Bekannt wurde er ab Mitte der 2000 Jahre unter dem PseudonymLo Graf von Blickensdorf. Seine Erlebnisse und Beobachtungen verarbeitet er in Büchern und auf Zeichnungen mit doppelsinnigen Wortspielen.[1]
Anfang der 2000er Jahre führten wirtschaftliche Probleme Lothar Blickensdorf in eine existenzielle Krise, die er mit dem selbst verliehenen Titel Lo Graf von Blickensdorf zu überwinden hoffte. Dazu legalisierte er sein Aristonym als Künstlername, lernte sich einen Bleistiftbart zu rasieren und wechselte zur standesgemäßen Kleidung einschließlich Spazierstock.[5]
Über prägnante Vorfälle, die ihm als „falschen Grafen“ passierten, erschien 2009 die als Satire abgefasste Autobiografie: Werden Sie doch einfach Graf! mit dem Vorwort von Götz Alsmann. Im Jahr darauf gründete Blickensdorf den WeblogBlaues Blut zur „Förderung des Adels, der Kultur und des Humors“ und veröffentlicht darin Aphorismen und Cartoons.[6]
Zur Recherche flaniert er durch Galerien und Museen, besucht Kulturfestivals, Restaurants und hinterlässt seine Visitenkarte mit selbstgestaltetem Wappen. Seine besondere Aufmerksamkeit liegt auf Cafés und Konditoreien, denn, so der Satiriker in Welt Kompakt vom 7. März 2011: „Es gibt kein schöneres Geräusch als das Klappern von Kuchengabeln am Nachmittag.“ Die Berliner Morgenpost zitiert ihn in dem Artikel „Ein Graf ist Berlins beliebtester Tortenblogger“: zwar könne Berlin mit der Kaffeehauskultur in Wien oder Prag noch nicht mithalten, denn „viele Cafés stellen ihre Kuchen nicht in Vitrinen, das ist ein Fauxpas“, zudem sei es störend, „teure Tortenstücke liegend“ zu servieren. Sicher sei jedoch: „Das Konditern wird wieder mehr Anhänger finden.“[7] Unter dem Titel: „Der Graf geht täglich konditern“ meldete 2013 die TAZ über Lo Graf von Blickensdorf: „Man zieht sich schön an, geht ins Kaffeehaus, liest Zeitung oder flirtet.“[8] Letztlich habe er nur den Satz der VolksängerinClaire Waldoff reanimiert: „Manche gehen mit dem Hund raus, ich gehe konditern.“ Aber er „findet es schade, dass man Törtchen nicht streicheln kann […] und zeigt auf seinem Smartphone ein Prachtstück aus weißer Schokolade und Passionsfruchtgelee.“[9] Seine Kritiken zu guten Kuchen in passender Atmosphäre erscheinen auf Facebook, im Weiteren auf des Grafen zweiter Blog: Tortengraf auf Instagram.
Über seine Erlebnisse als Tortengraf folgte 2016 der satirische Roman Abnehmen mit Torte: Abenteuer eines Selfmadeadeligen, und er sei, so Marius Münster im Online-Magazin Alles Münster, „beste Medizin gegen Winter-Depressionen und Landflucht-Gedanken.“[10]
Neben den Zeichnungen veröffentlichte Blickensdorf satirische Essays oder Gespräche z. B. mit Wladimir Kaminer in Stefan Lepperts Gartenbuch: Paradies mit Laube, oder das Kapitel Unter den Linden im Das Berlin Buch 2010 vom Zitty Verlag.
