Aus dem Süden Albaniens stammend, erhielt er seine erste Ausbildung an der Frashër-Tekke des Bektaschi-Ordens. 1865 zog Frashëris Familie nach Ioannina (albanischJanina) in Griechenland um, wo er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Sami das Gymnasium Zosimea besuchte und 1869 mit Erfolg abschloss.
Naim Frashëri trat dann in den osmanischen Staatsdienst ein. In Istanbul war er 1870 einige Monate im Amt für das Druckwesen beschäftigt. Eine Tuberkulose-Erkrankung zwang ihn, aus der Großstadt am Bosporus in das gesündere Klima Südalbaniens zurückzukehren. Er arbeitete zuerst als Steuerbeamter in Berat und dann von 1872 bis 1877 beim Zoll in Saranda. In dieser Zeit schrieb er seine ersten Gedichte, die ab 1885 auch veröffentlicht wurden. Außer auf Albanisch schrieb Frashëri auch auf Türkisch, Persisch und Griechisch. Daneben las er Französisch und Lateinisch. Er war einer der wenigen Männer, denen die literarische Kultur des Westens und des Orients gleichermaßen vertraut und wertvoll war.
Nach Istanbul zurückgekehrt, wurde Frashëri zum wichtigsten Autor der dort erscheinenden albanischen Zeitschriften Dituria (1884–85) und Drita (nach 1885), die von seinem Bruder Sami Frashëri geleitet wurden. Er verfasste nicht nur Poesie, sondern auch Texte, die in den ersten albanischsprachigen Schulen für den Unterricht genutzt werden sollten. Seinen Lebensunterhalt verdiente der Dichter aber im Dienst des türkischen Unterrichtsministeriums, dessen Kommission für Buchdruck (=Zensurbehörde) er leitete. Seine Bücher erschienen zumeist in Bukarest, weil der Druck in albanischer Sprache zu dieser Zeit im Osmanischen Reich nicht gestattet war.
Werk
Naim Frashëri widmete sich vor allem der romantischen Lyrik, die er nach klassischem Muster gestaltete. So ist sein bekanntestes Werk Bagëti e bujqësija (Viehhaltung und Landwirtschaft) an VergilsBukolika angelehnt.
Bagëti e bujqësi (Viehhaltung und Landwirtschaft), 1886
Luletë e verësë (Die Blumen des Sommers), 1890
Fletore e Bektashinjet, 1896 (Erläuterung der Bektashi-Traditionen)
Istori' e Skënderbeut (Die Geschichte Skanderbegs), 1898
Die sterblichen Überreste Naim Frashëris und die seines Bruders Abdyl wurden 1937 aus Istanbul nach Tirana überführt und in Ehrengräbern bestattet. In Tirana und anderen albanischen Städten gibt es zahlreiche Denkmäler für den Dichter; auch in Bukarest erinnern Statuen an ihn.
Ein Porträt Naim Frashëris ist auf der Vorderseite der albanischen 200-Lek-Banknote abgedruckt.
Literatur
Enika Abazi, Albert Doja: Further considerations on the politics of religious discourse: Naim Frashëri and his Pantheism in the course of nineteenth-century Albanian nationalism. In: Middle Eastern Studies. Band 49, Nr. 6, 2013, S. 859–879. (Englisch)
Albert Doja: The Politics of Religious Dualism: Naim Frashëri and his elective affinity to religion in the course of 19th-century Albanian activism. In: Social Compass: International Review of Sociology of Religion. Band 60, Nr. 1, 2013, S. 115–133 (online). (Englisch)
Robert Elsie: Die drei Frashëri-Brüder. In: Staatliches Museum für Völkerkunde (Hrsg.): Albanien. Reichtum und Vielfalt alter Kultur. Museum für Völkerkunde, München 2001, S. 147–152 (online, PDF-Datei, 106 kB).
Hasan Kaleshi: Frashëri, Naim. In: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Band 1. München 1974, S. 540–542