Die Kwantung-Armee wurde 1906 nach dem gewonnenen Russisch-Japanischen Krieg zunächst im vom Russischen Kaiserreich übernommenen Pachtgebiet Kwantung als Garnisonseinheit aufgestellt. Die Sollstärke dieser Garnisonseinheit betrug eine Division im Pachtgebiet selbst sowie sechs weitere Bataillone, welche die Zone um die japanisch kontrollierte Südmandschurische Eisenbahn bewachen sollten. Nach verschiedenen Konflikten innerhalb der japanischen Regierung um die Stärke dieser Garnison und ob sie überhaupt von Nutzen sei, betrug die tatsächliche Mannstärke anfangs nur 10.000 Soldaten, wurde jedoch in den folgenden Jahren laufend erhöht. Oberkommandierender war der Generalgouverneur von Kwantung, ein jeweils dem Heer entstammender General, der zugleich die zivile Verwaltung des Pachtgebiets leitete.[1]
Über die folgenden Jahre wurde deshalb vor allem die Kwantung-Garnison verstärkt, weil die japanische Armeeführung einen erneuten Krieg mit Russland um die Vorherrschaft in der Mandschurei fürchtete. Die Planer im Heeresgeneralstab sahen für einen solchen Konflikt einen Erstschlag als Taktik vor. Die Einheiten der Garnison sollten mittels der Eisenbahn zügig nach Norden verlegt werden und in einer schnellen Aktion nördlich von Mukden Verteidigungsstellung beziehen und eintreffenden russischen Verbänden den Zugriff auf die südlich liegenden Gebiete der de facto chinesischen Mandschurei verwehren, welche unter eine japanische Militärverwaltung durch den Generalgouverneur von Kwantung fallen sollte. Eintreffende japanische Verstärkungen sollten sich so erst gründlich formieren können, bevor sie zum Gegenschlag auf die russischen Positionen entlang der Eisenbahnlinien antraten.[2]
Nachdem ab Ende 1916 das japanische Heer unter PremierministerTerauchi Masatake eine Art Blütezeit erlebte, die auch den starken Ausbau der Garnison in Kwantung verursachte, geriet das öffentliche sowie politische Ansehen der Armee ab 1918 in eine starke Krise. Diese unter anderem durch die Sibirische Intervention als auch an die Pläne des Heeres, sich durch eine stärkere Zusammenarbeit mit China und einer weiteren Übernahme der Kontrolle der Mandschurei eine unabhängige Nachschubbasis auf dem Kontinent für den Falle eines erneuten großen Krieges einzurichten, ausgelöste Krise führte im September 1918 zum Rücktritt der Regierung Terauchi. Dessen Nachfolger Hara Takashi führte eine Politik, welche den Einfluss des Heeres zurückdrängen sollte. Da Hara der Überzeugung war, dass die japanische Außenpolitik nicht in den Händen des Militärs liegen dürfe, löste er 1919 das Generalgouvernement im Pachtgebiet Kwantung auf. Die Kwantung-Garnison wurde in die Kwantung-Armee transformiert, welche ihren eigenen Oberbefehlshaber erhielt, während das Pachtgebiet künftig durch die so genannte zivile Kwantung-Verwaltung (Kantōchō) regiert wurde.[3]
Zukünftig provozierte die Kwantung-Armee eigenmächtig zahlreiche Zusammenstöße mit der chinesischen Armee. Darunter fiel auch die Sprengung einer Eisenbahnlinie der Südmandschurischen Eisenbahn am 18. September 1931; Dieser sogenannte Mukden-Zwischenfall wurde den chinesischen Truppen angelastet. Daraufhin besetzte die Kwantung-Armee ohne Ermächtigung durch die japanische Regierung den Nordosten Chinas. 1932 entstand daraus der MarionettenstaatMandschukuo.[4]
1941 wurde die Armee bedeutend verstärkt. Die für ihren notorischen Hang zu Grenzkonflikten und eigenmächtig provozierten Zwischenfällen bekannte Armee zeigte während des Zweiten Weltkriegs, als Japan einem Konflikt mit der Sowjetunion aus dem Weg gehen wollte, eine für ihre Verhältnisse erstaunliche Disziplin und Friedfertigkeit.
Während der Operation Auguststurm im August und September 1945 stand die Kwantung-Armee der angreifenden Roten Armee gegenüber. Zu dieser Zeit bestand die Kwantung-Armee aus ca. 600.000 Mann. Da jedoch die besten Einheiten auf andere Schauplätze des Pazifikkriegs versetzt worden waren und es der Armee mehr als je zuvor an modernen schweren Waffen fehlte, kann man das, was zu diesem Zeitpunkt noch von ihr übrig war, nur noch als Schatten ihrer selbst bezeichnen. Zu viel mehr als Grenzschutzaufgaben und als Besatzungsmacht war die Kwantung-Armee in diesem Stadium nicht mehr geeignet. Gegen die im Deutsch-Sowjetischen Krieg erprobten und gut ausgerüsteten Einheiten der Roten Armee hatten ihre Reste keine Chance. Trotz teilweise heftigen japanischen Widerstands drangen die Sowjets schnell in der Mandschurei vor, weitere Kämpfe wurden durch die Kapitulation Japans verhindert. Die Reste der Kwantung-Armee lagen entweder tot (ca. 60.000 Tote) auf dem Schlachtfeld, waren auf dem Marsch in die sowjetische Kriegsgefangenschaft (ca. 600.000 Gefangene, von denen 60.000 in der Gefangenschaft starben) oder versuchten, sich nach Hause durchzuschlagen.
Generalleutnant Rensuke Isogai, 18. Juni 1938 – 7. September 1939
Generalleutnant Iimura Jō, 7. September 1939 – 22. Oktober 1940
General Kimura Heitarō, 22. Oktober 1940 – 10. April 1941
General Teichi Yoshimoto, 10. April 1941 – 1. August 1942
Generalleutnant Yukio Kasahara, 1. August 1942 – 7. April 1945
Generalleutnant Hata Hikosaburō, 7. April 1945 – 11. August 1945
Literatur
Yoshihisa Tak Matsusaka: The Making of Japanese Manchuria, 1904–1932 (= Harvard East Asian Monographs. Bd. 196). Harvard University Press, Cambridge 2001, ISBN 0-674-00369-1.
Thomas Weyrauch: Chinas unbeachtete Republik. 100 Jahre im Schatten der Weltgeschichte. Band 1: 1911–1949. Longtai-Verlag Giessen, Heuchelheim 2009, ISBN 978-3-938946-14-5.
↑Yoshihisa Tak Matsusaka: The Making of Japanese Manchuria, 1904–1932. 2001, S. 88–89.
↑Yoshihisa Tak Matsusaka: The Making of Japanese Manchuria, 1904–1932. 2001, S. 105.
↑Yoshihisa Tak Matsusaka: The Making of Japanese Manchuria, 1904–1932. 2001, S. 233.
↑Der Brockhaus in Text und Bild 2003 [SW], elektronische Ausgabe für Office-Bibliothek, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus, 2003; Artikel: "Japanisch-Chinesischer Krieg".