Zur Vollversammlung anlässlich der Wahl der IHK Berlin 2022 steuerte er u. a. den Cartoon mit der Suggestivfrage bei: Nehmen Sie den Wal an? (S. 4 bis 6).[11]
2023 präsentierte der Eulenspiegel-Verlag Blickensdorfs 80-seitiges Buch Cartoons … zum Wegschmeißen! über Menschen, die kein Fettnäpfchen auslassen. Wiederum Götz Alsmann im Grußwort: „Sie schlittern auf dem spiegelglatten Boden der Kommunikation von einer Peinlichkeit in die andere und beweisen nachdrücklich, dass es kein Missverständnis gibt, das es nicht gibt.“[12] Ein zweites Grußwort stammt von Katy Karrenbauer: „Man fühlt sich ertappt, man schmunzelt über andere, aber meist lacht man laut auf. […] Ein herrlich ehrlicher Blick auf unsere Gesellschaft.“
Lothar Blickensdorf war verheiratet und wohnt im Klausener-Platz-Kiez in Berlin.
Auszeichnungen (Auswahl)
2024: Cartoon Wettbewerb der Volksbank Pirna (2. Preis)[13]
2023: Publikumspreis der Handwerkskammer Dresden[14]
2022: Cartoon Wettbewerb der Volksbank Pirna (1. Preis)[15]
2020: Neue Karikaturenausstellung, Galerie Komische Meister Dresden[16]
2020: Heinrich Zille Karikaturenpreis im Heinrich-Zille-Museum, Radeburg (nominiert)
2019: Heinrich Zille Karikaturenpreis im Heinrich-Zille-Museum, Radeburg (nominiert)
2010: Galerie Komische Meister Dresden (nominiert)
2008: Celeste-Kunstpreis (nominiert)
2008: Deutscher Cartoonpreis (nominiert)
Ausstellungen (Auswahl)
2024: 11. Triennale der Karikatur, Sommerpalais Greiz
2024: Beiträge in der Gruppenausstellung anlässlich des 250. Geburtstages von Caspar David Friedrich, Galerie Komische Meister Dresden
2022: Handwerk hat doppelten Boden, Karikaturen-Sonderausstellung, LWL-Freilichtmuseum Hagen
2021: Teilnahme am Kunstprojekt No Hate, Tirol, Österreich
2020: Ausstellung Sternen Witze, Galerie der Komischen Künste Wien, Österreich
2020: 10. Triennale der Karikatur, Sommerpalais Greiz
2019: Teilnahme an der Ausstellung Therapeutische Cartoons, Galerie der Komischen Künste Wien, Österreich
2016 – 9. Triennale der Karikatur, Sommerpalais Greiz
2016: Ausstellung Brot und Spiele, Galerie der Komischen Künste Wien, Österreich
2015: Ausstellung Cartoons über Hunde, Galerie der Komischen Künste Wien, Österreich
2014: Ausstellung Cartoons über Katzen, Galerie der Komischen Künste Wien, Österreich
2014: Ausstellung Cartoons über Weihnachten, Galerie der Komischen Künste Wien, Österreich
2005: Tote lesen kein Bild, Kunstverein ART´IG
1995: Vremd & Vertraut, Caricatura Kassel
1986: Blickensdorfs Malerei, Kunstverein ART´IG
1985–1995: Jährliche Teilnahme an der Freien Berliner Kunstausstellung
1982: Internationales Zentrum der Universität Münster
Lo Graf von Blickensdorf: Werden Sie doch einfach Graf! 191 Seiten., Rotbuch-Verlag Berlin 2009, ISBN 978-3-86789-088-5
Vremd & Vertraut. Einige Jahre Deutschland – ein satirisches Bilder- und Lesebuch.Wiglaf Droste, Heribert Lenz, Hans Zippert, 203 Seiten. Hrsg.: Hessisch-Thüringischen Brandversicherungsanstalt Kassel-Erfurt in Zusammenarbeit mit Caricatura Kassel, Verlag Elefanten Press 1995, ISBN 3-88520-577-7
[111 Berliner, die man kennen sollte – Lucia Jay von Seldeneck – Google Books111 Berliner, die man kennen sollte (Nr. 75), Lucia Jay von Seldeneck, 240 Seiten, Emons Verlag 2016, ISBN 978-3-96041-152-9]