Die Neue Institutionenökonomik lässt sich auf den 1937 von Ronald Coase erschienenen Aufsatz The Nature of the Firm[2] zurückführen. Diese Arbeit, in der er die Existenz von Unternehmen mit Transaktionskosten erklärte, gilt gemeinhin als Ausgangspunkt für die Transaktionskostentheorie. Transaktionskosten sind ein zentrales Erkenntnisobjekt der Neuen Institutionenökonomik, weil ihre Existenz die Bedeutung von Institutionen für erfolgreiche Transaktionen erklärt.[1] Der Begriff „Neue Institutionenökonomik“ wurde aber erst 1975 von Oliver Williamson geprägt.[3][4] Die Neue Institutionenökonomik hat spätestens seit der Mitte des 20. Jahrhunderts große Anerkennung in der Volkswirtschaftslehre gefunden. Einen großen Anteil hatte daran auch der Nobelpreisträger Douglass North. In Deutschland haben insbesondere der WirtschaftsethikerKarl Homann durch die ethische Fundierung des Institutionenkonzepts als auch Josef Wieland mit der Entwicklung der Governance-Ethik zur Erforschung des Feldes beigetragen.
Die neue Institutionenökonomik unterscheidet sich somit in wesentlichen Punkten von der neoklassischen Theorie, in deren einfachem Modell des Homo oeconomicus es keine Transaktionskosten und keine nicht-ökonomischen Verhaltensanreize gibt. Die Neo-Institutionenökonomiker erklären diese Annahme als unrealistisch, weil sie die Realität, in der Transaktionskosten und nicht ökonomisch motiviertes Verhalten eine sehr große Bedeutung besitzen, erheblich verzerre.
Beispiel
Wenn zwei Individuen miteinander Handel betreiben, wird der Güteraustausch von relevanten Normen, Sitten und Bräuchen (informellen Institutionen) sowie von Gesetzen (formale Institutionen) geregelt. Bei einem Verstoß gegen diese Regeln tritt eine (monetäre oder nicht-monetäre) Sanktion ein, die entweder durch die Gesellschaft (interne Institutionen) oder durch den Staat (externe Institutionen) durchgesetzt wird. Die verlässliche Einhaltung von Regeln steigert die Bereitschaft der Individuen, Handel zu betreiben. Ein institutionelles Umfeld, das Transaktionen zwischen Individuen fördert, indem es Anreize zur Kooperation setzt und Unsicherheit reduziert, wirkt stark wohlfahrtsfördernd.
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Die Koordination zwischen Anbietern und Nachfragern ist abhängig von der Organisationsform. Unter „Organisation“ sollen hier eine Institution sowie die beteiligten Personen verstanden werden. Es können folgende Koordinationsformen unterschieden werden:[6]
Markt
Vorteile
Verträge werden spontan geschlossen
die Individuen sind unabhängig in ihrer Entscheidung
Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stellt die Form des Netzwerkes eine geeignete Reaktion auf Wettbewerbsdynamiken dar.[7]
Einen weiteren Ansatz zur Netzwerktheorie liefert Mark Granovetter. Dieser sieht die Beziehungen von Individuen oder Unternehmen am Markt eingebettet in soziale Netzwerke. Die klassische Ökonomie mit ihrem abstrakten Bild des idealen Marktes, so Granovetter, kennt diese Netzwerke nicht.
Unternehmen existieren laut Ronald Coase deshalb, weil der Gebrauch des marktlichen Preismechanismus mit Kosten, genauer mit Transaktionskosten verbunden ist. Diese lassen sich durch eine Koordination innerhalb eines Unternehmens vermeiden. Zu diesen Kosten zählen beispielsweise die Kosten für die Aushandlung von detaillierten Verträgen oder Kosten der Unsicherheit hinsichtlich der Zuverlässigkeit eines Lieferanten (z. B. Insolvenzrisiko beim Lieferanten).
Märkte existieren, weil die Integration von Aktivitäten in ein Unternehmen ihrerseits auch Kosten verursacht. Diese Kosten setzen einer zunehmenden Integration Grenzen (siehe auchX-Effizienz).
Kooperation ist eine Mischform von Markt und Hierarchie in dem Sinne, dass die Parteien sich beidseitig freiwillig vertraglichen Regeln unterstellen. Diese begrenzen zwar die Handlungsmöglichkeiten beider Seiten, führen aber dennoch zu einem größeren gegenseitigen Vorteil als nach den Regeln des Marktes alleine. Probleme bei der Koordination gemäß diesen übergeordneten vertraglichen Regeln können dann eskaliert werden – z. B. vor Gericht.
Mit der Frage der Koordination unternehmensübergreifender Lieferketten, die als übergeordnete (virtuelle) Organisationseinheit anzusehen sind, beschäftigt sich aus logistischer Sicht das Supply-Chain-Management (SCM). Theoretische Ansätze des SCM gründen wiederum teilweise auf der Institutionenökonomik.
Literatur
Mathias Erlei, Martin Leschke, Dirk Sauerland: Institutionenökonomik. 3. Auflage. Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-7910-3526-0.
Eirik G. Furubotn, Rudolf Richter: Neue Institutionenökonomik. Eine Einführung und kritische Würdigung. In: Neue ökonomische Grundrisse. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Mohr Siebeck, Tübingen 2010, ISBN 978-3-16-151318-3, doi:10.1628/978-3-16-151318-3 (mohrsiebeck.com [abgerufen am 18. April 2021]).
Elisabeth Göbel: Neue Institutionenökonomik. Konzeption und betriebswirtschaftliche Anwendungen. Lucius & Lucius, Stuttgart 2002, ISBN 3-8252-2235-7.
Karl Homann, Andreas Suchanek: Ökonomik – Eine Einführung. 2. Auflage. Mohr Siebeck, Tübingen 2005, ISBN 3-16-146516-4.
Birger P. Priddat: Strukturierter Individualismus. Institutionen als ökonomische Theorie. Metropolis, Marburg 2004.
Rudolf Richter, Eirik Furubotn: Neue Institutionenökonomik. Eine Einführung und kritische Würdigung. 3. Auflage. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, ISBN 3-16-148060-0.
Oliver E. Williamson: Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1990.
Clemens Wischermann, Anne Nieberding: Die institutionelle Revolution (= Grundzüge der modernen Wirtschaftsgeschichte. Band 5). Steiner, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08477-0.
↑ abMathias Erlei, Martin Leschke, Dirk Sauerland: Neue Institutionenökonomik. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Schäffer-Poeschel, 2007, ISBN 978-3-7910-2296-3, Kapitel I, 3. Die Geschichte der Institutionenökonomik, S.26–42.
↑Oliver Williamson: Markets and Hierarchies: Analysis and Antitrust Implications. 1975, S. 1 ff.
↑Ronald Coase: The New Institutional Economics. In: Eric Brousseau, Jean-Michel Glachant (Hrsg.): The Economics of Contracts. Cambridge University Press, 2002, doi:10.1017/CBO9780511613807.002.
↑Stefan Voigt: Institutionenökonomik. 2. Aufl. Wien u. a. 2002, S. 13 f.