Kinästhesie bedeutet Bewegungsempfindung und ist als „Fähigkeit, Bewegungen der Körperteile unbewusst zu kontrollieren und zu steuern“[1] definiert. Die Wortschöpfung kinaesthesis – eine Kombination der beiden altgriechischen Wörter κινέωkineō, deutsch ‚bewegen, sich bewegen‘ und αἴσθησιςaisthēsis, deutsch ‚Wahrnehmung, Erfahrung‘ – geht zurück auf den britischen NeurologenHenry Charlton Bastian, der um 1880 anregte, damit den Bewegungssinn (Sense of Movement → Kinaesthesis) und ein für die Verarbeitung von Bewegungsempfindungen zuständiges Gehirnareal (Sense of Movement Centre → Kinaesthetic Centre) zu bezeichnen.[2]
In der Kinästhetik – wie auch in der Psychologie, Pädagogik und Pflegewissenschaft – werden Bezeichnungen wie kinästhetische Wahrnehmung, kinästhetischer Sinn oder kinästhetisches Sinnessystem häufig als Synonyme für die Propriozeption bzw. Tiefensensibilität an sich, also als Sammelbegriffe für Lage-, Kraft- und Bewegungssinn verwendet.[Anm. 3]
In Verbindung mit der taktilen Wahrnehmung sind auch die Begriffe taktil-kinästhetischer Sinn und taktil-kinästhetisches Sinnessystem gebräuchlich.
↑Duden: Das Fremdwörterbuch. Leipzig/Mannheim 2005, ISBN 3-411-04058-0, S. 928.
↑Kinaesthesis. In: Henry Charlton Bastian: The brain as an organ of mind. Keagan Paul, London 1880, S. 543. (Memento vom 4. Mai 2014 im Internet Archive) (Zugriff: 16. Juni 2024)
Anmerkungen
↑In der Fachliteratur wird auch auf die Bedeutung der vestibulären Wahrnehmung für die Propriozeption hingewiesen; z. B.: „Einen wichtigen Beitrag zur Propriozeption leistet das Vestibularorgan.“ In: R. Schmidt, H.-G. Schaible: Neuro- und Sinnesphysiologie. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2006, ISBN 3-540-25700-4, S. 215. (online)
↑Der Neurophysiologe Arthur Prochazka von der Universität Alberta stellt online ein interaktives Rezeptor Modell zur Verfügung, welches eindrucksvoll die Frequenzen der Aktionspotentiale von Muskelspindeln und Golgi-Sehnenorganen in Ruhe und unter Bewegung darstellt. Die enorme Kapazität der kinästhetischen Sinnesorgane wird deutlich.
↑„Der kinästhetische Sinn liefert ständig sensorische Rückmeldungen, was der Körper während motorischer Aktivitäten tut. Ohne ihn wären wir nicht in der Lage, die meisten Willkürbewegungen zu koordinieren.“ In: P. G. Zimbardo, R. J. Gerrig: Psychologie. 18., aktualisierte Auflage. Pearson Studium, München 2008, ISBN 978-3-8273-7275-8.