Ihre Darstellung der Evelyn Wang im Science-Fiction-Abenteuerfilm Everything Everywhere All at Once brachte ihr 2022 hervorragende Kritiken sowie zahlreiche Nominierungen und Auszeichnungen ein, unter anderem für den Golden Globe und den Critics’ Choice Movie Award. Sie gewann einen Oscar in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin. Damit ist sie die erste Schauspielerin asiatischer Abstammung, die in dieser Kategorie ausgezeichnet wurde.
In ihrer Kindheit lebte Yeoh im malaysischen Ipoh. Ihre Eltern sind Nachkommen chinesischer Einwanderer, ihr Vater war Anwalt.[2] Michelle Yeohs Vorfahren stammen ursprünglich aus der Provinz Fujian. Yeoh galt als Wildfang und betrieb viele Sportarten, insbesondere Schwimmen, Tauchen und Squash. Ab ihrem vierten Lebensjahr erhielt sie Ballettunterricht, zudem wurde sie in ihrer Kindheit in Klavier und Kalligraphie unterrichtet.
Mit 15 Jahren wurde sie auf ein Internat nach England geschickt und besuchte später die London Royal Academy of Dance, Hauptfach Ballett. Allerdings verhinderte ein schwerer Sturz, bei dem sie sich an der Wirbelsäule verletzte, eine Ballettkarriere.[3] Sie gab Ballett auf und erwarb 1982 einen Bachelor in „Creative Arts“ mit dem Nebenfach Schauspiel.
Yeoh plante eigentlich, ihre Ausbildung in England fortzusetzen, allerdings meldete ihre Mutter sie ohne ihr Wissen bei einem Schönheitswettbewerb an, und sie wurde zur Miss Malaysia 1983 gewählt.
Im folgenden Jahr „amtierte“ sie als Miss Malaysia, d. h. als Goodwill-Botschafterin für ihr Land. In diesem Rahmen lernte sie in Hongkong den Geschäftsmann Dickson Poon (潘廸生 alternativ 潘迪生) kennen, der sie für zwei Werbespots engagierte, wo sie zusammen mit Chow Yun-fat und Jackie Chan auftrat.
Nach ihrer Scheidung von Poon heiratete sie 1999 den US-amerikanischen Arzt Alan Heldman. Diese Ehe hielt allerdings nur sechs Monate. Seit 2004 ist sie mit dem ehemaligen Ferrari-Teamchef in der Formel 1 und ehemaligen FIA-Präsidenten Jean Todt liiert, den sie am 27. Juli 2023 nach 19-jähriger Verlobungszeit heiratete.[4]
Werk
Poon engagierte sie im Jahr 1984 für eine Rolle in Sammo Hungs Actionkomödie The Owl vs. Dumbo, der von D&B Films, dem kürzlich gegründeten Filmstudio von Poon, produziert wurde. Hier hatte sie noch eine typische Frauenrolle ohne Action. Allerdings wünschte sie sich bereits zu dieser Zeit Rollen mit Action-Szenen zu spielen, wie Sammo Hung in diesem Film.
D&B Films gab ihr die Chance und in Vorbereitung auf den nächsten Film trainierte sie intensiv Kung Fu. Im Jahr 1985 trat sie in einer Cameo-Rolle in Jackie Chans und Sammo Hungs Actionkomödie Tokyo Powerman auf, in der sie ihren ersten Kampf vor der Kamera hatte.
