Karl Kommerell war das dritte Kind des Gründers des populären Tübinger Cafés Adolf Kommerell (1841–1890) und seiner Frau Minna geb. Weiß (1846–1931). Sein jüngerer Bruder war der verdienstvolle Bahnbauingenieur Otto Kommerell.[2] Kommerell besuchte das Tübinger Gymnasium und danach bis zum Landexamen die Seminare Maulbronn und Blaubeuren. Anschließend wurde er – ähnlich wie sein Verwandter Victor Kommerell – ins Tübinger Stift aufgenommen und studierte Mathematik. Ähnlich wie Ferdinand Kommerell und Victor interessierte er sich für die Geometrie. Er studierte u. a. bei Alexander von Brill und Hermann von Stahl. Im Anschluss auf sein reguläres Studium, das er 1895 mit dem Staatsexamen abschloss, schrieb er bei Alexander von Brill die Dissertation über Die Krümmung der zweidimensionalen Gebilde im ebenen Raume von vier Dimensionen, dank der er 1897 den Doktortitel erwarb. Darauf fuhr er für ein Jahr nach Paris, um noch dort seine Studien fortzusetzen.[1]
1900 begann er die Arbeit im württembergischen Staatsdienst – als Oberpräzeptor in Ravensburg. 1901 wechselte er als Mathematikprofessor an das altsprachliche Gymnasium in Heilbronn. 1908 wechselte er an die Friedrich-Eugen-Realschule in Stuttgart. In dieser Zeit schrieb er seine Habilitationsschrift, die er 1911 an der Technischen Hochschule Stuttgart vorlegte. Anschließend lehrte er an dieser Hochschule. 1921 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt und 1922 bekam er den Ruf als Professor für Mathematik an die Eberhard Karls Universität Tübingen. 1925 wurde er zum ordentlichen Professor erklärt und als solcher arbeitete er an der Universität bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1936.[3] Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm Kommerell 1945 auf Wunsch der Fakultät als Emeritus seine Vorlesungstätigkeit für kurze Zeit wieder auf. Er war auch Vorstand des Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Vereins in Württemberg.
Karl Kommerell war ein hervorragender Geometer und befähigter Lehrer, dem die Beziehungen zwischen der Schul- und Elementarmathematik und der mathematischen Wissenschaft besonders am Herzen lagen. Mit der Hervorhebung dieses wichtigen Grenzgebietes leistete er einen entscheidenden Beitrag zur bedeutungsvoll gewordenen Didaktik der Mathematik. Durch seine, zum Teil mit Victor Kommerell gemeinsam bearbeiteten, gediegenen Lehrbücher wie durch zahlreiche Kurse und Vorträge und seine Tätigkeit als Vorstand des Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Vereins in Württemberg verstand er es, die Lehrer an den Höheren Schulen in eine engere Verbindung mit der Wissenschaft zu bringen.[3] Er kann als wahrer Urheber der Romberg-Integration angesehen werden, da er in einem anderen Problem die Richardson-Extrapolation (in seinem Buch von 1936) mehrfach anwandte.[5]
Neben seiner umfangreichen Tätigkeit als Autor und Herausgeber wissenschaftlicher Bücher gab Kommerell während des Ersten Weltkriegs unter dem Pseudonym Romeo zusammen mit Victor Kommerell und Hermann Cuhorst eine Sammlung von Gôgen-Witzen heraus, die an Soldaten verteilt wurde.
Kinder
Gertrud (* 2. Juni 1900 in Gmünd, ⚭ 1922 in Stuttgart den Betriebsingenieur Nikolaus Glöckler)
Hildegard (* 29. Januar 1906 in Heilbronn, studierte Geisteswissenschaften, ⚭ 1937 in Tübingen den Handelsschulrat Hermann Ziegler)
Veröffentlichungen
Die Krümmung der zweidimensionalen Gebilde im ebenen Raume von vier Dimensionen, Dissertation Universität Tübingen 1897
mit Victor Kommerell: Allgemeine Theorie der Raumkurven und Flächen [ab der 4. Auflage als: Theorie der Raumkurven und krummen Flächen].
Bd. 3 Lösungen zu den Übungsaufgaben: Tübingen : Laupp: 1919;
mit Victor Kommerell: Analytische Geometrie für den Schulgebrauch, Tübingen : Laupp 1921
Über die Torsion des Nullsystems, die Raumkurven konstanter Torsion und die elliptische Geometrie, hrsg. von der Württembergischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Tübingen : J. C. B. Mohr 1922 (erschien zusammen mit einer Abhandlung von Ludwig Maurer)
Der Begriff des Grenzwertes in der Elementarmathematik, 1922
Aufgaben zur synthetischen Geometrie aus den württembergischen Referendarprüfungen für Mathematiker, Leipzig : Teubner 1925
Das Grenzgebiet der elementaren und höheren Mathematik, Leipzig : K. F. Koehler 1936
Vorlesungen über analytische Geometrie des Raumes, Leipzig : K. F. Koehler 1940 (2. unveränderte Auflage, Koehler & Amelang 1949; 2. durchgesehene Auflage, Stuttgart : Koehler 1950, 3. unveränderte Auflage, Koehler & Amelang 1953)
Vorlesungen über analytische Geometrie der Ebene, Leipzig : K. F. Koehler 1941 (2. unveränderte Auflage, Koehler & Amelang 1949, 3. unveränderte Auflage, Koehler & Amelang 1953)
↑ G. Walz: The history of extrapolation methods in numerical analysis, Universität Mannheim 1991, zitiert nach Claude Brezinski: Some pioneers of extrapolation methods. In: Adhemar Bultheel, Ronald Cools (Hrsg.): The birth of numerical analysis, World Scientific 2010, S. 5.
Otto Kommerell: Familienchronik Kommerell. Stammtafel mit 79 Bildern und 15 Tafeln aufgestellt in der Zeit von 1915–1942, Frankfurt a. M. : Kramer 1943.
Prof. Dr. Kommerell 70 Jahre alt. In: „NS-Kurier“, 19. August 1941.