Melchior Lotter d. Ä. erlernte bei Konrad Kachelofen, einem der ersten Drucker Leipzigs, den Beruf des Buchdruckers (Hochdruck) und wurde zunächst sein Gehilfe. Er heiratete später dessen Tochter und erhielt 1498 das Leipziger Bürgerrecht. Bis etwa 1500 firmierten beide Drucker gemeinsam, anschließend übernahm Lotter die Offizin seines Schwiegervaters Konrad Kachelofen. Der erste sicher nachweisbare Druck unter Lotters Namen stammt von 1491[1]. Bis Ende des 15. Jahrhunderts druckte und verlegte Lotter in lateinischer Sprache klassische Schul- und Studientexte sowie Schriften theologischen Charakters, die typographisch von besonderer Qualität waren. Auch die Herstellung von Ablassbriefen gehörte zu seinem Geschäftsfeld. Ab 1500 herum kamen inhaltlich zunehmend Werke des Frühhumanismus hinzu. So stand Leipzig um 1500 mit seinen 11 Druckereien an der Spitze der deutschen Frühdruckorte. Ein wichtiger Auftraggeber für die Druckereien war der Universitätsbetrieb.
Lotter erkannte die zu jener Zeit wachsende Buchproduktion, stellte sich produktionstechnisch darauf ein und wurde ab 1500 zu einem der bedeutendsten Druckern (Hochdruck) Leipzigs. Er war bis 1537 auch als Sortimentsbuchhändler erfolgreich.
Nachdem er Martin Luther begegnet war, druckte er nach 1517 zahlreiche seiner Reformationsschriften, darunter die 95 Thesen. Während der Leipziger Disputation nahm er die Vertreter der Reformation in seinem Haus in der Hainstraße auf.
In Wittenberg gründete Lotter 1519 eine Zweigniederlassung, deren Leitung er seinen Söhnen Melchior und Michael übertrug. Es war dort der zweite Druckereibetrieb nach Johann Rhau-Grunenbergs Druckerei im Augustinerkloster.[2]
In Leipzig hatten sich zum Beginn des 16. Jahrhunderts vier Druckereien etabliert, Wolfgang Stöckel, Jacob Thanner, Martin Landsberg und die Offizin Konrad Kachelofens, die um 1500 von Melchior Lotter übernommen wurde. Die Lottersche Druckerei wies eine etwas höhere Produktionsrate auf als die anderen drei Druckereihandwerker, von denen Landsberg und Stöckel etwa gleichauf lagen und Thanner den geringsten Ausstoß hatte.
Thomas Thibault Döring: Leipziger Buchkultur um 1500. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung in der Bibliotheca Albertina Leipzig vom 19. April bis 22. Juli 2012, Universitätsbibliothek Leipzig 2012, ISBN 978-3-86583-675-5
Stefan Oehmig (Hrsg.): Buchdruck und Buchkultur im Wittenberg der Reformationszeit. Bd. 21, Schriften der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2015, ISBN 978-3-374-04078-0, Textauszug [1]
Enno Bünz (Hrsg.): Bücher, Drucker, Bibliotheken in Mitteldeutschland. Neue Forschungen zur Kommunikations- und Mediengeschichte um 1500. Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2006. ISBN 3-865-83120-6. S. 88 u.ö.
↑Andrew Pettegree: Die Marke Luther. Wie ein unbekannter Mönch eine deutsche Kleinstadt zum Zentrum der Druckindustrie und sich selbst zum berühmtesten Mann Europas machte - und die protestantische Reformation lostrat. Insel, Berlin 2016, ISBN 978-3-458-17691-6, S. 154