In Yes, Madam (Police Assassins 2, deutscher Titel: Ultra Force 2) (1985) hatte Yeoh zusammen mit Cynthia Rothrock ihren ersten großen Auftritt. Sie spielte eine furchtlose Polizistin und drehte zahlreiche Stunts. Yes, Madam war ein großer Publikumserfolg und beeinflusste das Geschlechterverhältnis in Hongkong: „Der handfeste Showdown am Schluss zwischen dem Polizistinnen-Duo und zwei Macho-Schurken eskaliert zum Kampf der Geschlechter.“ (Ralph Umard: Film ohne Grenzen, S. 261) Mit Yes, Madam wurde Yeoh auf einen Schlag bekannt und dieser Film war der Beginn des „Girls With Guns“-Genres und der Filmreihe In the Line of Duty, in dem in Hongkong nach einem ähnlichen Handlungsmuster mehr als 100 weitere Polizeifilme mit Frauen in den Hauptrollen entstanden. Die beiden Hauptdarstellerinnen nahmen unterschiedliche Rollen ein: „Während die charmante Michelle ihre Zeugen mit Vernunft und Geduld verhört, foltert die arrogante Engländerin (gespielt von Cynthia Rothrock) ihre Opfer mit brachialer Gewalt und feministischen Sprüchen.“ (Ralph Umard: Film ohne Grenzen, S. 261)
Royal Warriors (Police Assassins, deutscher Titel: Ultra Force) (1986) war eine Fortsetzung von Yes, Madam mit mehr Actionsequenzen. In Magnificent Warriors (1987) spielte Yeoh eine Pilotin, die zur Zeit der japanischen Besetzung Chinas Waffen über die Frontlinien schmuggelt und die Widerstandsbewegung gegen die Japaner unterstützt.
Aufgrund von Verletzungen hatte sie im folgenden Film Easy Money (1987) eine „normale“ Schauspielrolle ohne Actionelemente.
Im Jahr 1988 heiratete Yeoh den Produzenten und Multimillionär Poon und gab auf sein Drängen hin ihre Filmkarriere auf.
Erst nach ihrer Scheidung im Jahr 1992 feierte Yeoh ihr Comeback als Actiondarstellerin mit dem Film Police Story III. Der Film wurde zu einem großen Publikumserfolg und weitere Rollenangebote ließen nicht lange auf sich warten.
In den folgenden Jahren trat sie in einer Vielzahl von Wuxia-Filmen auf, darunter The Heroic Trio (1993), Executioners (1994), Butterfly & Sword, Wing Chun und zusammen mit Jet Li in Tai Chi Master. Des Weiteren spielte sie in den Action-Filmen Holy Weapon, Wonder Seven, Ah Kam und Project S mit, außerdem im Drama The Soong Sisters.
Im Jahr 1997 spielte Yeoh den chinesischen OberstWai Lin im Film James Bond 007 – Der Morgen stirbt nie neben Pierce Brosnan. Yeoh gilt damit als das kampfstärkste und aktivste Bondgirl, das jemals in der Serie um den britischen Geheimagenten auftrat. Sie trug damit erheblich zur Modernisierung von James Bond bei, der in den 1980er Jahren unter anderem wegen seines Sexismus kritisiert wurde. Der internationale Durchbruch blieb jedoch aus, Yeoh bekam wider Erwarten trotz des Auftritts als Bondgirl keine Filmangebote aus Hollywood.
Erst im Jahr 2000 gelang ihr mit ihrer Darstellung der Schwertkämpferin Yu Shu Lien (nach Pinyin Yu Xiulian bzw. Yu Xiu Lian) in dem Wuxia-Film Tiger and Dragon ein erneuter internationaler Erfolg.
Im Jahr 2005 war Yeoh in der von Steven Spielberg produzierten Romanverfilmung Die Geisha in der Rolle der prominenten GeishaMameha zu sehen. Der Film löste sowohl im chinesischen als auch im japanischen Raum Kontroversen fast bis zum Skandal aus, da sämtliche japanischen Hauptcharaktere von chinesischen Schauspielerinnen (Michelle Yeoh, Gong Li, Zhang Ziyi) dargestellt wurden.
In der Filmbiographie The Lady (2011) verkörperte Yeoh die FriedensnobelpreisträgerinAung San Suu Kyi.[5] Der Film ist am 12. September 2011 auf dem Toronto International Film Festival erschienen, deutscher Kinostart war im April 2012. Im Zusammenhang mit diesem Film konnte sie die von ihr porträtierte Aung San Suu Kyi einmal besuchen, aber ein zweiter Besuch in Myanmar wurde ihr verweigert. Die Schauspielerin wurde im Flughafen von Rangun an der Einreise gehindert und umgehend ausgewiesen.[6] Noch bevor der Film erschien,[7] wurde Michelle Yeoh laut Informationen aus gut unterrichteten Kreisen auf eine „schwarze Liste“ gesetzt.[8]
In ihren ersten Filmen benutzte sie teilweise den Namen Michelle Khan. Erst ab 1997 ist sie durchgehend als Michelle Yeoh bekannt.
