Der OM 601 von Mercedes-Benz ist ein Vierzylinder-Dieselmotor mit Vorkammereinspritzung, der 1983 im Mittelklasse-Modell 190 D vorgestellt wurde. Der Reihenmotor ist technisch eng verwandt mit den Fünf- und Sechszylinder-Derivaten OM 602 und OM 603, die auch in der Baureihe 124 (Vorgänger der heutigen E-Klasse) zum Einsatz kamen.
Der OM 601 ist nicht nur wesentlich kompakter als sein Vorgänger OM 615, sondern auch deutlich leichter. Gegenüber den vorherigen Baureihen ist der Motorblock moderner gestaltet, mit mehr Versteifungsrippen und dünneren Wänden, die über die Kurbelwellenmitte heruntergezogen sind. Der OM 601 ist gegenüber dem OM 615 um 49 kg leichter ausgeführt (mit Öl und Wasser). Darüber hinaus bietet er ein höheres Drehmoment und eine höhere Spitzenleistung bei gleichzeitig niedrigerem Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß.
Die Motoren OM 602 und OM 603 unterscheiden sich vom OM 601 nur durch die größere Zylinderzahl. Alle Grundabmessungen sowie auch Zylinderbohrung und Hub sind gleich (ausgenommen die Versionen mit größerem Hubraum). Sie haben zudem eine identische Literleistung und nahezu den gleichen Verlauf der Drehmomentkurve. Sämtliche Kolben, Pleuel, Vorkammern und Einspritzdüsen sind baugleich.
Die drei Motoren sind vom Serienbeginn an mit einem so genannten Serpentinentrieb ausgestattet: Die Nebenaggregate (Lüfter, Wasserpumpe, Lichtmaschine, Lenkungs-Servopumpe und ggfs. Klimaanlage) werden von einem Keilrippenriemen mit automatischer Spannvorrichtung anstatt von mehreren Keilriemen angetrieben.
Durch eine motorferne Kapselung sind die Geräuschemissionen der mit den neuen Motoren ausgestatteten Fahrzeuge besonders gering; weniger als halb so laut wie vergleichbare Antriebe.[1][2]
Bemerkenswert ist darüber hinaus die thermostatgesteuerte Kraftstoffvorwärmung durch einen Kühlmittel-Kraftstoff-Wärmetauscher, über die viele Motoren der Reihe OM 601 bis OM 603 verfügen. Dadurch ist auch bei winterlichen Verhältnissen ein Zusetzen des Kraftstofffilters mit festen Ausflockungen aus dem Dieselkraftstoff nahezu ausgeschlossen.
Die Motoren OM 601 bis 603 mit den robusten Bosch Reiheneinspritzpumpen (R-ESP) können nicht nur mit Biodiesel, sondern auch ohne größere Umbauten mit Pflanzenöl (etwa Rapsöl) betrieben werden. Der Einspritzförderbeginn sollte dann dem zäheren Kraftstoff angepasst werden, wodurch ein zuverlässiger Betrieb bis +5 °C gewährleistet wird.
Geschichte
Der OM 601 wurde im Jahr 1983 in der Baureihe 190 D vorgestellt. Ab 1984 wurde er auch in der Baureihe 124 eingebaut. Hier wurden zusätzlich die größeren Varianten OM 602 und OM 603 eingesetzt, die die Modelle 200 D, 250 D und 300 D antrieben und damit die Vorgänger OM 615, OM 616 und OM 617 ablösten.[3][4][5][6]
Anfangs waren alle Motoren dieser Baureihe nur als Saugmotor verfügbar, später kamen Varianten mit Turboaufladung hinzu. Diese Turbos hatten in den PKW der Baureihen 124 und 201 ein auffälliges Merkmal: Der Bedarf an Ansaugluft war so groß, dass die normalerweise verbaute Luftführung im Motorraum nicht hinreichend funktionierte. Ein junger Entwicklungsingenieur regte an, zu dem auffälligen Merkmal der „Kiemenschlitze“ im vorderen rechten Kotflügel zu greifen. Beim 190 D 2.5 Turbo-Fünfzylinder wurden sechs Kiemenschlitze eingefügt; beim größeren Mercedes 300 D Turbo-Sechszylinder waren es fünf, jeweils im rechten vorderen Kotflügel vor dem Radausschnitt. Der kleinere Motor leistet mit Turboaufladung 90 bzw. 93 kW (122 bzw. 126 PS), der große Dreiliter zunächst 105 kW (143 PS), später 108 kW (147 PS). Später wurden auch Saugdieselmodelle mit Kiemen ausgeliefert.[7]
Für den Einsatz in Transportern (T 1) und als Industriemotor waren Versionen mit 15 % mehr Hubvolumen erhältlich. Der Sechszylindermotor OM 603 mit Turboaufladung wurde für die USA zudem auch in den PKW der S-Klasse Baureihe 126 verbaut. Später wurde er mit vergrößertem Hubraum (3,5 l) in der Baureihe 126 und in der nachfolgenden Baureihe 140 eingesetzt.
