort ist je vier Kilometer von der Bundesautobahn 8, Anschlussstelle Kirchheim unter Teck, der Bundesstraße 10, Anschlussstelle Plochingen und der Bundesstraße 313 entfernt. Es durchfahren zwei Buslinien des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) die Gemeinde. Die Linien verkehren zu einheitlichen Preisen innerhalb des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS).
Medien
In Notzingen erscheint wöchentlich das „Gemeindeblättle“.
Bildung
Notzingen verfügt über eine Grundschule und drei Kindergärten.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
Gebäude
Altes Schul- und Rathaus, aus dem Jahr 1850
Wein-Kelter, Ende des 17. Jahrhunderts
Zehntscheuer
Kirchen
Jakobuskirche, klassizistischer Saalbau
Wellinger Kirchle
Regelmäßige Veranstaltungen
Dätscherfest des Musikvereins: Das Dätscherfest wird jährlich im Mai samstags und sonntags auf dem Kelterplatz veranstaltet. Es hat seinen Namen von dem Dätscher der Notzinger und Wellinger, der im Backhaus gebacken wird.
Weihnachtsmarkt (2. Advent)
Närrischer Bürgerball, Hallenfasnet und Kinderfasching der Brauchtumsverein Gesinde Schleichingen e. V.
Notzinger Panoramalauf, jährliche Laufsport-Veranstaltung im Juli mit Streckenlängen 2,8 km – 10 km, ausgerichtet vom TSV Notzingen, Abt. Ski&Fun, seit 2008 mitausgerichtet durch den Aktionskreis Behinderte als integrative Veranstaltung
Persönlichkeiten
Ehrenbürger
1987: Helmut Maier, Bürgermeister von 1955 bis 1987
2011: Jochen Flogaus, Bürgermeister von 1987 bis 2011
2019: Herbert Hiller, Gemeinderatsmitglied von 1980 bis 2019
Söhne und Töchter der Gemeinde
Otto Kälberer (1897–1980), Heimatdichter
Ulrich Deuschle (* 1952), Diplomvolkswirt und Politiker (REP), Landtagsabgeordneter (1992–2001) und baden-württembergischer REP-Landesvorsitzender
Persönlichkeiten, die mit Notzingen in Verbindung stehen
Gottlob Baumann (1794–1856), war von 1821 bis 1839 Pfarrer in Notzingen, in seiner Amtszeit wurden Kirche, Pfarrhaus und evangelisches Schulhaus erneuert
Heinrich Eberbach (1895–1992), Offizier und General, lebte in Notzingen
Willy Schneider (1907–1993), Komponist, Musikpädagoge und Dirigent. Hat den Musikverein geleitet und die „Notzinger Dorfmusik“ komponiert.
Werner Niefer (1928–1993), Automobilmanager, Vorstandsvorsitzender der Mercedes-Benz AG; lebte in Notzingen
Johann „Buffy“ Ettmayer (1946–2023), österreichischer Fußball-Nationalspieler, lebte in Notzingen
Thomas Götz (* 1972), politischer Beamter (Bündnis 90/Die Grünen), wuchs in Notzingen auf
Literatur
Gemeinde Notzingen. In: Rudolf Moser (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Kirchheim (= Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen 1824–1886. Band16). Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart / Tübingen 1842, S.218–223 (Volltext [Wikisource]).
Hans Schwenkel: Heimatbuch des Kreises Nürtingen. Band 2. Würzburg 1953, S. 757–774.
Siegfried Bader: Notzinger Heimatbuch. Aus der Chronik von Notzingen und Wellingen. Hrsg. von der Gemeinde Notzingen anläßlich der 900-Jahr-Feier 1977 Gottlieb & Oßwald, Kirchheim unter Teck 1977, (ohne ISBN) (im Bestand der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart).
Alexander Demandt: Die Kelten C. H. Beck, München, 5. Auflage, 2005, ISBN 3-406-44798-8.
Der Landkreis Esslingen – Hrsg. vom Landesarchiv Baden-Württemberg i. V. mit dem Landkreis Esslingen, Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2009, ISBN 978-3-7995-0842-1, Band 2, Seite 259.
↑Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band III: Regierungsbezirk Stuttgart, Regionalverband Mittlerer Neckar. Kohlhammer, Stuttgart 1978, ISBN 3-17-004758-2. S. 192–193
↑Dr. Peter Geffcken: Eberhard von (Duomnau). In: Stadtlexikon Augsburg. Wißner Verlag, Augsburg, abgerufen am 8. März 2024.
↑Georg Modestin: Marquard von Randeck. Eine klerikale Karriere im Spiegel der Chronik
Heinrich von Diessenhofens. Abschiedsgabe für Stiftsbibliothekar Ernst Trem. Hrsg.: Franziska Schnoor, Karl Schmuki und Silvio Frigg. Verlag am Klosterhof, St. Gallen 2013, ISBN 978-3-905906-07-3, S.162.