Yeoh lernte ihr Kung-Fu in Vorbereitung auf bestimmte Filmrollen. Im Unterschied etwa zu Jackie Chan hat sie keine formale Kampfkunstausbildung. Allerdings trainiert sie seit mindestens zwei Jahrzehnten. Ihre Lehrer waren vor allem Lam Ching-Ying und Corey Yuen. Deshalb hat sie auch keinen individuellen Stil entwickelt, allerdings lernte sie für den Film Wing-Chun und Tiger and Dragon viele Bewegungen des Taijiquan.
Yeoh führt nicht alle Stunts in ihren Filmen selber aus, wohl aber die spektakulärsten und schwierigsten, darunter der Sprung durch eine Glasscheibe mit dem Kopf, während sie gleichzeitig zwei Schurken bekämpft in Yes, Madam und Sprung mit einem Motorrad auf einen fahrenden Zug in Police Story III. Aufgrund von Verletzungen oder anderen Ursachen wurde sie in den Filmen Der Morgen stirbt nie, Ah Kam und Magnificent Warriors (auch bekannt als Dynamite Fighters oder Yes, Madam III) teilweise gedoubelt.
Yeoh beherrscht fünf Sprachen. Sie wuchs mit Englisch auf und spricht auch Malaiisch sowie etwas Hokkien, einen chinesischen Dialekt aus der Provinz Fujian, aus der ihre Vorfahren stammen. Während ihrer Zeit in Hongkong lernte sie Kantonesisch und ab dem Jahr 2000 auch Hochchinesisch, die Sprache, in der Tiger and Dragon gedreht wurde.
Kho Tong Guan: Yeoh Chu Kheng, Michelle. In: Leo Suryadinata (Hrsg.): Southeast Asian Personalities of Chinese Descent: A Biographical Dictionary, Volume I & II. Institute of Southeast Asian Studies, 2012, ISBN 978-981-4345-21-7, S. 1347–1350 (englisch)
Ken E. Hall: Michelle Yeoh. In: Garry Bettinson: Directory of World Cinema: CHINA 2. Intellect Books, 2015, ISBN 978-1-78320-400-7, S. 71–73 (englisch)
Lisa Funnell: Warrior Women: Gender, Race, and the Transnational Chinese Action Star. Suny Press, 2014, ISBN 978-1-4384-5249-4, S. 31–57 (chapter Transnational Chinse Mothers: The Heroic Identities of Michelle Yeoh and Pei Pei Cheng, englisch)
Rikke Schubart: Super Bitches and Action Babes: The Female Hero in Popular Cinema, 1970–2006. McFarland, 2012, ISBN 978-0-7864-8284-9, S. 123-143 (chapter Beautiful Vase Made of Iron and Steel Michelle Yeoh)
Nancy Stair: Michelle Yeoh. The Rosen Publishing Group, 2001, ISBN 978-0-8239-3520-8. (englisch)
Edward L. Davies: Encyclopedia of contemporary Chinese culture. Routledge, 2004, ISBN 978-0-203-64506-2, S. 971. (englisch)
Yingjin Zhang, Zhiwei Xiao: Encyclopedia of Chinese Film. Taylor & Francis, 1998, ISBN 978-0-415-15168-9, S. 382–383. (englisch)
↑Mrs Michelle YEOH. In: olympics.com. Abgerufen am 17. Oktober 2023 (englisch).
↑Michelle YEOH 楊紫瓊 (b. 1962.8.6). (PDF; 350 kB) Actress, Producer. In: lcsd.gov.hk. Hong Kong Film Archive – HKFA – 香港電影資料庫, Leisure and Cultural Services Department – LCSD, abgerufen am 12. März 2023 (englisch, Kurzbiografie).
↑All Newly Elected Members. New Members – Elected in 2023. In: amacad.org.American Academy of Arts and Sciences, 19. April 2023, abgerufen am 20. April 2023 (englisch): „[…] Boleslaw Wyslouch, Massachusetts Institute of Technology; Yukiko Yamashita, Massachusetts Institute of Technology; Michelle Yeoh (IHM); Moti Yung, Google LLC; Phillip D. Zamore, UMass Chan Medical School; Wei Zhang, Massachusetts Institute of Technology; […]“