Im Rahmen des Entwicklungsprogramms „Diesel '89“ wurden sämtliche Motoren der Baureihen OM 601 bis 603 modifiziert. Die Partikelemissionen wurden durch Verbesserung des Verbrennungsablaufs um etwa 40 Prozent reduziert. Dadurch arbeiteten sie nun praktisch rauchfrei und erfüllten auch ohne Rußpartikelfilter die strikten Partikelgrenzwerte in den USA. Dieser Erfolg wurde durch eine neu konstruierte Vorkammer mit Schrägeinspritzung erreicht, die eine effizientere Verbrennung gewährleistet. Außerdem erhielten die Einspritzpumpen aller Diesel-Saugmotoren eine Höhenkorrekturdose, um die Emissionen auch bei Höhenbetrieb niedrig zu halten. Durch diese Modifikationen wurde auch die Leistung geringfügig gesteigert. Ein optional angebotener Oxidationskatalysator, der mit einer Abgasrückführung gekoppelt wurde, reduzierte die Abgasemissionen weiter.[8]
Direkteinspritzer OM 602 DE 29 LA
Im Laufe der Zeit wurden die Motoren dieser Serie modernisiert und ab 1993 sukzessive durch die Typen OM 604, OM 605 und OM 606 mit vier Ventilen je Zylinder abgelöst, die es teils auch mit Turbolader gab. Die bewährte Vorkammereinspritzung wurde jedoch weiterhin beibehalten, mit Ausnahme des E 290 Turbodiesel der Fahrzeugbaureihe 210 und des T1N (Sprinter). Dieser verfügte über eine Direkteinspritz-Variante des OM 602 mit EDC-Verteilereinspritzpumpe von Bosch.
Eine Ausnahmestellung nimmt der Fünfzylinder Motortyp OM 602 DE 29 LA (OM 602.982) mit 2,9 Liter Hubraum ein. Er wurde in den Anfangsjahren der E-Klasse Baureihe 210 und im T1N (Sprinter) mit Turboaufladung und Ladeluftkühlung verbaut. Dies war der erste Mercedes-Benz-Pkw-Dieselmotor mit Direkteinspritzung, allerdings noch ohne Common-Rail-System (CDI) und Vierventiltechnik. Trotz Piloteinspritzung und sehr zurückhaltender Leistungsauslegung hatte der Motor das typische laute Geräuschbild eines Direkteinspritzers der ersten Generation. Zur Minderung des Geräuschpegels war eine deutlich umfangreichere Dämmung als zuvor notwendig.
Verbaut wurde der Motor in der E-Klasse Baureihe 210 mit 95 kW (129 PS), in der G-Klasse mit 88 kW (120 PS), im Sprinter-Kleintransporter mit 90 kW (122 PS), im Unimog U90 (408) und UX100 (409) sowie im Transporter Vario (Modellbezeichnungen 512D, 612D und 812D).
Lizenzbau OM 662
Für die SsangYong Motor Company in Korea wurde für deren Modelle Musso, Korando und Rexton ein weiterer Ableger dieses Motors entwickelt, der von Ssangyong selbst in Lizenz hergestellt wurde. Er basiert auf dem OM 602 DE 29 LA, wurde aber auf Vorkammereinspritzung zurückgerüstet und bekam so den Namen OM 662. Dieser Motor wurde nicht von Mercedes-Benz selbst verwendet, jedoch wird er dort im Ersatzteilprogramm geführt. Der Motor wurde mit 88 kW (120 PS) und ohne Turbolader mit 70–72 kW (95–98 PS) angeboten.
Ab 2004 modifizierte SsangYong den Motor in Eigenregie: Er wurde auf 2696 cm³ reduziert (86,2 × 92,4) und auf Vierventiltechnik inklusive Common-Rail-Direkteinspritzung umgestellt. So leistete der Motor nun 121 kW (165 PS) und verfügt über ein Drehmoment von 340 Nm in einem Drehzahlband von 1800–3250/min.
↑W201-190D25-2-Motor. wiki.mercedes-benz-classic.com, 3. November 2008, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. April 2016; abgerufen am 15. Dezember 2016.
↑W124-300TD-Motor. wiki.mercedes-benz-classic.com, 30. September 2008, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. April 2016; abgerufen am 15. Dezember 2016.