Als der 31-jährige Jérémie Pastor zum ersten Mal seit zehn Jahren zur Beerdigung des verstorbenen Bäckers Jean-Pierre, für den er als Teenager gearbeitet hat, in sein Heimatdorf, das malerische Saint-Martial im Département Ardèche, zurückkehrt, stellt dies für ihn eine Gelegenheit dar, alte Bekannte zu treffen. Jérémie ist mit Martine bekannt, der Witwe des Verstorbenen, und auch mit dessen etwa gleichaltrigem Sohn Vincent, der anders als seine Mutter von seiner Rückkehr nur wenig begeistert ist. Er wird dessen Frau Annie vorgestellt und trifft sich mit seinem alten Bekannten Walter, der als Bauer arbeitet. Auf Martines Drängen hin bleibt er zunächst einige Tage in ihrem Haus, um ihr Gesellschaft zu leisten. Doch schon bald bittet er um die Erlaubnis, auf unbestimmte Zeit bleiben zu dürfen. Er würde gerne Jean-Pierres Geschäft übernehmen.
Als sich Jérémie und Vincent eines Nachmittags im Wald begegnen, als sie dort ihre Spaziergänge unternehmen, kommt es zwischen den beiden Männern zu einer körperlichen Auseinandersetzung, und Jérémie tötet Vincent. Er vergräbt die Leiche und stellt Vincents Auto in einer anderen Stadt ab. Der Verdacht, er könnte etwas mit Vincents Verschwinden zu tun haben, fällt dennoch schnell auf ihn. Er steckt plötzlich inmitten der polizeilichen Ermittlungen.[2][3][4]
Produktion
Regie und Drehbuch
Regie führte Alain Guiraudie, der auch das Drehbuch schrieb. Die Geschichte ist seinem Roman Rabalaïre entnommen.[5] Der schwule Regisseur stellte in seinen bisherigen Filmen häufig queere Erfahrungen in den Mittelpunkt.[2] International erfolgreich war Guiraudie vor allem mit seinem Erotikthriller Der Fremde am See aus dem Jahr 2013 mit Pierre Deladonchamps in der Hauptrolle als junger Homosexueller, der den Sommer häufig an einem See verbringt, wo er beim Cruising neue Liebhaber findet. Für diesen Film wurde er unter anderem bei den Filmfestspielen von Cannes mit dem Regiepreis und der Queer Palm ausgezeichnet.
Die Filmmusik komponierte der Spanier Marc Verdaguer, der zuletzt für das Filmdrama Afterwater von Dane Komljen und den Thriller Pacifiction von Albert Serra tätig war, für den er zahlreiche Nominierungen erhielt.
Von den bei Rotten Tomatoes aufgeführten Kritiken sind alle positiv bei einer durchschnittlichen Bewertung mit 7,7 von 10 möglichen Punkten.[23]
Ankit Jhunjhunwala schreibt in seiner Kritik für The Playlist, Alain Guiraudie arbeite in seinem Film auf mehreren Spannungsebenen, indem er alle Erklärungen und Rückblenden aus seinem Drehbuch entfernte. Das Publikum müsse sich dadurch anstrengen, die Beziehungen zwischen den Hauptfiguren und dem, was zuvor passiert ist, zu entschlüsseln. Die spartanische Ästhetik des Films gelte auch für dessen aufgeräumte Optik und sei von Kamerafrau Claire Mathon atemberaubend gedreht, so Jhunjhunwala, und hebt die Breitbildbilder voller Herbstfarben hervor, in denen Gelb-, Orange- und Rottöne im Wald wie eine Feuersbrunst wirkten. Der reduzierte Ansatz des Films habe auch zur Folge, dass sich Guiraudie auf seine Schauspieler verlassen muss, die alle der Herausforderung gewachsen seien. Félix Kysyl trage den Film in der Rolle von Jérémie Pastor, indem er gekonnt zwischen Undurchsichtigkeit und Durchschaubarkeit schwanke. Sein sanftes Aussehen und sein geschmeidiger Körperbau machten ihn zu einem glaubwürdigen Objekt der Begierde und voller Mysteriösität.[2]
Leonardo Goi schreibt in seiner Kritik für The Film Stage, Miséricorde sei trotz all seiner morbiden Untertöne und philosophischen Überlegungen weder ein Trauergesang noch ein erhabenes Symposium. So seltsam es bei solch einer Geschichte klingen mag, die mit einer Beerdigung beginnt und in der dann jemand zu Tode kommt, sei Miséricorde ein äußerst und überraschend lustiger Film, in dem der Humor allmählich eine Subversivität entwickelt. Auch Goi geht in seiner Kritik auf Mathons Kameraführung ein, die mit langen Einstellungen und Tiefenschärfe die Wälder in höhlenartige, märchenhafte Räume und gleichzeitig in ein offenes Terrain verwandele.[24]
In der von der französischen Filmzeitschrift Cahiers du cinéma veröffentlichten Liste der besten Filme des Jahres 2024 befindet sich Miséricorde auf Platz 1.[25]