Konstanty Józef Michalski (* 12. April1879 im katowicer Stadtteil Dąbrówka Mała; † 6. August1947 in Krakau) war ein polnischer Philosoph, Historiker und römisch-katholischer Theologe.[1][2] Michalski galt als einer der weltweit führenden Forscher mittelalterlicher Philosophie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.[3]
Abgesehen von den Kriegsjahren verbrachte Michalski den größten Teil seines weiteren Lebens an der Universität in Krakau, wo er ab 1914 Philosophie an der theologischen Fakultät lehrte.[1][2] 1919 berief die Jagiellonen-Universität Michalski zum Professor ab 1921 mit eigenem Lehrstuhl.[1][2][3] Während dieser Zeit bekleidete er viermal das Amt des Dekans der theologischen Fakultät (1923/24, 1928/29, 1935/36, 1936/37).[1][3] 1931 und 32 übernahm er die Rolle des Rektors der Universität.[2] Der Überfall auf Polen durch das deutsche Reich beendete vorerst seine Lehr- und Forschungstätigkeit. Er wurde wie der gesamte Lehrstab der Universität am 6. November 1939 verhaftet und im KZ Sachsenhausen interniert.[1][2] Michalskis Wohnung wurde zwangsweise geräumt und viele seiner Bücher, Manuskripte und wissenschaftlichen Arbeiten wurden achtlos auf den Hof geworfen.[1] Internationale Proteste führten am 6. Februar 1940 zur Freilassung vieler Internierter, verhinderten aber nicht den Tod einiger Kollegen im Lager oder später an den Folgen der Entbehrungen.[1] Michalski wurde ohne die Möglichkeit zur wissenschaftlichen Arbeit in das ostpolnische Dorf Sichów (heute Ukraine) verbannt.[1] Ab 1945 lehrte er wieder Philosophie in Krakau.[2] Die ihm verbliebene Zeit reichte nicht mehr, eine Zusammenstellung seiner Arbeiten und Forschungen zu schreiben und sein Gesamtwerk bleibt bruchstückhaft.[1]
Michalski interessierte sich für die Philosophie des Mittelalters, insbesondere für die Scholastik und den Nominalismus in Polen.[2] Das Interesse wurde durch den starken Einfluss ausgelöst, den die nominalistische Philosophie Johannes Buridans auf die Universität Krakau im Mittelalter ausgeübt hatte.[3] Gemeinsam mit Pierre Duhem wurde Michalski ein Pionier in der Erforschung der Philosophie des 14. Jahrhunderts.[3] Seine Beiträge bestanden unter anderem im Entwirren der beträchtlichen Dokumentemengen aus der damaligen Zeit, dem Zusammenstellung der Dokumente aus verschiedenen Quellen, der Sichtung der Dokumente, deren Einordnung und nach deren gründlicher Untersuchung gelegentlicher Zusammenfassungen.[3] Michalski war der erste, der eine in die Tiefe gehende Analyse der damaligen Philosophie unternahm.[3] Dabei untersuchte er eine erstaunliche Anzahl von Dokumenten, die er zuerst aufspüren musste, um sie in ein Gesamtbild einzubinden.[3] Mit seiner Arbeit machte Michalski Krakau zu einem Zentrum der Mittelalterforschung.[3]
Nach Michalskis Meinung zeigte die Philosophie des späten Mittelalters einen deutlich zunehmenden Skeptizismus, den Michalski überwiegend auf den Einfluss von Wilhelm von Ockham zurückführte.[3] Und obwohl sich Michalski nach Meinung von Claude Panaccio aus einer thomistischen Richtung den mittelalterlichen Philosophen zuwandte und trotz einiger Irrtümer kam Michalski zu einer im Grunde korrekten Einschätzung der Situation.[3]
Ehrungen
1927 wurde Michalski zum Mitglied der Polska Akademia Umiejętności (Polnische Gesellschaft der Gelehrsamkeit) berufen.
Bibliografie (Auswahl)
Tomizm w Polsce na przełomie XV i XVI w. (Thomismus in Polen im Übergang vom 15. zum 16. Jahrhundert; 1911)
La réaction contre le psychologisme en Allemagne. Husserl, ses prédecésseeurs et ses partisans, 1911, Dissertationsschrift
Johannes Buridan und sein Einfluss auf die scholastische Philosophie in Polen; 1918, Habilitationsschrift
Odrodzenie nominalizmu w XIV w.; (Die Wiedergeburt des Nominalismus im 14. Jahrhundert; 1926)
Corpus Philosophorum Medii Aevi; Polska Akademia Umiejętności; 1931
Miasta i mieszczaństwo w dawnej Polsce; Polska Akademia Umiejętności; 1934
La gnoséologie de Dante; Polska Akademia Umiejętności; 1950
↑ abcdefghijklmnopqrs
Die Philosophie im 14. und 15. Jahrhundert. in memoriam Konstanty Michalski (1879–1947). In: Olaf Pluta (Hrsg.): Bochumer Studien zur Philosophie. Band10. John Benjamins Publishing, 1988, ISBN 90-6032-297-5.